Beuren und Waldweiler greifen nach dem letzten Strohhalm

Beuren/Waldweiler · Sie planen Windräder im Naturpark, obwohl Anlagen dort tabu sind. Für dieses Dilemma haben beide Dörfer offenbar eine Lösung gefunden. Zumindest macht ihnen ein Ministerium Hoffnung.

 In Höhe der Hochwald-Raststätte an der A 1 drehen sich schon seit vielen Jahren Windräder. Die Beurener planen neue Anlagen ebenfalls nahe der Autobahn – was bislang aber von Landesbehörden abgelehnt wurde. TV-Foto: Christa Weber

In Höhe der Hochwald-Raststätte an der A 1 drehen sich schon seit vielen Jahren Windräder. Die Beurener planen neue Anlagen ebenfalls nahe der Autobahn – was bislang aber von Landesbehörden abgelehnt wurde. TV-Foto: Christa Weber

Foto: (h_hochw )

Beuren/Waldweiler Sie haben beide ein ähnliches Problem: Die Ortsgemeinden Beuren und Waldweiler wollen mit Hilfe privater Investoren Windräder auf ihrem Gebiet aufstellen. Allerdings liegen die vorgesehenen Areale beide in einer sogenannten Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück. Und die Landesregierung will dort keine Windräder zulassen - ausnahmslos. Nach Gesprächen auf höchster politischer Ebene im Mainzer Umweltministerium hat sich eine Hintertür geöffnet, eine Möglichkeit, mit der die beiden Hochwaldgemeinden ihre Planung womöglich noch retten könnten. Wie genau das aussähe, hat der Hermeskeiler Verbandsbürgermeister Michael Hülpes (CDU) am Montagabend im Beu rener Gemeinderat erklärt. Der Fall Beuren Die Verbandsgemeinde könne beim Ministerium beantragen, dass der Grenzverlauf der Naturpark-Kernzone Osburger Hochwald bei Beuren "korrigiert" werde, sagte Hülpes. "Man hat uns zugesagt, dass das Ministerium offen für die Prüfung eines solchen Antrags ist." Derzeit reiche die Kernzone bis an die Autobahn 1 heran, eine "Fehlplanung", urteilte der VG-Chef. Denn der besondere Schutzzweck einer Naturpark-Kernzone bestehe darin, "Erholung in der Stille" zu ermöglichen. "Jeder weiß, dass das dort nicht funktioniert." Wenn nun ein Antrag beim Ministerium eingehe, diese Grenze entsprechend von der Autobahn weg zu verlagern, werde zunächst die obere Naturschutzbehörde bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in Koblenz die Voraussetzungen dafür prüfen. Vorher sei noch festzulegen, welche Lärm-Grenzwerte man ansetze, sagte Hülpes. "Nach unserer Meinung müsste mindestens der Dezibelwert eines reinen Wohngebiets herangezogen werden."Für einen Erfolg müssten aber auch Bedingungen erfüllt sein. Laut Ministerium müsse vor Ort "ein Konsens" zwischen VG-Rat, Gemeinde und Kreisverwaltung bestehen. "Da habe ich keinerlei Bedenken", sagte Hülpes. Zweitens müssten sich die drei Mainzer Koalitionspartner SPD, FDP und Grüne im Ministerrat einig sein. "Wir sind optimistisch, dass im Fall Beuren die Funktionslosigkeit dieser Kernzone an der Autobahn anerkannt wird." Wichtig sei jedoch zu betonen, dass Beuren "kein Präzedenzfall" sei, auf den sich andere Gemeinden mit ähnlichem Anliegen berufen könnten. Das sei auch das Problem mit der vor Jahren schon einmal erteilten Befreiung von der Naturpark-Verordnung für den Standort Beu-ren. "Befreiungen gibt es nicht mehr. Da kämen Tausende, die anfragen würden."Laut Hülpes wird das notwendige Verfahren für die Grenzänderung, bei dem Behörden und diverse öffentliche Stellen einzubeziehen sind, "etwa ein Jahr" dauern. "Beu-ren sollte das aber versuchen. Jährlich drei mal 40 000 Euro Pacht für drei geplante Windräder wären schon wichtig für die Gemeinde." Die Verbandsgemeinde werde den Antrag stellen, brauche dafür aber die Beurener Zustimmung. Die erteilten die Ratsmitglieder bei drei Enthaltungen. Der VG-Rat befasst sich heute ab 19 Uhr im Hermeskeiler Rathaus mit dem Thema. Der Fall Waldweiler Ortsbürgermeister Manfred Rauber (SPD) war ebenfalls bei dem Gespräch im Mainzer Umweltministerium dabei. Er stellt gegenüber dem TV klar: "Nicht nur Beuren, auch uns wurde signalisiert, dass ein Antrag sinnvoll wäre." Für Waldweiler bestehe ebenfalls eine "Ausnahmesituation", da in nächster Nähe an der Grenze zum Saarland bereits ein Windpark stehe. Auch dies schränke die Erholung in der Stille in der Naturpark-Kernzone ein. Waldweiler hat die Änderung der Kernzonengrenze Schwarzwälder Hochwald schon 2016 beantragt. Laut Rauber gab es im Ministerium auch die Zusage, dass Beuren und Waldweiler landesweit die einzigen Fälle seien, bei denen es jetzt eine "intensive Prüfung" geben werde. Anträge anderer Gemeinden seien bei der Vorprüfung gescheitert. Die Vorstöße der zwei Hochwaldorte seien "die einzigen mit Aussicht auf Erfolg". Bei einer Zusage solle die Umsetzung auch "für beide auf einen Schlag erfolgen". Rauber hofft nun auf eine schnelle Entscheidung, ob das Land "zu Grenzänderungen überhaupt bereit ist. Wenn das nicht klappt, ist das Thema Windkraft für uns durch." Das sagt das Ministerium Das Umweltministerium bestätigt auf TV-Nachfrage, dass es einer Prüfung im Fall Beuren offen gegenüberstehe. Dort sei wegen der benachbarten A 1 "die Voraussetzung für eine Kernzone voraussichtlich nicht erfüllt". Soweit der Zweck - Erholung in der Stille - "faktisch nicht mehr gewährleistet" sei, könne dies "ein Grund zur Rücknahme oder Neuabgrenzung der Kernzone sein". Im Fall Waldweiler gebe es einen Antrag, die Sachlage sei aber noch nicht bewertet worden.KommentarMeinung

Politische Spiele auf dem Rücken der GemeindenDas Land sagt ganz klar: Windräder in Kernzonen des Naturparks sind tabu. Es gibt keine Ausnahmen - was vor der Landtagswahl im März 2016 so noch nicht feststand. Um die seit Jahren planenden Gemeinden nicht zu verärgern, hält man ihnen nun ein Möhrchen vor die Nase. Sie können die Änderung der Kernzonengrenze beantragen. Angeblich sollen Beuren und Waldweiler einzigartige Ausnahmefälle sein und deshalb durchaus Aussicht auf Erfolg haben. Das aber ist höchst fraglich. Das Verfahren dauert bis zu einem Jahr. Eine Garantie, dass am Ende tatsächlich die Grenzen an den Windradflächen vorbeilaufen, gibt es nicht. Und wer weiß, ob sich die Vorgaben und Befindlichkeiten bei der Landesregierung bis dahin nicht wieder ändern? Außerdem: Wenn Beuren und Waldweiler tatsächlich solche Ausnahmefälle sind, warum ist dann nicht einfach eine Befreiung möglich? Die könnte man doch mit diesem Sonderstatus ebenso gut begründen wie eine zeitraubende Änderung der Zonengrenzen? Das ist ein politisches Spielchen, das auf dem Rücken der Gemeinden ausgetragen wird. c.weber@volksfreund.de

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