Leben am Rand der alten Gleise

Hermeskeil/Zerf · Sie sind die steinerne Erinnerung daran, dass einst auf der Hochwaldbahnstrecke ein reger Zugverkehr herrschte. Zwischen Hermeskeil und Zerf stehen am Rand des heutigen Radwegs noch vier Bahnhofsgebäude. Davon fristet eins trotz aktueller Sanierungsarbeiten ein Dornröschen-Dasein. Die drei anderen werden für ganz unterschiedliche Zwecke genutzt. Der TV verrät, wofür sie zur Verfügung stehen.

Hermeskeil/Zerf. Im Jahr 1889 wurde zwischen Hermeskeil und Trier die Strecke der Hochwaldbahn eröffnet. "Es war eine Infrastrukturmaßnahme von allergrößter Bedeutung, die in der Region einen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufschwung einleitete", schreibt der Keller Heimatforscher Dittmar Lauer in einem Buch. Doch schon längst fahren auf dieser Linie keine Züge mehr. Die Schienen sind abgebaut und statt Dampfloks schnaufen auf der zum Radweg umfunktionierten Trasse nur noch Freizeitsportler.
Geblieben sind am Rand des früheren Gleises die Bahnhofsgebäude. Davon existieren auf dem Abschnitt zwischen Hermeskeil und Zerf noch vier. Zwei andere Stationen wurden abgerissen (siehe Extra).

Bahnhof Hermeskeil:
Während die Arbeiten zur Neugestaltung des Vorplatzes - ein 800 000 Euro teures Projekt der Stadt - kurz vor dem Abschluss stehen, ist seit einigen Tagen auch das Haupthaus des Bahnhofsgebäudes komplett eingerüstet. "Das Dach muss erneuert werden. Es hat da jahrelang reingeregnet", sagt Eigentümer Bernd Falz.
Die Vorbesitzer hätten diese nötigen Sanierungsarbeiten versäumt. Sowohl die Mietwohnungen als auch die Gaststätte im Erdgeschoss stehen leer.
Die Wirtschaft müsste innen komplett neu ausgebaut werden. "Das würde ich aber nur in Zusammenarbeit mit einem Pächter machen. Da ist momentan aber keiner in Sicht", sagt Falz.

Bahnhof Reinsfeld:
Veronika Mergens, die Chefin des Reinsfelder Seniorenzentrums "Haus Veronika", hat das Bahnhofsgebäude 2009 gekauft. Sie hat zunächst eine Wohnung im Obergeschoss renoviert und vermietet. Es folgten umfangreiche Umbauarbeiten im Erdgeschoss und dem dortigen Anbau - einer früheren Diskothek.
Seit Mai 2013 können diese Räume im Reinsfelder Bahnhof für größere private Feiern wie Hochzeiten und Geburtstage, aber auch für Tagungen von Firmen gemietet werden.

Bahnhof Kell:
Er wurde bereits 1983 - der letzte Personenzug war zwischen Hermeskeil und Pluwig zwei Jahre zuvor über die Gleise gerollt - vom Keller Heimat- und Kulturverein erworben. Seitdem hat der Verein das Gebäude in mehreren Bauabschnitten ausgebaut.
Es befinden sich dort ein Archiv und eine Geschichtswerkstatt, die vor allem Dittmar Lauer für seine historischen Forschungen nutzt. Im Keller Bahnhof sind regelmäßig Bilderausstellungen zu sehen. Es finden dort Konzerte statt - so am Sonntag, 13. Oktober, ab 17 Uhr ein Panflötenkonzert im Rahmen der Kreiskulturtage.
Und nicht zuletzt können Paare im Keller Bahnhof den Bund fürs Leben schließen. Die Verbandsgemeinde nutzt den Bahnhof als Trauzimmer. "Pro Jahr haben wir hier etwa 20 Hochzeiten", sagt Lauer.

Bahnhof Zerf:
Vor allem wegen seines schön gestalteten Vorgartens macht der Zerfer Bahnhof den schmucksten Eindruck aller vier Stationen. Roswitha Gouverneur-Müller und ihr Mann haben das Gebäude 1981 ersteigert und leben seitdem dort.
Die vor einigen Jahren renovierte Wohnung im Obergeschoss wird unter dem Titel "Bahnsteig 74" - das ist die Hausnummer in der Zerfer Bahnhofstraße - an Feriengäste vermietet.
Extra

In der Nähe von Lampaden standen - an der Stelle des heutigen Parkplatzes am Radweg - ein Bahnhofsgebäude und das Wohnhaus des Stationsvorstehers. Beide wurden um 1960 abgerissen. Das gleiche Schicksal ereilte zwei Jahrzehnte später den Schillinger Bahnhof, der in der Nähe des Bilstein-Werks lag. In der Nähe von Hentern gab es zwar keinen richtigen Bahnhof, aber immerhin einen Haltepunkt. Er diente ursprünglich vor allem der Holzverladung, wurde aber bereits im Buchfahrplan 1961 als "aufgehoben" bezeichnet. Im Personenverkehr wurde der Haltepunkt noch bis zur Einstellung des regulären Betriebs im Jahr 1981 bedient. Güterzüge rollten auf der Hochwaldbahnstrecke noch etwas länger. 1998 wurde dann aber auch dieser Verkehr endgültig eingestellt und die Strecke stillgelegt. 2004 begannen auf dieser Trasse die Bauarbeiten für den Ruwer-Hochwald-Radweg. Er wurde auf der kompletten, rund 50 Kilometer langen Strecke zwischen Hermeskeil und Trier-Ruwer 2009 fertiggestellt. ax

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