Umweltfrevel im Reinsfelder Bibertal

Reinsfeld/Kell · Die meisten Reinsfelder sind stolz darauf, dass sich vor einem Jahr der Biber im nahen Osterbach und der Wadrill niedergelassen hat. Doch das geschützte Nagetier hat nicht nur Freunde. Jetzt wurde bekannt, dass offenbar Leute aus dem Ort einen vom Biber gebauten Staudamm mutwillig zerstört haben. Das könnte zum Fall für den Staatsanwalt werden.

Reinsfeld/Kell. "Ich kann die Menschen, die so etwas machen, nicht verstehen. Wir sollten doch froh sein, dass wir hier noch eine so intakte Umwelt haben, dass sich der Biber bei uns wohlfühlt." Das ist die Reaktion des jungen Reinsfelder Naturfreunds Tobias Ehses auf einen Vorfall, der vor einigen Tagen in der Nähe des Orts passiert ist - und zwar genauer gesagt am sogenannten Keller Steg.
Unter dieser Brücke, die ein markanter Punkt des bekannten Wanderwegs Saar-Hunsrück-Steig ist, hatte ein Biber in der Wadrill einen seiner Staudämme gebaut. Das Nagetier, das in Rheinland-Pfalz seit etwa 1840 als ausgestorben galt, war im vorigen Jahr wieder bei Reinsfeld aufgetaucht (der TV berichtete). Seine Spuren sind in der Landschaft deutlich sichtbar - am auffälligsten ist das direkt an der B 407 gegenüber des Siegenia-Aubi-Werks. Dort hat der Biber den einst schmalen Osterbach - eines der beiden Quellgewässer der Wadrill - in einen beachtlichen Stausee verwandelt.
Für viele Reinsfelder ist die Ankunft der streng geschützten Tiere, die für ihre Burgen Bäume fällen und Dämme bauen, eine erfreuliche Sache. Die Gemeinde hat am neuen Stausee schon ein Schild mit der Aufschrift "Bibertal" aufgestellt. Allerdings betont Ortsbürgermeister Rainer Spies (SPD): "Vom direkten Lebensraum des Bibers sollte man sich fernhalten und ihn in Ruhe lassen."
Genau das haben einige Leute aber anders gesehen. Etwa drei Kilometer weiter bachabwärts hatte der Biber auch am Keller Steg einen Damm gebaut, dafür Bäume gefällt und ins Wasser gezogen und somit die Wadrill aufgestaut. Dieser Staudamm ist nun zerstört. Und das wurde offenbar mutwillig gemacht. Mit einem Traktor wurde das Gehölz aus der Wadrill gezogen.
Kein Kavaliersdelikt


"So etwas ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Umweltfrevel. Denn beim Biber ist es so, dass nicht nur das Tier selbst geschützt ist, sondern auch seine Zuflucht und Ruhestätten", sagt Manfred Weishaar, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) in der Region Trier. Deshalb wurde auch die Kreisverwaltung, die die Untere Naturschutzbehörde ist, in dieser Sache eingeschaltet. "Nach einem Hinweis ist ein Mitarbeiter rausgefahren und hat zufällig vor Ort Leute angetroffen, die am Staudamm am Werk waren", sagt Kreis-Pressesprecher Thomas Müller. Nähere Auskünfte zu den Verantwortlichen macht er nicht. Nach TV-Informationen soll es sich aber um Männer im Rentneralter aus Reinsfeld handeln.
Dass die aktive Umgestaltung der Landschaft durch den Biber Konfliktstoff in sich birgt, ist ein bekanntes Problem. Es tritt zum Beispiel in Bayern auf, wo es eine große Population gibt. Der Konflikt zwischen Mensch und Biber besteht darin, dass das Tier beispielsweise wertvolle Obstbäume fällt oder landwirtschaftlich genutzte Flächen unter Wasser setzt, was Waldbesitzer und Bauern ärgert. Ob dies auch das Motiv beim Reinsfelder Vorfall war, kann nur gemutmaßt werden.
Staatsanwaltschaft prüft

 Ein bisher einmaliger Schnappschuss eines Hobbyfotografen: So sieht der Reinsfelder Biber aus. Foto: privat

Ein bisher einmaliger Schnappschuss eines Hobbyfotografen: So sieht der Reinsfelder Biber aus. Foto: privat


Fakt ist jedoch, dass der Kreis die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen will. Weil möglicherweise ein - so die Juristensprache - "Eingriff in den Lebensraum einer geschützten Art" vorliegt, wird der Kreis nach Aussage von Müller den Vorfall zur Prüfung an die Trierer Staatsanwaltschaft weitergegeben.
Der Leitende Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer hält sich mit einer Bewertung zwar zurück, da seiner Behörde bisher noch keine Anzeige vorliegt. Wenn jedoch eine Straftat in Betracht kommt, sei Paragraf 71 des Bundesnaturschutzgesetzes "einschlägig". Darin reicht das Strafmaß von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren.

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