Gedenken an einer Stätte der Unmenschlichkeit

Hinzert · Jedes Jahr wird an einem Ort des Grauens im ehemaligen SS-Sonderlager Hinzert gemahnt, wozu Menschen fähig sind. Deutsche, französische und luxemburgische Angehörige nahmen an einer Messe und einer Trauerfeier teil.

 Am Denkmal für die Opfer des NS- Regimes in Hinzert legten alle Gäste der Gedenkfeier eine Schweigeminute ein. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Am Denkmal für die Opfer des NS- Regimes in Hinzert legten alle Gäste der Gedenkfeier eine Schweigeminute ein. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Hinzert. "Es ist jedes Mal ein schwerer Gang nach Hinzert", seufzt Luise Reding. Die 72- Jährige aus Luxemburg ist die Witwe von René Reding. "Mein Mann war zwar nur ein Jahr in diesem KZ, aber danach nie wieder derselbe", klagt sie, bevor sie an der Kapelle Platz nimmt, wo der luxemburgische Geistliche Patrick Muller vor rund 100 Hinterbliebenen des Nachbarlandes eine Messe zelebriert.
In der Gedenkstätte begrüßt der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Wolfgang Faller, rund 300 Menschen, deren Angehörige unter den Nazis gelitten haben. "Zeitzeugen gibt es immer weniger", bedauert Faller.
In ihrer Festansprache fordert die Generalkonsulin der Französischen Republik, Sophie Laszlo, zu einem Andenken auf, das stets stärker sein muss, als das Vergessen. Die deutsch-französische Freundschaft sei kein Wunder gewesen, sondern Menschenwerk: "Der Bazillus des Krieges und der Grausamkeit darf nicht wieder ausbrechen."
Jugendliche des Französischen Gymnasiums Viktor Hugo in Frankfurt, wo auch das Konsulat angesiedelt ist, lasen aus Zeitzeugentexten. Wie rassistisch und menschenverachtend das Naziregime eingestellt war, erklärt Faller am Beispiel der "Eindeutschungshäftlinge". Das waren beispielsweise Polen, die eine Beziehung mit einer deutschen Frau begonnen hatten. "Im KZ Hinzert wurde dann geprüft, ob sie würdig waren, Deutscher zu werden", sagte Faller. Das war mit unmenschlichen Untersuchungen und Zwangsarbeit verbunden. Eine der wenigen Zeitzeugen ist Helmut Becker aus Idar Oberstein. Der heute 88-Jährige ist das Jugendlicher unter anderem ins KZ Sachsenhausen gekommen. Der Vorwurf lautete Arbeitsverweigerung und damit Schädigung des Deutschen Staates und Volkes: "Der Haftbefehl war von Heinrich Himmler persönlich unterschrieben." Becker geht heute in Schulen, um der jungen Generation über sein Schicksal aus erster Hand zu berichten. Das Lied der Partisanen bläst Edmond Faber aus Luxemburg zur Kranzniederlegung am Ehrenmal. Es entsteht eine sehr Feierliche, aber auch stille Atmosphäre. doth

Extra

Im SS-Sonderlager KZ Hinzert wurden zwischen 1939 und 1945 mehr als 13 000 Männer aus über 20 Ländern inhaftiert. Auf dem Ehrenfriedhof sind 217 Opfer des NS- Regimes begraben. Die Ermittlung der genauen Zahl der Toten ist immer noch nicht möglich. Gesichert sind laut der Forschungen des Luxemburger Conseil National de la Résistance (Nationalrat des Widerstandes) 321 Todesfälle. Es ist davon auszugehen, dass noch nicht alle Opfer gefunden wurden. doth/ Quelle: Gedenkstätte ( http://www.gedenkstaette-hinzert-rlp.de)

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