Höhen und Tiefen einer Amtszeit

Mehr als 20 Jahre lang hat Roger Graef die Geschicke des Eifelkreises geleitet. Heute nimmt Graef im Haus Beda offiziell Abschied - von Menschen, die ihn in seiner Amtszeit begleitet haben. Eine lange Zeit, auf die er im TV-Interview mit gemischten Gefühlen zurückblickt.

 Ein nachdenklicher Landrat Roger Graef blickt zurück – 21 Jahre lang stand er an der Spitze des Eifelkreises. Foto: Patrick Wiermer

Ein nachdenklicher Landrat Roger Graef blickt zurück – 21 Jahre lang stand er an der Spitze des Eifelkreises. Foto: Patrick Wiermer

Bitburg. Auch, wenn er offiziell noch bis Mitte Dezember Landrat ist - heute, Samstag, nimmt Roger Graef im Haus Beda offiziell Abschied - von Menschen, die ihn in seiner langen Amtszeit begleitet haben. Unsere Redakteurin Katharina Hammermann hat mit ihm über die Höhen und Tiefen seines Landratsdaseins gesprochen, über errungene Erfolge und schmerzhafte Entscheidungen.

Herr Graef, seit 21 Jahren sind Sie Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm. Mit welchen Gefühlen scheiden Sie aus Ihrem Amt?

Landrat Roger Graef: Mit gemischten Gefühlen natürlich. Auf der einen Seite kann ich nicht mehr gestalten, und das ist ja der Reiz des Amtes. Auf der anderen Seite weiß ich auch: Ich bin ein Stück älter geworden.

Stellen wir uns vor, es erschiene ein Geschichtsbuch des Eifelkreises. Welche Worte würden Sie dort gerne über die Ära Graef lesen?

Graef: Er hat sich bemüht, die Region voranzubringen, nach Möglichkeit keine Schulden zu machen und die Leute miteinander zu vernetzen - in der Eifel, in der Region Trier und auch mit den Nachbarn aus Belgien und Luxemburg.

Und welche Kapitel würden Sie lieber streichen?

Graef: Naja, ich möchte zwei nennen: Das erste ist, dass die Zweckbetriebe beim Naturpark eingestellt werden mussten. Da haben viele Mitarbeiter, insbesondere behinderte Mitarbeiter, ihre Arbeit verloren. Das hat sehr wehgetan. Der zweite Punkt ist die gescheiterte Fusion mit der Sparkasse Trier.

Was werten Sie selbst als Ihren größten Erfolg?

Graef: Vielleicht die Bewältigung der Konversionsproblematik am Flugplatz und dass der Kreis unter schwierigen Bedingungen finanziell gut dasteht.

Auf was noch sind Sie stolz?

Graef: Ich bin froh, dass die Kreisstraßen anders als zu Beginn meiner Amtszeit heute nicht mehr das drängende Problem sind. Ich bin dankbar, dass es gelungen ist, die Zukunftsinitiative Eifel ins Leben zu rufen und damit auch die Regionalmarke Eifel sowie die Eifel Tourismus GmbH - und wer weiß, wie hoch die Kirchtürme im Tourismus sind, der kann ermessen, was uns da gelungen ist! Es gibt natürlich auch das ein oder andere, das nicht geklappt hat. Im politischen Leben muss man handeln, man kann sich nicht verstecken. Man muss den Mut haben, voranzugehen, auch, wenn der Gegenwind einem ins Gesicht bläst.

Wann war der Gegenwind besonders stark?

Graef: Am Beginn meiner Amtszeit, als ich eine Sparrunde nach der anderen gedreht habe und die eigene Fraktion mir gesagt hat: ,Herr Landrat, wir machen nicht mehr mit.' In der Re-trospektive glaube ich, es war richtig so, denn nur so stehen wir heute nach 21 Jahren ohne zusätzliche Schulden da.

Mit welchen Worten würden Sie sich selbst charakterisieren?

Graef: Wenn es sein muss, gehe ich keinem Konflikt aus dem Weg. Ich kämpfe für das, wovon ich überzeugt bin. Ich kämpfe aber nicht hintenrum, sondern in offener Feldschlacht.

Was sind denn Ihre privaten Leidenschaften?

Graef: Da würde ich nicht von Leidenschaften sprechen. In der Politik habe ich mich immer leidenschaftlich eingemischt. Privat bin ich eher ruhig.

Aber ich glaube, wenn Sie richtig sauer sind, wäre ich lieber nicht in Ihrer Nähe. Nach welchen Ereignissen hätte ich am besten einen Bogen um Sie gemacht?

Graef: Das Thema ist mir schon klar: Die Fusionsgeschichte. Die ich aber jetzt nicht mehr aufwärmen will. Da muss Ruhe in die Häuser, die daran beteiligt waren, und ich will auch keine alten Wunden aufreißen. Das Kapitel ist erledigt.

Als Landrat haben Sie sehr viele Hände geschüttelt. Welche zwischenmenschliche Begegnung hat Sie besonders berührt?

Graef: Das für mich emotionalste Erlebnis war die Schließung der Zweckbetriebe. Wenn sie kurz vor Weihnachten als Verantwortlicher über 60 größtenteils behinderten Mitarbeitern in die Augen schauen und ihnen sagen müssen: Wir schließen, Sie haben bei uns keine Zukunft mehr - das war für mich die schwierigste Begegnung in meiner Amtszeit.

Hinter Ihrem Namen standen früh die Buchstaben CDU. Doch in der wichtigen Flugplatz-Frage haben Sie sich gegen Ihre Partei gestellt. Welche Rolle spielte Ihr Zerwürfnis mit Michael Billen?

Graef: Ich würde das nicht damit in Verbindung bringen. Ich bin überzeugtes CDU-Mitglied, aber ich akzeptiere keinen Fraktionszwang. Wenn meine persönliche Meinung mit der der Fraktionsmehrheit nicht übereinstimmt, so sage ich sie trotzdem, weil das für mich auch eine Gewissensfrage ist.

Ich habe mich bemüht, den Flugplatz so weit zu bringen, wie er war, bis ich das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden abgegeben habe. Da steckt auch für mich viel Herzblut drin. Nur wenn ich glaube, erkennen zu müssen, dass wir keine Chance haben, dann sage ich das so - auch, wenn das in der Fraktion nicht verstanden wird. Ich freue mich über die aktuelle Entwicklung - wenn sie denn Bestand hat. Sage aber auch: Es ist jetzt Aufgabe des Kreistags, die Spielregeln des Flugplatzes festzulegen.

In Ihrer Antrittsrede am 3. Mai 1989 haben Sie betont, dass Sie als Landrat für alle da sein wollen. Dass erinnert an das Motto "Alle kommen mit" Ihres Nachfolgers Joachim Streit. Wo denken Sie, wird der große Unterschied zwischen Ihnen liegen?

Graef: In ein paar Jahren werden die Bürger das selbst wissen und beurteilen. Wir sind vom Charakter her anders. Aber das ist ja auch gut so. Das bringt frischen Wind. Alles Weitere zeigt die Zukunft.

Womit wird Joachim Streit in Zukunft zu kämpfen haben?

Graef: Er wird zu kämpfen haben mit den Finanzen. Er wird ganz entscheidend zu kämpfen haben mit der demografischen Entwicklung, der Überalterung der Gesellschaft und mit den Fragen der Infrastruktur in unserem Flächenkreis. Weil wir nicht mehr genug Arbeitskräfte haben in Deutschland, werden die Me-tropolen sie wie ein Schwamm aufnehmen. Wenn es uns nicht gelingt, dagegenzuhalten, dann geben wir unsere Region, die Eifel, auf - und das darf nicht sein.

Welche Pläne haben Sie für die Zeit, die nun auf Sie zukommt?

Graef: Natürlich das zu tun, was ich bisher nicht tun konnte. Ich habe ja mal ein Jahr Geschichte studiert. Viele meiner Geschichtsbücher sind noch ungelesen Ich werde auch das ein oder andere noch tun wollen, aber nicht im Kreis. Ich werde alle meine Ämter abgeben und keine neuen übernehmen. Meine Zeit hier im Eifelkreis ist vorbei, und dabei soll es bleiben. Extra Roger Graef ist durch und durch ein Eifeler - auch, wenn er nicht aus dieser Region der Eifel stammt. Am 2. August 1943 wurde er in Ahrweiler geboren. Sein Abitur legte er 1964 am Max-Planck-Gymnasium in Trier ab. Dann war er zwei Jahre lang Bundeswehr-Soldat. Anschließend entschied er sich für einen wichtigen Schritt Richtung Verwaltungskarriere: Er studierte Jura. Sein Staatsexamen legte er an der Uni Bonn ab, um anschließend in den höheren Dienst bei der Kreisverwaltung Daun einzutreten. Von dort wechselte er zum Kultusministerium des Landes. Die nächste Station war der Landkreistag. 1989 kehrte er in die Eifel zurück: Graef wurde zum dritten Landrat des 1970 gegründeten Kreises Bitburg-Prüm bestellt. 1991 wurde er vom Kreistag gewählt. Nach der Änderung des Wahlrechts stellte er sich 2001 der Urwahl und wurde mit 56 Prozent der Stimmen bestätigt. Seine Amtszeit endet am 15. Dezember. (lars/kah)

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