Eklat im Thalfanger Rat: Heftige Diskussion um Schaffung von Stelle für Flüchtlingshilfe

Malborn · In der Sitzung des Verbandsgemeinderats Thalfang (Kreis Bernkastel-Wittlich) in Malborn-Thiergarten gab es am Donnerstagabend hitzige Diskussionen. Nach dem Vorwurf, mit einer rechtsgerichteten Partei zu sympathisieren, verließen viele den Raum. Es ging um die Schaffung einer Stelle für die Flüchtlingshilfe.

 Auch die Flüchtlingshilfe Thalfang hatte Ende Januar in einem Offenen Brief das Land um Unterstützung gebeten.

Auch die Flüchtlingshilfe Thalfang hatte Ende Januar in einem Offenen Brief das Land um Unterstützung gebeten.

Foto: Hans-Peter Linz/Archiv

"Jetzt mal ganz ehrlich: Wir sind ein reiches Land. Ich will nicht glauben, dass hier jemand diese Stelle verhindern will. Wir dürfen hier nicht kleinlich argumentieren!" sagt Richard Pestemer in der Sitzung des Thalfanger Verbandsgemeinderats am Donnerstagabend. Konkret geht es in der Aussprache um die Einrichtung einer Koordinationsstelle für Flüchtlinge in der Verwaltung der Verbandsgemeinde.

Die Mehrheit des Gremiums will das aber nicht jetzt beschließen, sondern im Hinblick auf die massiv sinkenden Flüchtlingszahlen noch drei Monate abwarten. "Bei der Finanzierung der Stelle gibt es einen Denkfehler. Es ist Aufgabe des Bundes, diese zu finanzieren, nicht der Kommunen. Das soll für drei Monate zurückgestellt werden", sagt Edgar Breit von der FDP-Fraktion.

Johannes Kopp von der CDU setzt nach: "Auf dem Hahn kommen viel weniger Flüchtlinge an. Vorher waren es 500, jetzt nur noch 60. Wir sollten also abwarten." Stephan Müller von der Neuen Liste sagt: "Wir tun uns seit Jahren schwer, einen Jugendpfleger zu installieren. Aber hier soll eine Stelle von Null auf 100 aus dem Boden gestampft werden!" Detlef Jochem (SPD) verweist indes auf die Verantwortung der Landesregierung. Nach der Vertagung des Beschlusses wirft Pestemer dann in einer persönlichen Stellungnahme dem Rat vor, mit rechten Parteien zu sympathisieren.

Da ist das Maß voll. Die Mehrheit der Ratsmitglieder verlässt demonstrativ kopfschüttelnd den Raum. Nach ihrer Rückkehr sagt Detlef Jochem: "Das war eine bodenlose Frechheit!"

In der nun vertagten Vorlage wird die Schaffung einer auf ein Jahr befristeten Vollzeitstelle gefordert. Sie soll auch der Koordinierung der ehrenamtlichen Arbeit dienen, denn in Thalfang gibt es einen Flüchtlingshilfe-Verein, der ebenfalls in Mainz um Hilfe gebeten hatte.

Im Dezember 2015 reichte die FWG-Fraktion, der Pestemer angehört, einen Antrag ein. Die FWG-Fraktion nahm damals Bezug auf Versprechungen der Landesregierung vom September 2015, eine solche Stelle zu unterstützen (der TV berichtete mehrfach). Bürgermeister Marc Hüllenkremer berichtete dem TV vorab, dass in der Verwaltung mehr als 1000 Überstunden angefallen seien.

"Wenn das so weitergeht, muss ich nach Mainz melden, dass die Verwaltung nicht mehr handlungsfähig ist", sagte Hüllenkremer. Auch auf einer Personalversammlung Anfang März sei das Thema heiß diskutiert worden. Hüllenkremer: "Unsere Mitarbeiter sind am Limit." Aber alle Schreiben nach Mainz nutzten nichts. Denn die Landesregierung verwies immer wieder darauf, dass die Kommune eine solche Stelle selbst finanzieren muss.

Und genau das war der Knackpunkt der aktuellen Diskussion. Angesichts des Schuldenbergs von Thalfang ist das Gremium nicht bereit, eine zusätzliche Stelle in der Verwaltung zu schaffen. Diese würde voraussichtlich 50.000 Euro pro Jahr kosten. Im Thalfanger Haushaltsplan ist für Ende 2016 eine Gesamtverschuldung von 20 Millionen Euro geplant. Meinung

Schlechter Stil

Von Hans-Peter Linz

Leute in die rechte Ecke zu drängen ist schlechter Stil und zeugt von mangelnder Diskussionsfähigkeit. In Anbetracht des enormen Thalfanger Schuldenbergs ist es verständlich, dass der Rat das Thema vertagen will. Nach wie vor ist Flüchtlingsarbeit in erster Linie Landes- und Bundessache. Trotzdem bleibt die Basisarbeit an den Kommunen hängen. Land und Bund müssen dringend Lösungen dafür schaffen und Personal bereitstellen, auf eigene Kosten.
hp.linz@volksfreund.de

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