Wenn Archäologen im Grafenwald graben

HERMESKEIL. Sind es die Überreste eines römischen Heerlagers oder handelt es sich um die Relikte eines vorgeschichtlichen Herrensitzes der Kelten? Eine mysteriöse Schanzanlage im Hermeskeiler Grafenwald gibt den Forschern derzeit einige Rätsel auf.

Seit drei Wochen graben die saarländischen Archäologen der "Terrex GmbH" (siehe Extra) in Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Landesmuseum Trier in unmittelbarer Nähe des Hermeskeiler Waldstadions in unserer Vergangenheit. Dass sich auf dem höchsten Punkt von Hermeskeil ein mysteriöser Erdwall befindet, ist zwar schon seit vielen Jahrzehnten bekannt. So ist er bereits in Plänen von 1920 eingezeichnet, und auch altüberlieferte Gemarkungsnamen wie "Zum Ringgraben" leiten sich von ihm ab. Doch ist dieser Wall von Menschenhand aufgeschüttet worden? Das war bislang völlig unklar. Zumindest diese Frage kann Thomas Fritsch jetzt zweifelsfrei beantworten. "Diese Befestigungsanlage wurde von Menschen gebaut", bestätigt der Leiter des Archäologie-Projekts. Das ist das Ergebnis der ersten Sondierungsgrabungen im Grafenwald. Zwei kleinere Flächen haben die Forscher für ihre Felduntersuchungen auf dem 430 mal 360 Meter großen Terrain freigelegt. Zum einen haben sie direkt am Erdwall einen 1,80 Meter tiefen Spitzgraben ausgehoben, zum anderen haben die Archäologen im inneren Siedlungsbereich der Anlage gesucht. Gefunden haben sie dabei vorgeschichtliche Scherben, die laut Fritsch andeuten, dass es sich "teils um spätes keltisches, teils um römisches Material handeln könnte". Wann die Anlage bewohnt wurde, ist aber wissenschaftlich noch längst nicht gesichert. "Bebauungsfunde würden uns bei der Datierung sehr helfen. Bei der Größe der Anlage ist das aber die Suche nach der Nadel im Heuhaufen", betont Fritsch. Im gegenwärtigen Stadium der Forschungen sind er und sein Team deshalb darauf angewiesen, Theorien über den möglichen Verwendungszweck der Anlage zu entwickeln, die noch zu beweisen wären. Theorie eins: "Möglicherweise haben die Römer den feindlichen Treverern ein Militärlager vor die Nase gesetzt, um sie zu überwachen", vermutet Fritsch. Dieser keltische Stamm siedelte nämlich bis nachweislich 53 vor Christus auf dem nur vier Kilometer entfernten "Hunnenring" bei Otzenhausen. Was für diese Annahme sprechen würde, ist laut Fritsch die strategisch günstige Lage direkt an einer antiken Straße.Wohnsitz eines keltischen Adligen

"An dieser Stelle war ein verkehrstechnischer Knotenpunkt", ist sich der Forscher aus Nonnweiler sicher. Sollte sich diese Theorie bewahrheiten, dann wäre Hermeskeil ein bedeutender Militärstützpunkt gewesen. Denn die Größendimensionen dieses Lagers wären laut Fritsch im Vergleich zu anderen römischen Anlagen im "oberen Bereich" anzusiedeln. Eines gibt dem Experten jedoch zu denken: Die Schanzanlage sei nicht ganz rechteckig. Das widerspreche jedoch den Gepflogenheiten der Römer, die ihre Lager immer streng geometrisch angelegt hätten. Deshalb stellt Fritsch eine zweite Theorie auf: Eventuell, so der Forscher, war der "Grafenwald" vor mehr als 2000 Jahren der Wohnsitz eines keltischen Adligen, der sein Gehöft mit einem Erdwall vor Angriffen von Menschen und wilden Tieren gesichert hatte. "Diese beiden Möglichkeiten sollten wir ausloten und der Frage gemeinsam auf den Grund gehen", hofft Fritsch darauf, dass er nach der ersten Sondierung des Terrains noch größere Flächen untersuchen kann und das Projekt auch von Hermeskeiler Seite finanziell unterstützt wird. Denn dass sich trotz vieler offener Fragen das Weitergraben lohnt, das steht für den Archäologen ganz unzweifelhaft fest. Fritschs Fazit: "Es handelt sich bei dieser Anlage um ein absolut wichtiges historisches Dokument und zeigt die Bedeutung der Gegend rund um Hermeskeil in keltisch-römischer Zeit."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort