Drohschreiben und Todeslisten Hass gegen Politiker nimmt weiter zu

Trier · Die Zahl der politischen Straftaten in Bund und Land ist so hoch wie noch nie. Politiker werden immer häufiger bedroht, beschimpft oder gar körperlich angegriffen. Auch Politiker in der Region bestätigen: Der Ton wird immer rauer.

Hass gegen Politiker nimmt weiter zu
Foto: dpa/Lukas Schulze

Noch nie gab es so viele politisch motivierte Straftaten wie im vergangenen Jahr. Laut Bundeskriminalamt  (BKA)   stieg die Zahl gegenüber dem Vorjahr um 8,54 Prozent auf 44 692 Straftaten an. Mehr als die Hälfte dieser politisch motivierten Taten ging demnach auf das Konto von Rechten. Auch die  Zahl der Straftaten, die sich gegen Politiker richten, ist deutlich gestiegen.   Ein Verfasser von Drohschreiben unter anderem an Politiker und an eine Frankfurter Anwältin wurde am Dienstag festgenommen. Der 53-jährige deutsche Arbeitslose stehe laut der Frankfurter Staatsanwaltschaft in dringendem Verdacht, „seit August 2018 unter dem Synonym ‚NSU 2.0’ bundesweit eine Serie von Drohschreiben mit volksverhetzenden, beleidigenden und drohenden Inhalten verschickt zu haben“.

Hass, Bedrohungen und auch tätliche Angriffe gegenüber Kommunalpolitikern und -politikerinnen nähmen weiter zu, sagt Karl-Heinz Frieden, Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebundes. „Der Frust der Menschen in der Corona-Krise hat diese Tendenz leider verstärkt. Die Unzufriedenheit zum Beispiel mit Maßnahmen der Bundes- oder Landesregierung wird vor Ort in den Kommunen abgeladen.“

Die sozialen Netzwerke verstärken diese Tendenz. Häufig bleibe es nicht bei verbalen Entgleisungen. Das zeige der Angriff auf den Ortsbürgermeister aus dem pfälzischen Höhfröschen. Dieser wollte eine Geburtstagsparty mit Hinweis auf die Corona-Regeln beenden – da wurde der Ortschef von Jugendlichen angegangen und verletzt.

Dass der Ton gegenüber Kommunalpolitikern rauer geworden ist, bestätigt auch der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Der Respekt vor seiner Person und auch dem Amt habe abgenommen. Er sei öfter schon in Schreiben beleidigt und bedroht worden. Neu sei, dass die Menschen teils nicht einmal davor zurückschreckten, so etwas mit vollständigem Namen abzuschicken. In einigen Fällen hätte er schon  die Polizei eingeschaltet.

Der Tonfall in Anschreiben und in sozialen Medien habe sich verschärft bis hin zu Beleidigungen, berichtet auch der scheidende Bitburg-Prümer Landrat Joachim Streit.

Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums ist die politisch motivierte Kriminalität gegen Amts- und Mandatsträger seit 2015 deutlich gestiegen. Im vergangenen Jahr sei mit 82 Straftaten ein neuer Höchststand erreicht worden. Zumeist sei es, so eine Ministeriumssprecherin, um Beleidigungen und Sachbeschädigungen gegangen. In 15 Fällen sei es auch zu Gewalt gekommen, „überwiegend in Form von Bränden und Körperverletzungen“. Am häufigsten von Angriffen betroffen waren in den Jahren 2019 und 2020 Politiker und Einrichtungen der AfD. Das Innenministerium listet für die betreffende Zeit 43 Fälle von Sachbeschädigung auf. Aber auch andere Parteien und Gruppierungen waren von politisch motivierten Straftaten betroffen. 71 Tatverdächtige konnten in den beiden Jahren ermittelt werden. Sechs von ihnen kamen laut Innenministerium aus der Region.

Das Landeskriminalamt hat im vergangenen Jahr unter anderem die Mitglieder des Landtags über mögliche Gefahren durch Bedrohungen und Straftaten informiert. 

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