Pandemie Hoffen auf ein Stück mehr Normalität

Seit einem Jahr hält Corona die Welt in Atem. Auch in der Region stellt das Virus die Verantwortlichen vor Herausforderungen. Rückblickend betrachtet zeigt sich aber, dass hier bei uns vieles richtig gemacht wurde. Und auch der Blick nach vorne macht Hoffnung, dass die Region gut durch die Pandemie kommt.

 Finden wir den Weg aus der Pandemie? Mit dem Beginn der Impfungen besteht zumindest die Hoffnung, dass das Virus nicht mehr so unser Leben bestimmen wird.

Finden wir den Weg aus der Pandemie? Mit dem Beginn der Impfungen besteht zumindest die Hoffnung, dass das Virus nicht mehr so unser Leben bestimmen wird.

Foto: Getty Images/iStockphoto/RomoloTavani

„Die übertriebene Angst vor dem unbekannten Virus“. So lautete Anfang Februar die Überschrift über einem Artikel in dieser Zeitung, in dem es um die Sorge ging, dass chinesische Touristen in Trier ausbleiben könnten und ob diese eventuell angefeindet werden, aus Angst, sie könnten Corona einschleppen. Corona. Das war zu dieser Zeit noch weit entfernt. In China breitete sich das für die meisten Deutschen noch unbekannte Virus aus. Ganze Städte und Landstriche wurden abgeriegelt, Geschäfte, Büros, Fabriken geschlossen. So etwas schien damals für Deutschland unvorstellbar. Das Wort Lockdown war noch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch. Auch Ausgangssperren schienen Anfang des Jahres etwas, was es nur weit weg von Deutschland geben kann.

Dass das Virus hierzulande einmal zur Gefahr werden könnte – unvorstellbar. Zwar kam mit dem Ausfliegen von über 100 Deutschen, darunter auch eine Studentin der Uni Trier, Anfang Februar aus China und deren Zwangsquarantäne in einer Bundeswehrkaserne im pfälzischen Germersheim die Sorge vor Corona näher, aber wirklich bedrohlich schien die Lage damals nicht.

Unvorstellbar zu dieser Zeit auch, dass die Gesundheitsämter in der Region mal an Ihre Belastungsgrenze kommen könnten. Man sei gut vorbereitet, hieß es seitens der Behörden. Der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz hielt es im Mai noch für nahezu unmöglich, dass die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz in der Region irgendwann mal über 50 Corona-Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner steigen werde. Auf diese Grenze hatten sich Bund und Länder im Frühjahr geeinigt, um zu verhindern, dass die Gesundheitsämter nicht mehr in der Lage sein könnten, die Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen und damit die Verbreitung des Virus einzudämmen. Momentan liegt die Inzidenz in der Region zum Teil über 100.

Hinter den Kulissen bereiten sich die hiesigen Kliniken, Landkreise und die Stadt Trier seit Januar auf den ersten Corona-Fall vor. Ende Februar gab es dann die ersten Verdachtsfälle, zunächst in Trier. Obwohl es zu dem Zeitpunkt noch keine einzige nachgewiesene Corona-Infektion in der Region gegeben hatte, reagierte der Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm, Joachim Streit, Anfang März bereits – wie manche meinten, etwas übertrieben. Er sagte vorsorglich Veranstaltungen, wie etwa den Beda-Markt. Der Eifelkreis errichtete in Bitburg eine sogenannte Sichtungsstelle, wo sich Menschen auf Corona testen lassen können. Auch in Wittlich oder in Trier wurden sogenannte Fieberambulanzen errichtet, in Trier wurde sogar eine Drive-In-Teststation in der Tiefgarage eines Labors errichtet.

Am 7. März meldete der Eifelkreis dann den ersten Corona-Fall in der Region. Kurz darauf dann auch das Trierer Gesundheitsamt. Das Virus war in der Region angekommen und es ist bis heute nicht mehr verschwunden. Unmittelbar danach kam es dann zum Lockdown, in Deutschland, in Luxemburg und fast allen europäischen Nachbarländern. Das gesamte öffentliche Leben in Deutschland wurde runtergefahren, Menschen durften sich nur noch sehr beschränkt mit anderen treffen. Stay at home – bleib zu Hause wurde das Motto für Ostern. Alle Geschäfte (außer Lebensmittel- und Baumärkte), Restaurants, Hotels, Kinos, Theater, Fitnessstudios mussten für Wochen dichtmachen. Selbst Spielplätze durften nicht mehr benutzt werden. Reisen waren verboten, der Flugverkehr auch in Luxemburg und auf dem Hahn kam bis kurz vor den Sommerferien fast völlig zum Erliegen. Am 16. März schlossen Schulen und Kitas, bis zu den Sommerferien gab es keinen geregelten Unterricht mehr. Homeschooling (Unterricht zu Hause) war angesagt. Doch schon nach wenigen Wochen stellte sich heraus, dass der Fernunterricht an fehlender Digitalausstattung der Schulen scheiterte. Zu Homeschooling gesellte sich in vielen Haushalten auch Homeoffice, statt im Büro zu arbeiten verlegten viele Beschäftigte ihren Arbeitsplatz an den heimischen Küchentisch. Einige Eltern kamen durch die ungewohnte Doppelbelastung an ihre Grenzen.

Dominik Hoffmann aus Prüm war einer der ersten aus der Region, der seine Infektion öffentlich gemacht hatte. Er gehörte zu einer Reisegruppe aus der Eifel, die im März in den österreichischen Skiort Ischgl gefahren war. Ischgl galt im Frühjahr als der Corona-Hotspot Europas. Auch in der Region gingen viele der ersten Infektionen auf einen Skiurlaub und Partys in den Aprés-Ski-Bars zurück. Das Virus konnte sich von Ischgl aus unbemerkt weiter verbreiten. Auch Hoffmann infizierte sich dort während seines viertägigen Aufenthaltes. Zuhause hat er sich dann testen lassen, das Ergebnis: positiv. Rasch hatte er dann die ersten Symptome bei sich festgestellt: Husten, Gliederschmerzen von der Hüfte aufwärts, Durchfall. Fieber habe er keins gehabt. Dafür habe er aber nachts stark geschwitzt, sagte er. „Es ist nicht schlimmer, aber schon anders als bei einer Erkältung oder einer Grippe.“ Er muss auch einige Zeit ins Krankenhaus weil er schlecht atmen kann. Noch immer leidet er unter den Folgen der Infektion. Er habe weiterhin Probleme mit der Lunge und auch mit seinem Geruchssinn, sagte er kürzlich.

 Obwohl die Zahl der positiv auf Corona Getesteten in der Region und auch in Rheinland-Pfalz im Frühjahr im Vergleich zu derzeit noch sehr niedrig war, stieg in den ersten Tagen des Monats die Anspannung bei den Gesundheitsämtern und auch bei der Landesregierung. In Trier reagierte man schnell auf die Entwicklung und es kam zu einer bis dahin nicht denkbaren Kooperation: Das Brüderkrankenhaus und das Mutterhaus gründeten das Corona-Gemeinschaftskrankenhaus. Innerhalb kürzester Zeit wurde im Mutterhaus Nord eine Station für die Behandlung von Covid-Patienten hergerichtet, leerstehende Operationssäle werden zu Intensivzimmern umgebaut. Personal aus beiden Häusern betreut und behandelt seitdem dort Corona-Patienten. Jörg Engel, der die pflegerische Gesamtleitung der Intensivstationen im Brüderkrankenhaus hat, ist heute noch begeistert von der „enormen Einsatzbereitschaft“ seiner Kollegen. Innerhalb kürzester Zeit sei nicht nur nur eine komplett neue Station aus dem Boden gestampft worden, sondern auch ein neues Team, das aus Mitarbeitern aus zwei verschiedenen Häusern bestehe. Engel lobt die „gelebte Solidarität“ und „die tolle Stimmung, das tolle Klima“. Und das trotz der „riesigen Herausforderung“, die die Behandlung, der schwer an Covid Erkrankten für die Pfleger, die Ärzte mit sich bringe. Die Arbeit dort sei nicht nur eine körperliche sondern auch psychische Belastung, vor allem wegen der hohen Sterblichkeit der dort behandelten Patienten. Vier von zehn der Covid-Erkrankten im Krankenhaus würden sterben. „Damit muss man umgehen können“, sagt Engel. Während im Frühjahr und im Sommer die Lage in dem Gemeinschaftskrankenhaus eher entspannt war, ist sie seit einigen Wochen angespannt. Es werden derzeit deutlich mehr Patienten dort behandelt.

Was in der Region im Frühjahr fast noch mehr aufwühlte, als Lockdown und die langsam steigende Zahl an Corona-Fällen war die einseitig vom deutschen Innenminister Horst Seehofer im März verhängte Schließung der Grenzen zu den meisten Nachbarländern. Auch von Luxemburg aus war wochenlang die Einreise nur aus triftigen Gründen erlaubt. Bundespolizisten kontrollierten schwer bewaffnet, jeden, der über die Grenze wollte. Weil nicht genügend Personal für die Kontrollen vorhanden war, wurden einige Grenzübergänge geschlossen. Pendler mussten zum Teil große Umwege in Kauf nehmen, bei der Heimfahrt standen sie in kilometerlangen Staus. Der Protest aus Luxemburg, vor allem von Außenminister Jean Asselborn, aber auch von hiesigen Politikern gegen die Grenzschließung war laut, aber erfolglos. Erst Mitte Mai wurde dann das Ende der Grenzkontrollen symbolisch mit einem Treffen von Asselborn mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas auf der Moselbrücke zwischen dem saarländischen Perl und dem luxemburgischen Schengen gefeiert. Doch das luxemburgisch-deutsche Verhältnis blieb weiterhin angespannt. Die Angst vor neuerlichen Grenzschließungen blieb bestehen.

Während das Leben im Sommer und zu Beginn des Herbstes vergleichsweise entspannt war und ein Stück weit Normalität herrschte – Restaurants, Kneipen, Biergärten waren geöffnet, es gab Freiluftkonzerte in kleinem Rahmen, Museen und Theater durften wieder besucht werden – und die Zahl der Corona-Fälle in der Region deutlich zurückgegangen war, trat die sogenannte zweite Welle ziemlich unvermittelt auf. Zunächst stiegen die Zahlen in der Eifel, nachdem sich im Oktober Gäste verschiedener Partys infiziert hatten und sich das Virus dadurch zunächst ungebremst weiter verbreiten konnte. In den folgenden Wochen meldeten dann auch die anderen Landkreise und auch die Stadt Trier stetig steigende Zahlen. Im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands war die hiesige Lage aber bis vor ein paar Wochen vergleichsweise entspannt. Ende Oktober beschlossen Bund und Länder dann erneut die Handbremse etwas anzuziehen. Sie einigten sich auf einen sogenannten Wellenbrecher. Mit der erneuten, zunächst auf einen Monat befristeten Schließung der Gastronomie, der Kinos, Museen, Theater und anderer Freizeitbereiche sollte der Anstieg der Neuinfektionen gebremst werden. Als der erhoffte Erfolg ausblieb, wurde der Teillockdown zunächst bis Weihnachten, dann bis Januar verlängert bevor Deutschland Mitte Dezember erneut in den harten Lockdown ging, dessen Ende derzeit noch lange nicht absehbar ist. Die Lage in der Region ist wie in ganz Deutschland mehr als angespannt. Vor allem Pflegeheime haben sich zu gefährlichen Hotspots entwickelt.

08.12.2020, Großbritannien, Newcastle: Medizinisches Personal bereitet im Royal Victoria Infirmary Hospital eine Spritze mit dem Pfizer/Biontech-Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus vor. In Großbritannien rollt die größte Impfkampagne in der Geschichte des Landes an. Bewohner von Pflegeheimen, medizinisches Personal, alte und gesundheitlich gefährdete Menschen sollen als erste geimpft werden. Foto: Owen Humphreys/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

08.12.2020, Großbritannien, Newcastle: Medizinisches Personal bereitet im Royal Victoria Infirmary Hospital eine Spritze mit dem Pfizer/Biontech-Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus vor. In Großbritannien rollt die größte Impfkampagne in der Geschichte des Landes an. Bewohner von Pflegeheimen, medizinisches Personal, alte und gesundheitlich gefährdete Menschen sollen als erste geimpft werden. Foto: Owen Humphreys/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Owen Humphreys
Die Maske schützt, aber sie sorgt auch für körperliche Distanz. Und das macht vielen Menschen zunehmend Probleme. 

Die Maske schützt, aber sie sorgt auch für körperliche Distanz. Und das macht vielen Menschen zunehmend Probleme. 

Foto: Getty Images/iStockphoto/tolgart

Die am 21. Dezember von der Europäischen Arzneimittelagentur erteilte Zulassung für einen ersten Corona-Impfstoff ist daher so etwas wie das Licht am Ende eines Tunnels. In der Region hat man sich auf die Impfungen vorbereitet. Gestern  wurden in einem Pflegeheim in der Vulkaneifel die ersten Bewohner geimpft. Im Januar soll es dann in den vier Impfzentren in Trier, Bitburg, Wittlich und Hillesheim losgehen. Die Zentren wurden im Eiltempo errichtet und sind seit zwei Wochen startklar. Die Hoffnungen ruhen nun darauf, dass sich im Laufe des kommenden Jahres  möglichst viele Menschen impfen lassen. Eine Hoffnung, die auch Intensivpfleger Jörg Engel hat. Sein Wunsch für 2021: „Corona soll nicht mehr die Vormachtstellung haben, wie in diesem Jahr. Und hoffentlich kehrt bald wieder ein Stück mehr Normalität in unseren Alltag zurück.“

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