Ehrenamtskarte: Morbach geht andere Wege

Morbach · Auch in Morbach steht man der Ehrenamtskarte positiv gegenüber. Wie sie konkret verwirklicht werden soll, wird derzeit in den Ausschüssen der Einheitsgemeinde diskutiert. Die Freie Wählergruppe Morbach hat dazu ein Konzept erarbeitet und übt Kritik an der bestehenden Regelung. Denn nur Menschen, die mindesten 250 Stunden im Jahr (oder fünf Stunden pro Woche) ehrenamtlich tätig sind, kommen bislang in den Genuss der Karte.

Ehrenamtskarte: Morbach geht andere Wege
Foto: Archiv

Derzeit ist die Verbandsgemeinde Traben-Trarbach Vorreiter im Landkreis: Denn bereits am Anfang des Jahres hat die VG die Ehrenamtskarte eingeführt, um Menschen, die sich besonders intensiv für das Gemeinwesen einsetzen, zu belohnen. Ihr folgte vor Kurzem die Verbandsgemeinde Thalfang. Diese Initiative wurde vom Land Rheinland-Pfalz entwickelt. Unter dem Motto "Wir tun was" (www.wir-tun-was.de) soll das Ehrenamt gestärkt werden, denn ohne das Engagement der Bürger würde das soziale, kulturelle, aber auch politische Zusammenleben nicht funktionieren.

Es könne "gar nicht hoch genug geschätzt und anerkannt werden", ist auf der Homepage der Initiative zu lesen. Mit der Ehrenamtskarte erhalten Menschen gewisse Vergünstigungen. In Traben-Trarbach zählt dazu zum Beispiel eine Ermäßigung von 25 Prozent auf die Kursgebühren der Volkshochschule. Oder etwa ein Eintritt zum gleichen Preis wie Jugendliche im Mittelmoselmuseum. All diese Vergünstigungen können Interessierte auf der Homepage der Inititiative abrufen. Für jede beteiligte Gemeinde gibt es dort ein entsprechendes Suchfeld, in dem die jeweiligen Vergünstigungen zu finden sind.

Diese Karte können Menschen erhalten, die mindestens 16 Jahre alt sind und die sich durchschnittlich mindestens fünf Stunden in der Woche oder 250 Stunden im Jahr ehrenamtlich engagieren. Dazu muss die Kommune einen Ansprechpartner bereitstellen und eine Vereinbarung mit dem Land unterschreiben.

An dieser Regelung setzt die Kritik der Freien Wählergruppe Morbach an, wozu sie einen Antrag in den Gemeinderat eingebracht hat. Grundsätzlich begrüßt Willi Feilen, Vorsitzender der FWM, der den Antrag gemeinsam mit seiner Kollegin Lisa Zender gestellt hat, das Projekt. Besonders im ländlichen Raum müsse das Ehrenamt gestärkt werden, weil viele Dorfgemeinschaften nur damit funktionieren können, betonten die beiden Gemeinderatsmitglieder in der jüngsten Ratssitzung (der TV berichtete am 13. Juli). Sie üben aber Kritik an der 250-Stunden-Regelung.

"Der Nachweis ist ein Problem. Was ist denn, wenn einer nur 240 Stunden im Jahr ehrenamtlich tätig ist, der andere 251 Stunden?", fragt Willi Feilen dem TV gegenüber. Es sei doch letztlich schwierig, die tatsächlich verwendete Zeit zu erfassen. "Man kann doch nicht von Ehrenamtlern verlangen, mit der Stoppuhr herumzulaufen. Damit sind wir nicht so glücklich. Das stößt die Leute vor den Kopf", sagt Feilen. Aber es sei eben wichtig, auch den Menschen eine Anerkennung zukommen zu lassen, die weniger als fünf Stunden pro Woche im Ehrenamt tätig sind.

Deshalb fordert die FWM, dass alle in der Gemeinde Morbach ehrenamtlich tätigen Bürger, unabhängig von der Einführung der landesweiten Ehrenkarte, eine Anerkennung erhalten. Das sei zum Bespiel durch vergünstigte Eintritte in Museen, ins Schwimmbad oder auch im Rahmen eines Ehrenamttages möglich. Inzwischen befassen sich die Ausschüsse der EG Morbach mit dem Thema, das in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen wieder besprochen werden soll, um konkrete Angebote zu schaffen.
Meinung: Da muss mehr drin sein!

Hans-Peter Linz

Die Morbacher legen den Finger völlig zurecht in die Wunde. Das Projekt "Landesweite Ehrenamtskarte" wurde von der Landesregierung bereits vor den Landtagswahlen im April mit Nachdruck in die einzelnen Gemeinden hineinkommunziert. Eine eigene Homepage informiert über jede einzelne neue Gemeinde, die daran teilnimmt und wird laufend aktualisiert. Besonders die Ermäßigungen auf Museumsbesuche werden aktuell besonders hervorgehoben.

Aber da muss noch mehr drin sein. Denn 250 Stunden pro Jahr oder fünf Stunden pro Woche sind eine extrem hohe Hürde. Wer schafft es denn schon, jeden Abend noch eine Stunde nach Feierabend fürs Ehrenamt dranzuhängen? Das wird nur eine verschwindend geringe Minderheit sein. Deshalb haben die Morbacher völlig Recht, auch für jene Menschen Vergünstigungen zu fordern, die vielleicht nur zwei, drei Stunden pro Woche im Verein tätig sind.

Und dann kommt noch das Problem der Zeiterfassung hinzu, die wohl im Ehrenamt kaum möglich ist. Man darf gespannt sein, was die Morbacher sich nun ausdenken.

Grundsätzlich ist das Thema Ehrenamt aber auf Bundesebene zu sehen. Wie wäre es denn mit einem bundesweit pauschalen Steuerfreibetrag für aktive Mitglieder von Vereinen? Das wäre auf jeden Fall gerecht und nachprüfbar.

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