Staatsanwaltschaft ermittelt am Bostalsee

Nohfelden/Saarbrücken · Auf der Center-Park-Baustelle am Bostalsee geht es drunter und drüber: Rumänische Arbeiter arbeiteten monatelang ohne Bezahlung. Zudem steht nun der Verdacht auf Menschenhandel im Raum. Die Ermittlungen laufen.

Nohfelden/Saarbrücken. 60 Euro bar auf die Hand hat das Holzbaukonsortium IETC am Freitag jedem der rumänischen Arbeiter der Ferienpark-Großbaustelle am Bostalsee ausbezahlt, die bis zu mehreren Monaten kein Gehalt bekommen haben sollen.
So lautete die Vereinbarung, die der für die 400 Ferienhäuser zuständige Generalunternehmer mit der Industriegewerkschaft Bau, Agrar und Umwelt (IG BAU) am Donnerstag nach heftigen Protesten 30 Betroffener eingegangen war.
Nach Angaben der rumänischen Gastarbeiter sollen sie über die wirklichen Arbeitsbedingungen in Deutschland von der Arbeitsvermittlungsfirma New Jobs in Bukarest getäuscht worden sein. Statt als Angestellte hiesiger Unternehmen arbeiteten sie als Selbstständige. Darum spricht der Vizechef der IG BAU, Markus Andler, vom "Verdacht des Menschenhandels". Durch die Veröffentlichungen der Saarbrücker Zeitung wurde die Staatsanwaltschaft in Saarbrücken tätig. Deren Sprecher Thomas Reinhard: "Wir haben Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet."
Verdacht auf Menschenhandel



Es bestehe ein "konkreter Anfangsverdacht auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt". Auch der "Straftatbestand zum Zwecke der Ausbeutung", wie Menschenhandel im Juristendeutsch heißt, könne durchaus noch ins Blickfeld geraten. Nohfeldens Bürgermeister Andreas Veit (CDU), in dessen Gemeinde der künftige Ferienpark liegt, sieht die beteiligten Firmen in der Pflicht: "Ich dränge darauf, dass die Menschen, die für sie arbeiten, auch bei ihnen angestellt sind."
St. Wendels Landrat Udo Recktenwald (CDU) reagierte entsetzt. Als Vorsitzender der Projektgesellschaft Bostalsee ist er zwar nicht für den Bau der Ferienhäuser verantwortlich, sondern für die Infrastruktur auf dem Gelände. Dennoch fordert er, dass die betroffenen Arbeiter "unverzüglich ihre Ausstände erhalten". Sie müssten "tarifgerecht entlohnt" werden. Schwere Vorwürfe erhebt die Linke im Saar-Landtag gegen die Landesregierung. Der parlamentarische Geschäftsführer Heinz Bierbaum: "Bereits Ende letzten Jahres ist die Staatskanzlei durch das Diakonische Werk Obere Nahe auf die Missstände hingewiesen worden."
Die Regierung sei untätig geblieben. Das wies die Staatskanzlei als unwahr zurück. Unterdessen lehnen das Saar- Wirtschaftsministerium sowie die landeseigene Strukturholding Saar (SHS) eine Verantwortung für die Vorkommnisse ab.
Die SHS sei für die Zentraleinheit zuständig, in der Rezeption, Restaurants und Schwimmbad unterkommen. Mit dem Bau der Ferienhäuser habe die SHS aber nichts zu tun. Nach den Vorwürfen des Menschenhandels und der Scheinselbstständigkeit auf der Ferienpark-Baustelle am Bostalsee haben am Freitag das betroffene Generalunternehmen und Politiker entsetzt reagiert. Obwohl keine Geschäftsverbindung zwischen IETC und der Strukturholding bestünden, habe die SHS den Unternehmer "zur unverzüglichen Stellungnahme und Aufklärung der Vorgänge" aufgefordert, hieß es am Freitag. IETC äußerte sich am Abend schriftlich.
Darin bedauert das Unternehmen die Vorwürfe. "Wir können jedoch versichern, dass wir unsere beauftragten Subunternehmer pünktlich und vertragskonform bezahlen und auch bei der Prüfung aller weiterführenden Nachunternehmerverträge keine Unregelmäßigkeiten feststellen konnten." IETC habe den Nachunternehmer dazu gebracht, "eine Auszahlung an die betroffenen Personen zu leisten, ohne weitere Prüfung des Rechtsanspruchs". Zurzeit sind auf dem Centerpark-Gelände rund 35 Firmen mit 400 Arbeitern beschäftigt.

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