Kommunalpolitik Offensive in Kell: Gemeinde will marode Straßen in Schuss bringen

Kell am See · In dem Hochwaldort ist in Sachen Straßenausbau zuletzt wenig passiert. Nun hat der Gemeinderat ein Programm für die nächsten 15 Jahre beschlossen. Und er will die Kosten für die Anlieger auf deutlich mehr Schultern verteilen.

 Löcher und Risse im Asphalt: So sehen einige Ortsstraßen in Kell am See aus. An der Trierer Straße, die am Kindergarten vorbeiführt, will die Gemeinde mit einem umfassenden Ausbauprogramm für die nächsten 15 Jahre starten.

Löcher und Risse im Asphalt: So sehen einige Ortsstraßen in Kell am See aus. An der Trierer Straße, die am Kindergarten vorbeiführt, will die Gemeinde mit einem umfassenden Ausbauprogramm für die nächsten 15 Jahre starten.

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

Der letzte größere Ausbau einer Ortsstraße in Kell am See liegt etwa 13 Jahre zurück. Das berichtete Ortsbürgermeister Markus Lehnen (CDU) im Gemeinderat. In den vergangenen Jahren seien Risse und Schlaglöcher meist „oberflächlich repariert und geflickt“ worden, „damit wir noch irgendwie über die Runden kommen“, erklärte der Ortschef. Das soll nun ein Ende haben.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig ein Ausbauprogramm für die nächsten 15 Jahre. Es fasst alle Straßen, die aus Sicht der Ratsmitglieder bald erneuert werden müssten, in insgesamt sieben Ausbau-Blöcken zusammen, die nach und nach abgearbeitet werden sollen (siehe Grafik). Starten will die Gemeinde mit einem Teilstück der Trierer Straße, das von der Römerstraße in Richtung Kindergarten verläuft. „Dieses Stück hat für uns Priorität eins. Da ist mit provisorischen Mitteln nichts mehr zu machen“, stellte Lehnen fest. Die weitere Reihenfolge der Erneuerungsblöcke sei aber „nicht in Stein gemeißelt“.

Der Ausbau von Gemeindestraßen sei „ureigenste Aufgabe“ einer Ortsgemeinde, sagte Johannes Reitz (CDU). Das nun vorgelegte Programm sei ein wichtiger Schritt, um zu klären, „wie wir die Sache angehen“. Die Mitglieder des Bauausschusses hätten sich viel Zeit genommen, um sich alle Straßen im Ort genau anzuschauen und Prioritäten festzulegen. Entscheidend war dabei laut Lehnen nicht nur der aktuelle Zustand der Straße, sondern auch ihre Beanspruchung und wann sie zuletzt erneuert worden sei. Die Ausbaublöcke bestünden zudem aus zusammenhängenden Straßenzügen, um dadurch die Kosten zu reduzieren. Pro Block rechnet Lehnen für Planung und Ausbau mit etwa zweieinhalb Jahren. Bevor es losgehe, werde die Gemeinde die Werke wegen gleichzeitiger Kanal-Sanierungen und auch Anbieter von Gas und schnellem Internet wegen möglicher Verbesserungen ansprechen.

Die „lange Durststrecke“ seit der letzten Straßen-Rundumerneuerung habe einen guten Grund, betonte der Ortschef bei dem folgenden Tagesordnungspunkt. Denn mit der geplanten Ausbau-Offensive soll auch ein neues Abrechnungssystem kommen. Bislang lief es laut Lehnen so: Wo eine Straße ausgebaut wurde, bezahlten nur die direkten Anlieger Ausbaubeiträge. Die Gemeinde habe ihren Anteil für jeden Ausbau neu ermittelt. „So funktioniert es aber nicht mehr.“ Angesichts der gestiegenen Kosten für den Straßenausbau ergäben sich hohe Summen für die einzelnen Anlieger, die man ihnen „nicht mehr zumuten“ könne und wolle, sagte Lehnen.

Der Gemeinderat Kell am See hat daher einstimmig entschieden, das Abrechnungsmodell für den Ausbau der Ortsstraßen auf wiederkehrende Beiträge umzustellen. Das bedeutet: Wird eine Straße erneuert, bezahlen nicht nur die Anlieger dieser Straße, sondern alle Grundstücksbesitzer im Dorf. Da sich die Kosten so auf mehrere Schultern verteilen, sinken die Beiträge für den Einzelnen. Dafür werden bei jedem Ausbauprojekt im Ort Zahlungen fällig.

 Aufgeteilt in sieben Ausbau-Blöcke will der Gemeinderat Kell am See in den nächsten 15 Jahren die maroden Ortsstraßen wieder auf Vordermann bringen.

Aufgeteilt in sieben Ausbau-Blöcke will der Gemeinderat Kell am See in den nächsten 15 Jahren die maroden Ortsstraßen wieder auf Vordermann bringen.

Foto: TV/Eltges, Stefanie

Diese Umstellung sei jetzt möglich, erläuterte der Ortschef, eben weil schon länger keine Straßen erneuert worden seien. Sonst wären deren Anlieger für eine gewisse Zeit von Beiträgen befreit gewesen. Was das neue Modell finanziell bedeutet, zeigte Lehnen anhand von Musterberechnungen, die für jeden Straßenzug in Kell erstellt wurden. Demnach fielen nach altem Modell bei einem 1000 Meter großen Grundstück je nach Straße bis zu 40 000 Euro Ausbaubeitrag für einen einzelnen Anlieger an. Im Falle von wiederkehrenden Beiträgen, die alle Grundstücksbesitzer im Dorf übernehmen, lägen die Summen zwischen 200 und 1000 Euro. „Bei dem Riesenpaket, das wir angehen wollen, wird das unterm Strich insgesamt nicht billiger“, stellte Johannes Reitz klar. Es werde aber für den Einzelnen einfacher zu stemmen sein, weil die Bürger gestreckt über einen langen Zeitraum kleinere Beiträge zu zahlen hätten. Der Rat habe sich diese „nachhaltige Änderung“ nicht einfach gemacht, betonte Reitz. „Aber es ist die richtige Entscheidung. Denn alle nutzen die Straßen gleichermaßen, jeder hat etwas davon.“ Im Land hätten bereits fast 50 Prozent der Kommunen auf wiederkehrende Ausbaubeiträge umgestellt.

Für Horst Zimmert (FWG) ermöglicht es das neue System, längerfristig das gesamte Straßennetz des Ortes zu erhalten. Es garantiere eine „gewisse Kontinuität“ der Ausbau-Projekte und fördere zudem die „Solidargemeinschaft“. Auch wenn es vermutlich anfangs schwierig sein werde, „einem Anlieger zu erklären, warum er für eine andere Straße bezahlen soll“. Ortschef Lehnen gab zu, zunächst skeptisch gewesen zu sein: „Aber mit dieser Sache können wir das Gesicht unseres Dorfes entscheidend positiv verändern“. Nach den ersten Ausbaublöcken werde eine „deutliche Aufwertung“ sichtbar sein, nicht nur für die Gäste des Fremdenverkehrsorts Kell am See.

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