Pandemie Harter Lockdown - Händler sauer wegen Zwangsschließung

Trier · Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) verteidigt den harten Lockdown. Sie nennt aber kein Datum für Lockerungen.

 Ab Mittwoch müssen die meisten Geschäfte bis auf weiteres zumachen.                                                                                                                                                                                         Foto: dpa

Ab Mittwoch müssen die meisten Geschäfte bis auf weiteres zumachen.                                                                                                                                                                                        Foto: dpa

Foto: dpa/Matthias Bein

Es war die frohe Botschaft, die Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gestern kurz nach 13 Uhr verkündete. Man habe genau eine Stunde getagt und sei dann bereits zur Einigung gekommen, dass es ab kommenden Mittwoch in ganz Deutschland einen harten Lockdown geben werde, sagte die Triererin lächelnd. In der Tat war die Videokonferenz, die am Sonntagmorgen um 10 Uhr begonnen hatte, im Vergleich zu den vorherigen, bei denen sich die 16 Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin zum Teil stundenlang stritten, rekordverdächtig kurz.

Doch das war auch das einzige Erfreuliche, was Dreyer den Bürgern an diesem Adventssonntag mitzuteilen hatte. „Wir muten den Bürgern viel zu“, sagte sie und sprach von „harten Maßnahmen“, die ab Mittwoch bundesweit gelten würden. Es sei ein schwerer Schritt gewesen, der keinem Teilnehmer der Runde am Sonntagmorgen leichtgefallen sei. Aber: „Es ist genau der richtige Schritt. Es darf nicht so weitergehen“, sagte sie im Hinblick auf die auch in Rheinland-Pfalz weiter deutlich steigende Zahl an Corona-Neuinfektionen. Gestern wurden über 800 neue Fälle gemeldet. Legt man zugrunde, dass am Wochenende die Gesundheitsämter weniger melden, dürfte klar sein, dass die Zahl der tatsächlichen Fälle vermutlich gestern erneut über 1000 gelegen hat.

Dreyer nannte bei der Pressekonferenz in der Staatskanzlei bewusst nicht, wie lange der erneute Lockdown dauern wird. Offiziell wird der 10. Januar genannt. Doch dass es dann noch keine wirklichen Lockerungen geben wird, zeigt sich auch in der Ankündigung der Ministerpräsidentin, dass vom Ende der Weihnachtsferien vom 4. bis zum 15. Januar alle Schulen (auch Grundschulen) geschlossen bleiben sollen und die Kinder im Fernunterricht unterrichtet werden sollen. Die für Januar geplanten Abiturprüfungen sollen stattfinden. Bis zu den Weihnachtsferien, die nächste Woche beginnen, sollen die Schulen offen bleiben. Aber Schüler müssen nicht zum Unterricht erscheinen, sie können, wenn die Eltern das wollen, zu Hause bleiben. Das gilt auch für Kita-Kinder.

Am 5. Januar wollen sich die Länderchefs und die Kanzlerin erneut beraten, wie es dann weitergeht. Ziel ist, das sagten gestern verschiedene Länderchefs, wieder auf eine Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in einer Woche zu kommen. In Rheinland-Pfalz lag die Zahl gestern bei 157,8.

Georg Kern, Einzelhändler in Trier und Präsident des Handelsverbands Rheinland-Pfalz geht daher auch nicht davon aus, dass die ab Mittwoch zwangsweise geschlossenen Geschäfte wieder ab 10. Januar öffnen dürfen, sondern „frühstens Ende Januar“. Kern glaubt nicht, dass die Schließung des Einzelhandels maßgeblich zu einer Senkung der Infektionszahlen beitragen wird. In einem Schreiben an den Regierenden Bürgermeister von Berlin und Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller, schreibt Kern:  „Bevor Sie den Einzelhandel anprangern und eine nahezu vollständige Schließung anordnen und damit einen täglichen Umsatzverlust von einer Milliarde Euro riskieren, gehört es zu Ihren Aufgaben, die Ursachen der steigendenden Infektionszahlen zu ergründen und erst dann Maßnahmen zu beschließen, die verhältnismäßig sind und insbesondere auch Aussicht auf Erfolg haben.“ Kern erinnert an die Aussage von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vom  September: „Man würde mit dem Wissen heute, das kann ich Ihnen sagen, keine Friseure mehr schließen und keinen Einzelhandel mehr schließen. Das wird nicht noch mal passieren.“ Jetzt werde wieder einmal wie im Frühjahr mit der Schließung des Einzelhandels experimentiert. Doch weder an den Geschäften noch an den Gaststätten liege es, dass die Zahl der Neuinfektionen wieder stiegen. Schließlich seien die Gaststätten nämlich seit längerer Zeit geschlossen.

Das sieht auch Gereon Haumann, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Rheinland-Pfalz so. Vielmehr macht er die Schließung der Gastronomie dafür verantwortlich, dass die Zahlen wieder deutlich steigen, weil sich dadurch mehr Leute privat treffen und dort nicht an Hygieneregeln halten würden. Haumann hält aber den nun kommenden Lockdown für richtig: „Wenn wir jetzt diesen Schritt wagen, können wir bis Anfang Januar schon das Ärgste hinter uns haben. Und die Gastronomie könnte dann ab dem 10. Januar ihre Betriebe wieder hochfahren“, gibt sich Haumann optimistisch.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) machte jedoch gestern deutlich, dass es ab 10. Januar keine nennenswerten Lockerungen geben wird. Und der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte zwar, dass der Lockdown nicht bis auf den „Sankt-Nimmerleinstag“ verlängert werde, aber beendet werde er erst, wenn die Inzidenz dauerhaft unter 50 liege.

Dreyer verwies darauf, dass zu viel über Zahlen gesprochen werde und zu wenig über die schwer an Covid erkrankten Menschen und über die, daran sterben würden. Deren Zahl sei derzeit viel zu hoch. Daher müsse man ein Signal setzen.

Für den Fraktionschef der CDU-Landtagsfraktion, Christian Baldauf, hätte das Signal noch deutlicher ausfallen können. Er hätte sich den Lockdown schon ab diesem Montag gewünscht: „Für die Betroffenen sind das harte Einschnitte. Aber letztlich geht es darum, gerade die Schwachen in dieser Gesellschaft zu unterstützen“, sagte Baldauf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort