Der "Greif" für Ehrenbreitstein

HERMESKEIL. Der Kanonenbau ist eine von vielen Leidenschaften des Hermeskeilers Willi Eiden. Seine authentischen Schmuckstücke sind bei Museen geschätzt.

 Beim Kanonenbau ist auch der Zimmermann in Schmied Willi Eiden gefragt. Die Winkelung der Felgensegmente muss präzise ausgerechnet sein.Foto: Ursula Schmieder

Beim Kanonenbau ist auch der Zimmermann in Schmied Willi Eiden gefragt. Die Winkelung der Felgensegmente muss präzise ausgerechnet sein.Foto: Ursula Schmieder

Es ist nicht irgendeine Kanone, die in der Werkstatt von Willi Eiden Konturen annimmt. Das Original sei "eine der berühmtesten, die es in Deutschland gibt", versichert Angela Kaiser-Lahme, stellvertretende Direktorin des Koblenzer Landesmuseums. Der "Greif", fünf Meter lang und neun Tonnen schwer, sei eines der Riesengeschütze aus dem frühen 16. Jahrhundert und von den Kosten einem Starfighter vergleichbar. 1524 hatte Meister Simon aus Frankfurt das reich verzierte Bronze-Prunkgeschütz Kaliber 38 für den Trierer Kurfürsten Richard von Greifenclau gegossen. Dem Prestigeobjekt, von dem nur noch die Kanone existiert, war ein wechselvolles Geschick beschieden. Seit Napoleon war es mal in französischem, mal in deutschem Besitz, kehrte dank eines Freundschaftsvertrages zwischen Francois Mitterrand und Helmut Kohl als Dauerleihgabe nach Ehrenbreitstein zurück. Die Kanone sei ein Symbol des Konfliktes beider Länder und der Frage, wer den Rhein beherrscht, erklärt Kaiser-Lahme. Daher hatte sie für eine Ausstellung, die sich voraussichtlich 2007 der Verteidigung der Festung Ehrenbreitstein widmet, die Rekonstruktion des "Greifen" beauftragt. Aus Platzgründen allerdings im Maßstab 1:4. Der Liefertermin sei wegen des aktuellen Haushaltsstopps sowie der erforderlichen Zusage einer zweiten Dienststelle noch ungewiss. Ungeachtet dessen ist Willi Eiden bereits am Werk. Schließlich dauert es, bis ein solches Exemplar fertig ist. "In der Zeit hat man ein Haus gebaut", macht der 74-Jährige deutlich. Der gelernte Schmied und Maschinenschlosser fertigt sowohl die Lafette, das Fahrwerk als auch die Kanone. "Das Rohr wird aus mehreren Rohren geschmiedet, und die werden ineinander gesteckt, zugestaucht und geweitet", erklärt er. Auch die Beschläge oder die Ringe und Haken zum Festzurren oder Ziehen der Kanone stammen nicht etwa vom Baumarkt. Alle Einzelteile, samt Verzierungen mit handgeschmiedeten Nägeln, entstehen im Keller seines Hauses. Nur das Rohmaterial, Stahl und zwölf Jahre abgelagerte Eiche, kauft er zu. Das Holz kostet ihn 1200 Euro pro Kubikmeter. Manchmal braucht er davon nur wenig, wie für den Bau einer Mini-Kanone. "Liebhaber stellen sich so was vor die Villa, ins Wohnzimmer oder auf ihr Schiff", erzählt Eiden. Dennoch sind solche Exemplare kein Spielzeug. Als funktionstüchtige Vorderlader gelten sie als Waffen, so dass auch "die kleinste Schiffskanone der Welt" amtlich zugelassen sein muss. Bei seiner Leidenschaft hat Eiden, wie er sagt, mit Geldverdienen nichts im Sinn. "Ich will mich selbst beweisen", gesteht der frühere Sportlehrer, ein Urgestein des Turnvereins, ein. Außerdem müsse so ein Handwerk doch erhalten werden: "Das können nicht mehr viele in Deutschland." Der historisch bedeutsame "Greif" ist daher für ihn eine Herausforderung, bei der der offene Liefertermin keine Sorge bereitet. "Die wird abgeholt, da habe ich keine Bange", schmunzelt er im Bewusstsein, dass das seine schönste Kanone ist. Außerdem hat er stets einen Käufer in Hinterhand, "den Störtebeker". Allerdings nicht Freibeuter Claas. Schließlich wurde der bereits 1401 hingerichtet. Sein Stammkunde ist der Veranstalter der Störtebeker-Festspiele, die Ende Juni in Ralswiek, Rügen, in die 13. Runde gingen. "Wenn der die sieht, hat der die", ist Eiden sicher. Nach der Neun-Rohr-Toten-Orgel vom vorigen Jahr wäre das dann dessen zehnte Eidensche Kanone.

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