Die letzte Wachablösung

HERMESKEIL. In der 43-jährigen Geschichte der Garnison war es ein historischer Moment: 171 Tage vor der endgültigen Schließung hat zum letzten Mal die Führung in der Hochwaldkaserne gewechselt. Oberstleutnant Michael Nold gab gestern das Kommando über das Raketenartillerielehrbataillon 52 an Major Bernd Knecht ab.

Es ist der letzte Auftrag, den die Soldaten in der Hochwaldkaserne zu erfüllen haben. Seit dem 1. Juli greift der Organisationsbefehl, der das Raketenartillerielehrbataillon 52 von seinen bisherigen Aufgaben entbindet und nur noch ein Ziel hat: Bis zum 31. Dezember 2006 muss der Bundeswehrstandort Hermeskeil aufgelöst werden. Zwar sind inzwischen schon viele Versetzungen gelaufen, so dass aktuell nur noch knapp 300 Soldaten ihren Dienst in der Kaserne verrichten. Aber in den kommenden Wochen und Monaten wird der "Abfluss von Personal und Material" weitergehen. "Diesen Prozess zu überwachen und zu koordinieren wird meine Hauptaufgabe sein", sagt Bernd Knecht. Der 36-jährige Major aus Thaleischweiler-Fröschen (bei Pirmasens) steht seit dem gestrigen feierlichen Appell auf dem Exerzierplatz voraussichtlich bis September an der Spitze des Raketenartillerielehrbataillons 52. Allerdings stellt der Offizier mit Blick auf die hierarchischen Strukturen in der Bundeswehr klar: "Ich bin kein neuer Kommandeur, sondern ich führe das Bataillon." Als letzter Kommandeur in der Geschichte der Kaserne wird somit Michael Nold in die Annalen eingehen. Etwas mehr als zwei Jahre gab der Oberstleutnant in der Garnison den Ton an. Jetzt warten auf den 45-Jährigen im Personalstab des Heeresführungskommandos in Koblenz neue Aufgaben. Für ihn gehe seine "schönste Zeit als Soldat zu Ende", weil er als Kommandeur in Hermeskeil "die unmittelbare Verantwortung für mehrere hundert Menschen" getragen hat, betonte Nold bei der Abschiedsfeier, die im Beisein von Brigadegeneral Hans-Joachim Fröhlich und unter den Augen zahlreicher Ehrengäste aus Politik und Gesellschaft vom Luftwaffenmusikkorps 2 aus Karlsruhe musikalisch umrahmt wurde. Dabei war Nolds Tätigkeit in erster Linie der "schlechten Botschaft" geprägt, die er am 1. November 2005 den Soldaten und den zivilen Mitarbeitern des Kaserne überbringen musste und für viele Betroffenen einen erheblichen Einschnitt bedeutete: den Beschluss des Verteidigungsministeriums über die Auflösung des Standorts. "Ich hätte mir sicherlich andere Umstände gewünscht. Aber in jeder besonderen Herausforderung liegt auch ein Reiz", blickt Nold im Gespräch mit dem TV zurück. Stolz sei er vor allem darauf, dass die Männer und Frauen seines Bataillons trotz des Nackenschlags der Standortschließung "in den letzten 20 Monaten umfangreiche Aufträge erfüllt und ihre Arbeit in professioneller Art und Weise durchgeführt haben, wobei ich niemals ein größeres Jammern oder Klagen gehört habe". Was für Nold persönliche Bilanz jedoch entscheidend ist: Die beruflichen Weichen für die Zukunft von fast allen Soldaten und der zivilen Mitarbeiter sind inzwischen gestellt. "Nur deshalb kann ich das Kommando auch ruhigen Gewissens abgeben", sagt der Oberstleutnant. Und er fügt zum Abschluss noch einen weiteren Punkt hinzu, der ihm wichtig ist: "Wir haben Gott sei Dank in den letzten zwei Jahren niemanden aus unseren Reihen verloren, was leider nicht an allen Standorten so ist. Für mich macht es da auch keinen Unterschied, ob jemand auf der Fahrt zum Dienst, bei einer Übung oder im Auslandseinsatz ums Leben kommt. Das Ergebnis ist nämlich immer tragisch und trifft uns alle", betont Nold.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort