Windkraft-Streit: Reinsfelder rebellieren

Reinsfeld · Die Reinsfelder Ratsmitglieder sind es leid, dass es mit ihren Plänen seit Jahren nicht vorangeht. Sie machen vor allem die Kreisverwaltung Trier-Saarburg dafür verantwortlich und greifen nun zu einem radikalen Mittel.

Reinsfeld Es war keine alltägliche Entscheidung, die der Gemeinderat in Reinsfeld am Mittwochabend getroffen hat. Man wolle "ein Signal" an die Kreisverwaltung Trier-Saarburg senden, sagte Ortsbürgermeister Rainer Spies (SPD). Und das besteht darin, dass in diesem Jahr kein Geld aus Reinsfeld in die Kreiskasse fließen soll. Der Rat hat mehrheitlich einen Sperrvermerk im Haushalt beschlossen. Die Umlage, die jede Ortsgemeinde an den Kreis abgibt, wollen die Reinsfelder erst wieder zahlen, wenn ihnen Windräder genehmigt werden.

Die Hintergründe Die Ortsgemeinde bemüht sich seit Jahren, mit privaten Investoren den Windpark Hochwald zu errichten. Dominik Eichert, Projektleiter bei der Firma Gaia, fasste den Verlauf der Planungen zusammen. 2012 habe man den Pachtvertrag mit der Gemeinde geschlossen. Statt anfangs 25 seien inzwischen noch zwölf Anlagen geplant. Es habe zahlreiche Untersuchungen gegeben.
Die untere Naturschutzbehörde beim Kreis habe immer wieder Gutachten nachgefordert, insbesondere zur Mopsfledermaus. Für deren Wochenstube bei Kell am See gab es laut Eichert "nie einen offiziellen Nachweis". Die Kosten für die Projektentwickler seien "weit über das übliche Maß gestiegen". Man sei nicht mehr bereit, weitere Untersuchungen zu beauftragen. "Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr eine Genehmigung erhalten", sagte Eichert. Bedingung dafür sei ein rechtskräftiger Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil, der sich ebenfalls verzögere.

Die Begründung Ortschef Spies verlas eine Begründung zum Ratsbeschluss. Die Haushaltsdefizite der Gemeinden stiegen, hieß es darin. Die Kommunalaufsicht "zwinge" die Gemeinden, "ihre Einnahmequellen auszuschöpfen". Andererseits "verzögere" und "verhindere" dieselbe Behörde neue Quellen wie die Windkraft. Seit vier Jahren plane die Ortsgemeinde jährliche Einnahmen ein, die ihr fehlten.
Zugleich solle man 735 000 Euro Umlage an den Kreis abführen, 38 000 Euro mehr als 2016. Die VG bezahle einen Rechtsbeistand dafür, bei der Windkraftplanung ihre Interessen gegenüber dem Kreis zu vertreten. Dabei sei dieser "verpflichtet, sich für die Belange der Kommunen einzusetzen". Der Kreis habe sich jahrelang in "Untätigkeit geübt", stattdessen aber "scheibchenweise unzählige Gutachten" zu Landschaftsbild und Artenschutz gefordert.
Der VG seien dadurch Kosten in Höhe von "rund 500 000 Euro" entstanden. Und der Flächennutzungsplan sei noch nicht beschlossen, weil ein Bescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord fehle (der TV berichtete mehrfach). Die Schuld an den Verzögerungen schöben sich die Landesbehörde und der Kreis "gegenseitig" zu. Mit diesem "Tun durch Unterlassen" müsse Schluss sein. "Wir setzen jetzt ein Zeichen, damit endlich Bewegung in die Sache kommt."

Stimmen der Fraktionen Andreas Weist (CDU) stimmte als Einziger gegen die Sperre. "Ihr sucht jemanden, dem ihr den Schwarzen Peter zuschieben könnt", erklärte er. Die Kreisverwaltung halte sich nur an Vorgaben des Landes. Paul Port (Offene Wählerliste, OWL) betonte, der Kreis habe zwischen 2012 und 2016 das Verfahren "blockiert". Damals habe es noch eine "andere Rechtslage" gegeben. Nur die aktuellen Verzögerungen seien auf neue Landesvorgaben zurückzuführen. "Ich kann als stinknormaler Bürger nicht nachvollziehen, warum in anderen Kreisen ringsherum längst Räder genehmigt sind - und bei uns tut sich nichts", ergänzte Eugen Spies (SPD).

Wie geht es weiter? Aus Sicht der VG-Verwaltung ist der Reinsfelder Beschluss "rechtswidrig", sagt Büroleiter Werner Haubrich. Der Kreis habe laut Landesfinanzausgleichsgesetz die Pflicht, eine Umlage zu erheben. Ebenso seien die Gemeinden verpflichtet, diese zu zahlen. Dafür übernehme der Kreis Aufgaben wie die Unterhaltung von Schulen und Straßen. Laut Gemeindeordnung müsse der Ortsbürgermeister einen rechtswidrigen Beschluss aussetzen. Dies könne auch der Verbandsbürgermeister tun.

Das sagt der Kreis Die Kreisverwaltung erklärt, für die Erhebung der Kreisumlage und die Genehmigung von Windrädern gebe es rechtliche Vorgaben. "Eine Verknüpfung beider Angelegenheiten ist völlig unangebracht und rechtlich nicht zulässig", teilt Kreissprecherin Martina Bosch mit. Die Kommunalaufsicht halte "selbstverständlich" alle Ortsgemeinden dazu an, "wirtschaftlich zu agieren". Sie habe aber auch mehrfach darauf hingewiesen, "nicht mit Einnahmen zu planen, deren Realisierung noch nicht gesichert ist". Mit der Umlage finanziere der Kreis Infrastruktur, Jugendhilfe und Personal der Kindergärten. Für Letzteres seien 2016 rund 820 000 Euro nach Reinsfeld geflossen.
Wird der Beschluss ausgesetzt, geht die Sache zurück in den Rat. Bleibt dieser bei seiner Haltung, muss sich die Kreisverwaltung selbst als zuständige Aufsichtsbehörde damit befassen. Gegen deren Entscheidung kann die Ortsgemeinde vor dem Verwaltungsgericht klagen.KommentarMeinung

Mehr Symbol als Druckmittel
Die Reinsfelder sind frustriert, weil ihre Windkraftplanung auf der Stelle tritt. Das ist verständlich. Die Kreisverwaltung soll der Hauptschuldige für die Verzögerung sein. Mit dem Beschluss, dem Kreis die Umlage vorzuenthalten, wollen die Reinsfelder Bewegung in die Sache bringen. Dafür haben sie aber das falsche Mittel gewählt. Die Kreisverwaltung als untere Naturschutzbehörde setzt beim Thema Windkraft Vorschriften um, vieles davon gibt das Land vor. Wer will als Laie beurteilen, was davon berechtigte Forderungen sind und was nicht? Aktuell liegt der Ball gar nicht beim Kreis, sondern bei einer Landesbehörde. Die lässt sich seit Monaten Zeit mit der Entscheidung, ob die VG Hermeskeil ihre Flächennutzungsplanung fortsetzen kann. Viel schwerwiegender ist aber: Das Windkraft-Dilemma mit der Kreisumlage zu verquicken, ist rechtlich gar nicht zu halten. Das Votum ist wohl mehr Symbol der Unzufriedenheit als wirksames Druckmittel. c.weber@volksfreund.deExtra: RUND EINE MILLION EURO WIRD INVESTIERT


Der Reinsfelder Haushalt für 2017 inklusive Sperre der Kreisumlage wurde einstimmig beschlossen. Laut Ortsbürgermeister Rainer Spies (SPD) liegen die geplanten Ausgaben "über der Drei-Millionen-Marke". Am Jahresende wird ein Defizit von 130 000 Euro stehen. Die Schulden wachsen auf 3,3 Millionen Euro an. Zwar werde sich die Situation 2018 wieder bessern. Aber laut Spies braucht die Gemeinde "dringend zusätzliche Einnahmen". Investiert wird rund eine Million Euro (TV vom 25. März), unter anderem in den Ausbau von Kapellen- und Kaulenstraße, Arbeiten am Baugebiet Flachsheide und neue Brücken im Dorfpark. Die "gute Entwicklung des Ortsbilds" setze sich weiter fort, lobte Klaus Wahlen (CDU). Die finanzielle Lage bleibe "angespannt". Paul Port (OWL) begrüßte den geplanten barrierefreien Zugang zum Bürgerhaus. Er kritisierte allerdings, dass ein entsprechender Antrag seiner Fraktion "vor Jahren" als "zu teuer" abgelehnt worden war.

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