Der Kampf um den Müll wird härter

Trier/Hermeskeil · Ein neues Müllgesetz stärkt die Rolle der Kommunen bei der Sammlung von lukrativen Wertstoffen im Abfall. Gewerbliche und gemeinnützige Sammler brauchen jetzt eine Erlaubnis und müssen den Verwertungsweg dokumentieren. Private Entsorger sehen den freien Wettbewerb in Gefahr, Schrotthändler der Region fürchten um ihre Existenz.

 Mario Andreas (links) und Ernst Pohlmüller laden in Trier Sperrmüll in einen Vierachser. Stadt und Kreis haben die Sammlung von Restmüll und Wertstoffen dem Zweckverband Abfallbeseitigung übertragen. TV-Foto: Albert Follmann

Mario Andreas (links) und Ernst Pohlmüller laden in Trier Sperrmüll in einen Vierachser. Stadt und Kreis haben die Sammlung von Restmüll und Wertstoffen dem Zweckverband Abfallbeseitigung übertragen. TV-Foto: Albert Follmann

Trier/Hermeskeil. Früher landete der Müll unsortiert auf Hausmülldeponien, heute ist er ein wertvolles Gut. Insbesondere Abfälle, die wiederverwertet werden, wie Altkleider, Schuhe, Papier und Metalle, sind heiß begehrt, weil lukrativ. Das Geschäft mit dem Abfall boomt. Mit dem Argument, dass sich die privaten Entsorger die Rosinen herauspicken, während für die kommunalen Wettbewerber nur der teure Restmüll übrig bleibe, haben sich die Kommunen beim Bund ein Vorgriffsrecht erstritten. Manifestiert wird es im Kreislaufwirtschaftsgesetz, das ab 1. Juni 2012 in Kraft ist.
Die gravierendsten Änderungen gegenüber dem alten Müllgesetz sind: Wer Abfall aus privaten Haushalten sammeln möchte, egal ob für gewerbliche oder gemeinnützige Zwecke, muss dies bei Stadt- oder Kreisverwaltungen anzeigen und einen Nachweis über die ordnungsgemäße Verwertung führen. Ferner muss jeder gewerbliche Abfalltransport angemeldet werden, das gilt auch für den Handwerker um die Ecke; Fahrzeuge müssen mit dem A-Schild (für Abfall) gekennzeichnet werden.
Aktuell haben mehr als 200 Gewerbetreibende, überwiegend Schrotthändler, ihre Sammlungen bei der Stadt Trier und dem Kreis angezeigt. Sie müssen in dem mehrseitigen Formular nicht nur Angaben zu Art und Menge der zu verwertenden Abfälle machen, sie werden auch da rauf hingewiesen, dass Elek troschrott (siehe Extra) für sie tabu ist und nur vom öffentlich-rechtlichen Entsorger (für Stadt und Kreis ist das der Zweckverband Abfallwirtschaft im Raum Trier, ART) gesammelt werden darf. Wer mit einer Waschmaschine auf der Pritsche erwischt wird, muss ein Bußgeld zahlen. Das Verbot bestand schon vorher, jedoch wurde das Sammeln von Elektroschrott stillschweigend geduldet.
Wer hilft jetzt der Oma?


Schrotthändler Hermann Kaiser aus Trier findet die Regelung bürgerfeindlich: "Der Oma holt sonst keiner die kaputte Waschmaschine aus dem Keller, wenn wir es nicht tun." Wenn 2015 auch noch die Wertstofftonne kommt, sieht Kaiser für Schrotthändler keine Zukunft mehr. Der Zweckverband ART verbindet mit der Anzeigepflicht die Hoffnung, dass die Sammlungen "besser geregelt und nachvollziehbar" sind. Auch habe das Zerfleddern des Sperrmülls durch vagabundierende, unbefugte Sammler ein Ende. "Gestohlene Wertstoffe gehen uns und damit auch dem Gebührenzahler verloren", sagt ART-Sachgebietsleiter Hans Klasen.
Ingrid Ohrband, Geschäftsführerin des Trierer Entsorgers Horsch, bewertet das Kreislaufwirtschaftsgesetz grundsätzlich positiv ("Es achtet und schont unsere Ressourcen"), beklagt aber eine "Überregulierung für die Entsorgungswirtschaft".
Kritik kommt vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE). Er befürchtet, dass der freie Markt in seiner Entwicklung behindert wird und weniger Wertstoffe gesammelt werden als möglich und wünschenswert wäre.
Gesetz gelungen, Umsetzung teilweise zu bürokratisch - auf diesen Nenner bringt es Heinz Schwind von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier. Wenn sich die Kreise auf einheitliche Formulare und Sammelanzeigen verständigen würden, könne das Verfahren wesentlich vereinfacht werden. alfMeinung

Die Schrottis sind nicht alles schuld
Was die Großen der Abfallbranche betrifft, ist der Raum Trier quasi befriedete Zone. Der ART sitzt durch seinen bürgerfreundlichen Service und die niedrigen Gebühren so fest im Sattel, dass sich erst gar keine auswärtige Konkurrenz blicken lässt. Besonders gejuckt hat es den öffentlichen Entsorger bisher auch nicht, wenn Sammler ein Stück vom Wertstoff-Kuchen abhaben wollten und beim Metall- und Elektroschrott aus Privathaushalten gewildert haben. Zumindest bei den Schrotthändlern, die ihr Gewerbe angemeldet haben, sind die Geräte bei den gleichen Großverwertern gelandet, die auch ART beliefert. Das Problem sind die illegalen Sammler, die mit ihren Kleinbussen auftauchen, jeden Haufen nach Verwertbarem durchwühlen, Teile ausbauen und ein Chaos auf den Bürgersteigen hinterlassen. Oft stecken organisierte Banden dahinter, und die Ware landet in Osteuropa oder in Afrika. Die Schrottis sind sicher keine Heiligen, aber Müllzerfleddern ist ihr Metier nicht. Nur werden sie dafür gerne in Sippenhaft genommen. a.follmann@volksfreund.deExtra

Elektro- und Elektronikgeräte holt die ART auf Bestellung (0651/9491-414) bis zu 13 Mal im Jahr ab. Falls gleichzeitig auch Sperrmüll angemeldet ist, muss dieser getrennt vom Elektromüll an die Straße gestellt werden, und zwar bis 6 Uhr morgens und "gut sichtbar". Wer den Abfall schon Tage vorher herausstellt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Zum Elektromüll zählt alles, was einen Stecker oder einen Akku hat. Großgeräte wie Kühltheken oder Schaltanlagen muss der Hersteller zurücknehmen. Funktionsfähige Geräte können kostenlos in der ART-Tauschbörse angeboten oder im Verwertungszentrum auf der Deponie in Mertesdorf abgegeben werden. Auch die Awo-Möbelbörse, Ottostraße, und der Umsonstladen, Schönbornstraße, nehmen Geräte entgegen. alf

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