Anstehen vor halbleeren Regalen - Hermeskeiler Tafel klagt über sinkende Spendenbereitschaft

Hermeskeil · Die vor sechs Jahren gegründete Martinustafel muss immer mehr um Spender kämpfen. Schon heute reichen die Lebensmittel oft nicht mehr aus für die Bedürftigen. Und deren Zahl wird in den nächsten Monaten wohl noch steigen.

Anstehen vor halbleeren Regalen - Hermeskeiler Tafel klagt über sinkende Spendenbereitschaft
Foto: Ursula Schmieder (urs) ("TV-Upload Schmieder"

Hermeskeil. Die Hermeskeiler Martinustafel öffnet zwar immer erst um elf Uhr, woran sich das Team auch strikt hält. Es wäre ja nicht fair, wenn die Pünktlichen vor leeren Regalen stehen würden.
Doch die Helfer fangen schon etwa zwei Stunden vorher an, Gemüse zu putzen und all das einzuräumen, was ehrenamtliche Fahrer binnen drei Tagen herbeigekarrt haben. Ähnlich früh an sind aber auch die Tafel-Kunden. Einige stehen schon eine halbe Stunde vor der Zeit vor der Tür. Für Erhard Dochow vom Tafel-Team zeigt das mehr als deutlich, dass die Menschen auf die Lebensmittel angewiesen sind.
Umso mehr bedrückt ihn und Bernd Mende, Zweiter Vorsitzender des Tafel-Vorstands, die rückläufige Spendenbereitschaft. "Wir haben meistens gar nicht genügend Sachen da", bedauert Mende. Einige Geschäfte oder auch Betriebe unterstützten die 2009 gegründete Tafel (siehe Extra) zwar wie eh und je. So wie die Landwirte, die "regelmäßig und zentnerweise" Kartoffeln lieferten. Doch andere machten sich rar oder stellten immer weniger Ware zur Verfügung. Woran es vor allem fehle, sei Gemüse. Fleisch sei ja ohnehin Mangelware. Fast gar nichts mehr spendeten Privatleute. Die Tafel-Körbe in den Kirchen der Pfarreiengemeinschaft blieben - außer in Greimerath - schon seit mehr als einem Jahr praktisch leer. Anfangs waren alle gut gefüllt mit haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln, Konserven oder Mehl.Tafel-Vorstand ist besorgt


Der Tafel-Vorstand schaut daher besorgt in die nahe Zukunft, für die er mit einem steigenden Bedarf rechnet. Nicht wegen der Menschen, die in der Hermeskeiler Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) leben. Sie werden vor Ort und auf Kosten des Landes versorgt. Doch in den kommenden Monaten werden viele Asylsuchende den Kommunen zugewiesen.
Sobald sie dort eigene Wohnungen beziehen, dürfte die Zahl der Bedürftigen, die auf die Tafel angewiesen sind, daher steigen. Diana und Nicolette Vujicic gehören schon länger dazu. Die aus Serbien stammenden Schwestern sind froh, dass es die Tafel gibt. Ebenso wie ältere Frauen mit Mini-Rente oder sogenannte Aufstocker.
30 ehrenamtliche Helfer
Viele von ihnen arbeiten ganztags, wofür ihre Arbeitgeber sie aber so schlecht bezahlen, dass sie davon unmöglich leben können. Seit Einführung des Mindestlohns seien es zwar deutlich weniger geworden, sagt Dochow: "Das haben wir hier schon gemerkt." Doch Beschäftigte in Pflegeberufen oder im Hotel- und Gaststättengewerbe seien nach wie vor auf die Tafel angewiesen.
Die dort anstehenden Menschen repräsentieren laut Mende einen Querschnitt der Gesellschaft. Der Job der Helfer, die sich jederzeit über "Neue" freuten, sei sicher nicht immer einfach. Doch etliche der etwa 30 Ehrenamtlichen - plus Fahrer - sind seit Jahren dabei. So wie Christa Unger (74) und Christa Liebscher (73). Die Hermeskeilerinnen packen seit 2012 mit an. Sie sehe das als etwas Sinnvolles, sagt Liebscher. Und als Ruheständlerin habe sie Zeit - auch um aktiv dazu beizutragen, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden.
Astrid Altpeter (69) hilft seit knapp zwei Jahren: "Es macht Spaß, man sieht andere Leute und hat das Gefühl, man tut etwas Gutes." Margot Webel (50), Ehefrau von Diakon Andreas Webel, ist seit etwa einem Jahr dabei. Es sei ihr ein Bedürfnis, sich in der Zeit, in der die Kinder in der Schule seien, ehrenamtlich zu engagieren.
Und die Tafel sei eine sinnvolle Aufgabe, wie auch Elgin Schmitz (66) aus Reinsfeld findet. Sie packt erst seit wenigen Wochen mit an, um Bedürftigen zu helfen, "dass die nicht so im Abseits stehen".Extra

Etwa 300 Haushalte nutzen die Tafel, an der es Lebensmittel nur gegen Vorlage eines befristeten amtlichen Berechtigungsnachweises gibt. Generell sind nur Menschen in Notlagen wie etwa Hartz-IV-Empfänger berechtigt, sich dort für einen Euro pro Tüte und Erwachsenem zu versorgen. Gründer der Tafel sind die Katholische und die Evangelische Kirchengemeinde und die Arbeiterwohlfahrt Trier-Saarburg. Ausgabe im Hirtenweg, Ecke Petersberg, ist immer donnerstags, 11 bis 13 Uhr. Wer helfen will, kann Fördervereinsmitglied werden, mit anpacken oder spenden ans Tafel-Konto: Volksbank, Iban DE91585601030007990190. Infos: Bernd Mende, Telefon 06503/7484, oder Diakon Andreas Webel, 06503/9817522. urs

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