Kirche Einsatz unter der Glockenstube: Saarländer nimmt neues Geläut in Hermeskeil auf

Hermeskeil · Ungewöhnliches Hobby: Der Saarländer Patrick Sycha zeichnet das Geläut von Kirchenglocken auf. Am Samstag hat er dazu den Turm von St. Martinus in Hermeskeil erklommen. Die Aufnahme stellt er demnächst ins Internet.

 Patrick Sycha bei der Arbeit: Mit dem Tonaufnahmegerät in der Hand bereitet er die Aufnahme des Geläuts der Hermeskeiler Martinuskirche vor. Im Turm hängen seit Sommer 2017 insgesamt fünf neue Bronzeglocken, die die früheren Stahlglocken ersetzt haben (Bild rechts).

Patrick Sycha bei der Arbeit: Mit dem Tonaufnahmegerät in der Hand bereitet er die Aufnahme des Geläuts der Hermeskeiler Martinuskirche vor. Im Turm hängen seit Sommer 2017 insgesamt fünf neue Bronzeglocken, die die früheren Stahlglocken ersetzt haben (Bild rechts).

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

In einer Sporttasche hat Patrick Sycha alles dabei, was er für seinen Einsatz am Samstagmorgen in der Hermeskeiler Martinuskirche benötigt: ein Gerät für Tonaufnahmen, eine Kamera, zwei Paar Ohrschützer und einen Scheinwerfer. Damit steigt er Stufe um Stufe die schmale Wendeltreppe im Inneren des Kirchturms hinauf. Der 28-Jährige aus Bexbach im Saarland hat vor, das Läuten der fünf Bronzeglocken zu dokumentieren, die im vergangenen Sommer mitsamt einem neuen Glockenstuhl montiert wurden (siehe Info).

„Ich möchte den Klang der Glocken für die Nachwelt festhalten“, erklärt Sycha, was ihn antreibt. Dies sei vor allem wichtig, weil immer wieder Kirchen entweiht und geschlossen würden. Zudem gebe es viele interessierte Menschen, die sich gern die Klänge von Kirchenglocken aus ihrer Heimatregion anhörten und diese miteinander verglichen.

Die Aufnahmen sind ein Hobby des gelernten Tischlers, Geld nimmt er dafür nicht. 300 bis 400 Glockengeläute, sagt er, habe er in den vergangenen neun Jahren bereits deutschlandweit aufgezeichnet. Vorwiegend ist er dafür im Südwesten Deutschlands unterwegs. Im März 2018 hat Sycha sich mit drei gleichgesinnten Hobby-Glockenkundlern aus Nordrhein-Westfalen zusammengetan. Unter dem Namen PS Campanologie (siehe Info) bieten sie Kirchengemeinden ihre Dienste an.

Oben im Hermeskeiler Turm gleich unter der Glockenstube angekommen, muss Sycha zunächst die notwendige Technik für seine Aufnahmen aufbauen. Das Tonbandgerät positioniert er in der Nähe des Schaltkastens, über den er durch Knopfdruck die Glocken in Bewegung setzen kann. Die Anwohner wurden über die Presse informiert, dass die Glocken an diesem Tag etwas häufiger zu hören sein werden: „Das ist immer wichtig. Denn wenn sie außer der Reihe läuten, kann das bei den Leuten schon Verwirrung auslösen“, sagt Sycha. Oben im Glockenstuhl stellt er den Scheinwerfer und eine Weitwinkelkamera auf: „So kann ich alle fünf Glocken gleichzeitig auf Video aufzeichnen, während die Tonaufnahme läuft.“ Bild und Ton kombiniere er später und lade das fertige Video auf der Internetplattform Youtube hoch.

Im Oktober 2015 hat Sycha bereits die inzwischen ausgemusterten alten Stahlglocken der Martinuskirche für die Nachwelt festgehalten. Klingen die neuen Bronze-Nachfolger nun so anders? „Sie stammen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Das ist ein Standard-Motiv, das in vielen Kirchen vertreten ist“, sagt der Glockenkundler. Aber die fünf Exemplare hätten vorher in Saarbrücken im Freien gehangen. „Im geschlossenen Turm klingen sie schon anders.“

Sobald die Technik steht, geht es los. Sycha setzt den Kopfhörer auf und drückt auf den Knopf im Schaltkasten. In den folgenden knapp 15 Minuten erklingen nacheinander zunächst die Glocken einzeln und am Schluss alle fünf zusammen. Der 28-Jährige lauscht – und schweigt. Als die Aufnahme im Kasten ist, erzählt er, wie er zu dem ungewöhnlichen Hobby gekommen ist, das ihn an den Wochenenden quer durch Deutschland führt.

„Ich habe vor zehn Jahren ein Video vom Geläut des Kölner Doms gehört. Das hat mich irgendwie nicht mehr los gelassen.“ Inzwischen besitze er einige Fachbücher, könne mit Experten über Konstruktion und Geschichte von Glocken fachsimpeln. In Hermeskeil sei zum Beispiel „außergewöhnlich“, dass in der evangelischen Kirche das älteste Gussstahlgeläut Deutschlands von 1853 hänge. „Eigentlich haben solche Glocken eine begrenzte Lebensdauer von 70, 80 Jahren.“

 Die Bronzeglocken hängen seit August 2017 im renovierten Glockenstuhl der Martinuskirche. Foto: Christa Weber

Die Bronzeglocken hängen seit August 2017 im renovierten Glockenstuhl der Martinuskirche. Foto: Christa Weber

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

Seine Aufnahme aus Hermeskeil, schätzt Sycha, wird er erst Ende des Monats oder Anfang Juli ins Internet stellen. Zuvor ist noch ein anderes Geläut zu bearbeiten: Am Pfingstsonntag war in einer Kirche in Troisdorf (Nordrhein-Westfalen) unterwegs. Und die nächsten Einsätze sind auch schon geplant.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort