Geschichte Die Opfer sind nicht vergessen

Hinzert-Pölert · Ein vom Förderverein Gedenkstätte KZ Hinzert produzierter Film gibt Anstöße für die Gegenwart.

 Regisseur Julian Weinert spricht zu Besuchern der Premiere seines Films in der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert.

Regisseur Julian Weinert spricht zu Besuchern der Premiere seines Films in der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert.

Foto: Ursula Schmieder

Etwa 140 Besucher – aber nur 70 Stühle. Die Veranstalter in der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert rechneten nicht mit einem derart großen Andrang. Doch die angekündigte Filmpremiere lockte Menschen aus der ganzen Großregion. Dabei stand zum Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz nicht etwa ein Unterhaltungsfilm auf dem Programm. Der Förderverein Gedenkstätte KZ Hinzert lud vielmehr zur Präsentation des Dokumentarfilms „Dir sid net vergiess“ ein. Der aus dem saarländischen Neunkirchen stammende Regisseur Julian Weinert (28) begleitet darin luxemburgische Schüler, die die Gedenkstätte besuchen. Mal lässt er die jungen Leute, mal Historiker wie Beate Welter, die Leiterin der Gedenkstätte, sowie Zeitzeugen und einen früheren KZ-Häftling zu Wort kommen.

Louis Lemmens aus Belgien wurde erstmals zu Erfahrungen in Hinzert befragt. Bis heute weiß er nicht, warum er als 19-Jähriger mit anderen Bergarbeitern deportiert wurde. Anny Brück hingegen wusste, warum sie als Neunjährige mit ihrer Familie ins heutige Polen musste. Ihr Vater Alfred war einer der Lehrer aus Wiltz, die 1942 als Vergeltung für den Generalstreik in Luxemburg in Hinzert erschossen wurden. Eine 1935 in Hinzert geborene Frau erinnert sich im Film an Häftlinge, die im Dorf arbeiteten: „Sie waren furchtbar ausgehungert, grauenhaft.“ Ähnlich kommentieren Schüler im Film. Die Männer seien „abscheulich behandelt“ worden. Dennoch begrüßen sie es, von Schicksalen zu erfahren. Mit hohen Opferzahlen könnten sie wenig anfangen. Doch Namen von Personen zu lesen und zu erfahren, was sie durchmachten, sei etwas völlig anderes. Gedenkarbeit sei daher ein wichtiger „Anstoß zur Auseinandersetzung mit der Gegenwart“ – auch um totalitäre Systeme gar nicht erst entstehen zu lassen.

Mit den wechselnden Bildern zog das Filmteam um Regisseur Weinert das Publikum in Bann. Fast alle blieben – trotz Stehplatz – bis zum Ende des 80-Minuten-Werks. Ulla Dellwing aus Hermeskeil bezeichnete den Film als „sehr authentisch, sehr beeindruckend“. Die Zeit sei im Nu verflogen, versicherte Artur Klemm aus Brauneberg-Hirzlei. Und Georg Mertes, der für den Förderverein begrüßte und im Film die Schüler begleitete, habe das sehr gut gemacht. Klemm hält es für immens wichtig, Geschehenes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

 Hinzert Film

Hinzert Film

Foto: Ursula Schmieder

Vor der Filmaufführung würdigte Dieter Burgard, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft für Gedenkstätten, den Anlass, den jährlichen Gedenktag für die Opfer des NS-Regimes. Den aktuellen „Rechtsruck in Deutschland“ bedauere er auch als künftiger Antisemitismusbeauftrager des Landes, eine Aufgabe, die notwendig und traurig zugleich sei. Den vom Förderverein in Kooperation mit dem Institut für Mediengestaltung der Hochschule Mainz produzierten Film umrahmte Liedermacher Manfred Pohlmann musikalisch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort