Hätten Sie kurz Zeit? - Die Umfrage feiert ihr 185-jähriges Jubiläum
Trier. · Vor 185 Jahren fragte eine amerikanische Zeitung in der ersten politischen Umfrage nach dem nächsten Präsidenten. Mit dem Ergebnis lag sie daneben - doch die Umfrage überdauerte bis heute. Das haben wir nun davon.
Es herrscht Sommerstimmung in der Stadt: Die Menschen bummeln durch die Straßen, die Cafés sind gut besucht. Ideale Bedingungen also, um eine Umfrage zu starten. Diesmal soll es eine ganz Besondere sein, denn Ende Juli gibt es ein Jubiläum: Vor 185 Jahren fand die erste politische Umfrage statt. Zeit, nachzufragen: Was halten Sie eigentlich von Umfragen?
Kaum ist die Frage gestellt, kommt schon die prompte Antwort: "Nichts!" ruft ein Mann und geht weiter. Auch die nächsten Passanten gehen fort, senken ihren Blick, hören absichtlich weg. So weit, so normal. "Ich mache immer einen Riesenbogen um die Leute", sagt Christine Reisen aus Trier. "Umfragen spiegeln sowieso nicht das wieder, was wirklich los ist."
Auch die nächsten Reaktionen sind ernüchternd. "Ich glaube nicht, dass Umfragen etwas nützen", sagt Susanne Volker aus Bitburg. Michael Sinn aus Trier ist konkreter: "Die Leute nerven einfach nur!", und Bernhard Deutschmann aus Solingen meint: "Sie dienen nur kommerziellen Zwecken." Eine junge Dame sieht sich ebenfalls von Umfragen genervt, ihren Namen nennen will sie aber nicht. "Denken Sie sich irgendetwas aus!" Ein Vorschlag, der an diesem Tag noch oft ausgesprochen wird. Ob es damit zusammenhängt, dass manche Leute erstaunlich lange brauchen, um sich an ihren Namen zu erinnern?
Unweigerlich fragt man sich, ob es den ersten Fragestellern auch so ging. Wohl kaum: 1824 wollte die amerikanische Zeitung "The Harrisburg Pennsylvanian" wissen, wen ihre Leser als nächsten Präsidenten sehen: John Quincy Adams oder Andrew Jackson. 532 Leser beteiligten sich daran, ihre Mehrheit sah Jackson als Gewinner. Damit lagen sie zwar falsch; doch die Umfrage an sich setzte zum Siegeszug an.
Heute ist sie kaum noch wegzudenken. Inzwischen sind die Methoden genauer geworden, um ein repräsentatives Ergebnis zu erzielen. Oder besser gesagt: So sollte es sein, doch davon ist Frank Himmes aus Saarburg nicht überzeugt. "Es gibt zu viele sinnlose, schlecht ausgeführte und überflüssige Umfragen." Ob er diese da mit einbezieht, lässt er allerdings offen.
Gibt es denn gar keine positiven Reaktionen? Doch: "Generell bin ich da aufgeschlossen", sagt Melanie Meyer aus Trierweiler. "Für die Statistik kann das schon interessant sein." Man kann es für alle Beteiligten nur hoffen. Nach drei Stunden ist das Soll jedenfalls erfüllt und ein anderer Termin wartet schon. Doch keine Bange: Die nächste Umfrage kommt bestimmt.