Die Linde bleibt und wird geschnitten

Heinzerath · Die Heinzerather Linde, von der ein sechs Meter langer Ast abgefallen war, soll laut Gutachten lediglich zurückgeschnitten, nicht gefällt werden. Laut des Baumspezialist Karl-Josef Prüm gehört die Linde zu den sichersten Baumarten überhaupt.

 Rückschnitt empfohlen: Die Linde vor der Heinzerather Kirche St. Peter und Paul. TV-Foto: Klaus Kimmling

Rückschnitt empfohlen: Die Linde vor der Heinzerather Kirche St. Peter und Paul. TV-Foto: Klaus Kimmling

Heinzerath. Ende Juli war es in Heinzerath zu einem eigentlich unbedeutenden Zwischenfall gekommen, der dennoch Unruhe ausgelöst hat. Eine der beiden riesigen Linden vor der Kirche im Ort hat einen sechs Meter langen und 22 Zentimeter dicken Ast verloren.
Der Ast war nachts auf den menschenleeren Weg vor dem Gotteshaus gestürzt. Verletzt wurde folglich niemand. Am nächsten Tag sperrten Anwohner den Weg ab und forderten, dass etwas geschehe.
Pastor Markus Weilhammer, Betreuer der Pfarreiengemeinschaft Monzelfeld, zu der auch Heinzerath gehört, hat sich auch umgehend gekümmert. Doch die Sache ist nicht so einfach. Denn die 350 Jahre alte Linde ist ein Naturdenkmal. Sie darf nur nach vorheriger Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde verändert werden.
Weilhammer ließ den Baum zurückschneiden und gab ein Gutachten in Auftrag. Der Pastor klagt: "Das hat mich zweieinhalb Tage gekostet. Ich mache so was nicht alle Tage und musste mich erst einmal kundig machen."
Doch das war nicht alles. Sensibilisiert durch den tödlichen Unfall mit einer umgefallenen Kastanie in Trier Ende 2012 und aufgeschreckt durch die Berichterstattung über Heinzerath haben sich viele Menschen Gedanken gemacht. Weilhammer: "In jedem der neun Dörfer, die ich betreue und wo eine Linde steht, ging die Diskussion los: Was machen wir mit unserem Baum?"
Wer wolle da noch die Verantwortung übernehmen?, fragt der Pastor, der derzeit liebend gern jeden Baum in seinem Bereich abgeben würde, rhetorisch. Fernab jeder Verantwortung drückt Weilhammer auch die finanzielle Seite. Er rechnet mit Ausgaben von insgesamt 8000 Euro für die Linde - inklusive Gutachten und künftigem Schnitt. Das Fällen des Baums koste etwa 800 Euro, meint Weilhammer. Doch Fällen ist eben nicht das, was das 26 Seiten dicke Gutachten, zu dem die Unter Naturschutzbehörde noch Stellung beziehen muss, empfiehlt, sondern Zurückschneiden. Gutachter Karl-Josef Prüm aus Trier sagt: "Der Baum ist standfest und kann noch Jahrzehnte stehen bleiben. Nur im mittleren und oberen Standbereich hat er Höhlungen und muss deshalb stärker als ursprünglich geplant zurückgeschnitten werden."
Keine Linden-Panik


Über die Linden-Panik, die offensichtlich um sich gegriffen hat, schüttelt er den Kopf. "Die Linde ist mit eine der sichersten Baumarten. Sie kann bei entsprechender Pflege Jahrhunderte alt werden", sagt Prüm. Die Linde sei ein Baum, bei dem es sich lohne, die Lebenszeit zu verlängern.
Prüm empfiehlt, alte Bäume mindestens einmal im Jahr von einem Baumkontrolleur, in der Regel ein Gärtner mit Fortbildung, untersuchen zu lassen. Dieser schaut sich den Baum vom Boden aus an. Das sei relativ günstig, der Preis hänge jedoch von der Anfahrt ab. Erst wenn Defekte festgestellt würden, seien Gutachter am Zug, die auch mit Leiter oder Hubsteiger anrückten und bei Bedarf einen Baum anbohrten. Zum Thema Verantwortung sagt Prüm: "Wer als Letzter am Baum war, muss die Sache verantworten. Er muss den Baum verkehrssicher hinterlassen." Voraussetung sei, dass die Kontrollen innerhalb der empfohlenen Abstände erfolgten.
Extra

Auch heute gibt es noch viele Lindenalleen. "Die Linde ist ein Traditionsbaum", sagt Baum-Gutachter Karl-Josef Prüm. Bei den Germanen galt sie als heiliger Baum. Viele Orte in Mitteleuropa hatten ihre Dorflinde im Zentrum stehen. Dort traf man sich, um Nachrichten auszutauschen. Anfang Mai wurden meist Tanzfeste unter diesem Baum - zum Teil auch auf sogenannten Tanzlinden, in die ein Tanzboden hineingebaut wurde, - gefeiert. Oft wurde unter den Linden auch das Dorfgericht abgehalten. Dann sprach man von Gerichtsbäumen. mai

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