Nationalpark: Hermeskeil wartet ab

Hermeskeil · Die Verbandsgemeinde Hermeskeil verzichtet vorerst auf eine Aussage, ob sie für oder gegen die Einrichtung eines Nationalparks im Hochwald ist. Der VG-Rat vertagte am Mittwochabend die ursprünglich vorgesehene Stellungnahme zum Projekt der Landesregierung. Denn zunächst sollen die Räte in den direkt betroffenen Orten Damflos, Züsch und Neuhütten Position beziehen.

"Es wäre eine politische Dummheit, wenn wir den Nationalpark an uns vorbeiziehen lassen und uns nicht beteiligen würden." Mit diesen klaren Worten machte VG-Bürgermeister Michael Hülpes (CDU) seine Meinung zur möglichen Einrichtung eines rund 7000 Hektar großen Schutzgebiets im rheinland-pfälzischen Teil des Hochwalds deutlich. Mit seiner Aussage hatte er insbesondere die aus seiner Sicht "sehr wahrscheinliche" Erweiterung des Nationalparks bis ins Nordsaarland hinein im Blick (siehe Extra).

Doch trotz dieses namhaften Befürworters einigte sich der Hermeskeiler VG-Rat schlussendlich darauf, eine eigene Stellungnahme zum Nationalpark zurückzustellen. Vorher sollen nämlich erst die Räte in den drei Orten Züsch, Neuhütten und Damflos mit Beschlüssen ihre Haltung zu dem Projekt deutlich machen.

Das Brennholzproblem

Der Vorschlag für diese Vorgehensweise kam vom Züscher Ortsbürgermeister Hermann Bernardy (SPD). Denn obwohl es im Gremium niemanden gab, der Hülpes\' eingangs erwähnter Aussage widersprach, so brachten doch mehrere Ratsmitglieder ihre Bedenken vor. Bernardy betonte vor allem das Brennholzproblem. "Mir sind die Aussagen zu dünn, dass die Versorgung gesichert ist. Es ist klar, dass bei einem knapperen Angebot die Preise steigen werden", sagte Bernardy. Gerade in Züsch, Neuhütten und Damflos seien viele Haushalte beim Heizen von Öl auf Holz umgestiegen. Außerdem gibt es dort noch viele Selbstwerber. Klaus Andreas Lesander von Landesforsten Rheinland-Pfalz versuchte, diese Bedenken zu entkräften. Er machte darauf aufmerksam, dass es im Hochwald eine zusammenhängende Staatswaldfläche von 19 000 Hektar gibt. "Selbst wenn der Nationalpark kommt, bleibt mehr als die andere Hälfte voll bewirtschaftet. Wir können hier also bei der Bereitstellung von Brennholz viel besser reagieren als im Soonwald." Beim zweiten Kandidaten für einen Nationalpark gibt es nur einen geschlossenen Staatswaldblock von circa 8500 Hektar.
Im Übrigen betonte Lesander, dass das Land gerade solche offenen Fragen nun im Dialog mit den Bürgern vor Ort besprechen und klären wolle.

Der Tourismus-Faktor

Auch Hermann-Josef Bier von der Fraktion Bürger für Bürger (BFB) und zugleich erster Beigeordneter von Neuhütten, betonte, "dass wir auf die Vorschläge zur Lösung des Brennholzproblems gespannt sind". Grundsätzlich halte er das Projekt aber aus ökologischer Sicht für eine "positive Sache". Schon heute liegen die drei Orte im Wassereinzugsgebiet der Primstalsperre. In der Nähe befindet sich das Naturschutzgebiet Königsbachtal. "Insofern wäre der Nationalpark ein Sahnehäubchen", sagte Bier.
Auch die Chancen für den Tourismus wurden von mehreren Ratsmitgliedern betont.

In diesem Zusammenhang räumte Fritz-Werner Kniepert vom Umweltministerium mit einigen Unklarheiten auf. Premium-Wanderwege wie der Saar-Hunsrück-Steig und die dazugehörigen Traumschleifen seien in einem Nationalpark "passend und wünschenswert", antwortete er auf eine Nachfrage von Uwe Roßmann (SPD). Weil es im Nationalpark aber auch Bereiche geben soll, in denen die Natur sich selbst überlassen bleiben soll, "wird es dort aber nicht mehr das volle Wegenetz geben." Hartmut Heck (CDU) wollte wissen, ob durch den Nationalpark möglicherweise das kleine Wintersportzentrum am Neuhüttener Dollberg gefährdet ist. Dazu sagte Kniepert: "Diese Einrichtung kann natürlich weiter bestehen. Man muss dann darüber nachdenken, ob man diesen Bereich in die Pufferzone des Nationalparks legt." Anders als in der Kernzone gibt es dort weniger Einschränkungen bei der Nutzung.
Meinung

Chance nicht liegenlassen
Hängt von einem Nationalpark das Wohl und Wehe der Hochwaldregion ab? Natürlich nicht! Wenn alles beim Alten bleiben soll, könnten die Hermeskeiler also getrost abwinken und sagen: "Wir verzichten dankend." Doch dann stellt sich die Frage: Kann es sich eine strukturschwache Region mit schrumpfender Bevölkerung überhaupt erlauben, eine solche Chance liegenzulassen? Wohl kaum! Bei allen berechtigten Bedenken, bleibt doch eins festzuhalten: Die Kritiker haben bisher keine Alternative aufgezeigt, wie die Region ansonsten aus ihrer zentralen Lage im Abseits herauskommt. Mit dem Nationalpark besteht zumindest in touristischer Sicht die Hoffnung auf einen deutlichen Entwicklungsschub - das ist immerhin eine Perspektive. Sicher sind vor der Verwirklichung des Projekts das Brennholzproblem und noch etliche andere Fragen zu klären, wozu das Land ja auch ausdrücklich bereit ist. Vernünftig ist es auch, dass der VG-Rat nicht vorprescht und Nägel mit Köpfen macht, sondern vorher das Votum der drei direkt betroffenen Dörfer abwartet. Allein des gutnachbarschaftlichen Anstands wegen, wäre es aber wünschenswert, wenn sich der Hermeskeiler Raum dem Projekt nicht schon im Vorfeld verschließt, sondern sich zusammen mit den Birkenfeldern, Thalfangern und Nordsaarländern an einen Verhandlungstisch setzt, um über die Ausgestaltung eines möglichen Nationalparks zu diskutieren. a.munsteiner@volksfreund.de
Extra

Bei der bisher vom Land Rheinland-Pfalz favorisierten Variante in Bezug auf einen möglichen Gebietszuschnitt würde sich der 7000 Hektar große Nationalpark größtenteils über Staatswaldflächen im Kreis Birkenfeld erstrecken. Weil im Nordsaarland die Gemeinden Nohfelden und Nonnweiler Interesse zeigen, könnte das Gebiet auf gut 8500 Hektar anwachsen. Das ist aber von einer Entscheidung der saarländischen Landesregierung abhängig. Auf dem Weg vom Wildenburger Kopf (VG Herrstein) über das Gebiet nahe des Erbeskopfes (VG Thalfang) bis ins Saarland wäre die VG Hermeskeil durch den Nationalpark "am Rande betroffen", so Hülpes. Denn Teile der Gemeindegebiete von Damflos (ein Hektar), Züsch (72 Hektar) und vor allem Neuhütten (847 Hektar) würden innerhalb der Grenzen des Nationalparks liegen. Der Kreistag Birkenfeld hat sich für einen Nationalpark ausgesprochen. Gleiches hat kürzlich der VG-Rat Thalfang getan. In Morbach wird ein Nationalpark abgelehnt. Der Hochwald ist laut Kniepert "erste Wahl" für die Einrichtung eines Nationalparks. Allerdings steht dafür auch noch der Soonwald als zweiter Bewerber zur Debatte. ax

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