Tante Emma verkauft im Altenheim: Seniorenzentrum in Gerolstein ergänzt Demenzkonzept um Krämerladen

Gerolstein · Wer dement ist, für den wird die Welt nach und nach fremd und unverständlich. Trost und Sicherheit geben dann Dinge, die aus jungen Jahren noch bekannt sind. Aus diesem Grund hat das Seniorenzentrum Maternusstift Am Auberg in Gerolstein sein Demenz-Konzept um einen Tante-Emma-Laden erweitert. Zweimal pro Woche können Bewohner dort einkaufen und in Erinnerungen schwelgen.

 Zweimal die Woche können die Bewohner des Seniorenzentrums Maternus-Stift im hauseigenen Tante-Emma-Laden einkaufen. Damit sollen ihre Erinnerungen geweckt werden. TV-Foto: Christina Libeaux

Zweimal die Woche können die Bewohner des Seniorenzentrums Maternus-Stift im hauseigenen Tante-Emma-Laden einkaufen. Damit sollen ihre Erinnerungen geweckt werden. TV-Foto: Christina Libeaux

Foto: (e_gero )

Gerolstein. Auf der Theke stehen Himbeerbonbons und Lakritzschnecken in großen Gläsern. In den Regalbrettern darunter liegen Feigen, Äpfel und Birnen in geflochtenen Körben. In den Regalen an der Wand steht der Zwieback in der Metalldose, daneben die Sarotti-Schokolade, Essigreiniger, Zahnpasta, Nudeln und Haferflocken. Abgerundet wird das Erscheinungsbild des neuen Tante-Emma-Ladens durch eine alte Waage, am Eingang hängt eine Tafel mit den Preisen: Milchbrötchen: 5 Pfennig steht dort zum Beispiel.
Doch das Geschäft liegt nicht etwa mitten im Dorf, sondern auf der Demenzstation des Seniorenzentrums Maternus-Stift Am Auberg in Gerolstein. Es ist Teil eines Konzeptes, das Menschen mit Demenz in ihrem Alltag begleitet und fördert.
"Die Bewohner des Altenheims kennen einen Tante-Emma-Laden aus früheren Jahren", erklärt Einrichtungsleiter Manfred Mösch. Und mehr: "Jeder hat dort auch Geschichten erlebt." Durch die visuellen Stimuli sollen die Erinnerungen geweckt werden. Demenzexpertin Lilo Schnurrbusch, die die Idee des Ladens mitentwickelt hat, erklärt: "Auch Bewohner mit Wortfindungsstörungen sprechen dann flüssig."
Bereits am Eröffnungstag zieht der Laden, der an zwei Tagen die Woche jeweils eineinhalb Stunden geöffnet ist, die Bewohner an. Eine demente Frau betritt den Laden, im Arm trägt sie eine Puppe. Für ihr "Kind" kauft sie ein Milchbrötchen und geht dann glücklich in den Aufenthaltsraum zurück.
Bezahlen müssen die Bewohner ihre Einkäufe im Übrigen nicht. Stattdessen dürfen sie anschreiben. Dafür liegt eine große schwarze Kladde bereit. Durch den Bezahlvorgang erhoffen sich Schnurrbusch und Mösch noch einen weiteren Vorteil: nämlich, dass das Essen dann auch lieber gegessen wird als beispielsweise das vorgesetzte Mittagessen.
Brigitta Pilzen ist nicht dement, doch auch sie ist mit ihrem Rollator von Station zwei in den neuen Laden gekommen. Bei Betreuungskraft Birgit Zender kauft auch sie Milchbrötchen und außerdem einige Pflaumen. Zender verpackt sie in braune Papiertüten, notiert einen Pfennig-Betrag in ihrem Buch und legt die Waren in den Korb des Rollators. Zufrieden geht Pilzen mit ihren Einkäufen zurück auf ihre Station.
Der Tante-Emma-Laden ist nur ein Teil des Demenzkonzepts. Der gesamte Wohnbereich ist mit alten Möbeln eingerichtet. Außerdem gibt es einen Gewürzgarten, in dem die Gerüche von Kräutern und Blumen alte Erinnerungen wecken. cli

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