Hickhack um Windkraft geht weiter

Morbach/Trier/Koblenz · Gefährdete Fledermausarten sind Grund genug für den Abbruch der Rodungen am Ranzenkopf - das hat das Oberverwaltungsgericht Koblenz beschlossen. Der Naturschutzbund ist erleichtert. Jetzt hat eine Bürgerinitiative eine Unterschriftensammlung für den Bau des Windparks gestartet.

 In diesem Wald leben offenbar seltene Fledermäuse: Die Rodungsarbeiten können deshalb vorerst nicht weitergehen. TV-Foto: Klaus Kimmling

In diesem Wald leben offenbar seltene Fledermäuse: Die Rodungsarbeiten können deshalb vorerst nicht weitergehen. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (m_huns )
 Die Bürgeriniative „Pro Windkraft Ranzenkopf Wintrich“ sammelt jetzt Unterschriften für ein Fortschreiten der Rodungsarbeiten. Foto: Privat

Die Bürgeriniative „Pro Windkraft Ranzenkopf Wintrich“ sammelt jetzt Unterschriften für ein Fortschreiten der Rodungsarbeiten. Foto: Privat

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Morbach/Trier/Koblenz. Die Rodungsarbeiten für die geplante Errichtung von Windenergieanlagen im Landkreis Bernkastel-Wittlich dürfen weiterhin nicht fortgesetzt werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz am vergangenen Donnerstag entschieden (der TV berichtete). Am Ranzenkopf, der im Bereich der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues und der Einheitsgemeinde Morbach liegt, planen die Ortsgemeinde Wintrich und die Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) "Energie Bernkastel-Wittlich" den Bau eines Windparks. Die AöR will bis zu 16 Anlagen errichten lassen - mit einer Gesamtleistung von 48 Megawatt und einer Investitionssumme von 80 Millionen Euro. Die Ortsgemeinde Wintrich zielt darauf ab mit der "Windenergie Wintrich Planungsgesellschaft" weitere eigene Anlagen zu bauen.
Der Landkreis Bernkastel-Wittlich hatte den vorzeitigen Beginn der Errichtung von sieben beziehungsweise elf Windenergieanlagen und damit auch die Rodungsarbeiten - befristet bis 6. März 2016 - zugelassen. Hiergegen erhob der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht Trier Eilrechtsschutz. Dieses lehnte den Antrag ab. Die Begründung: Der Nabu sei nicht befugt, einen solchen Antrag einzureichen, denn das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Die Rodungsarbeiten seien schließlich nur Vorarbeiten für den Bau der Windkraftanlagen.
Das sehen die Koblenzer Richter vom Oberverwaltungsgericht, der nächsthöheren Instanz, anders. Der Eilantrag sei zulässig, so das OVG. Es spreche nämlich Überwiegendes dafür, die Antragsbefugnis des Nabu nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz zu bejahen. Dabei geht es um einen vorzeitigen Beginn der Rodungsarbeiten.
Diese Ausnahmegenehmigung würde die eigentliche Entscheidung über die Zulassung des Windparks - das ist der Zeitpunkt, in dem der Nabu regulär Widerspruch einlegen könnte - zwar nicht vorwegnehmen. Aber mit der Rodung würden gewissermaßen vollendete Tatsachen geschaffen. Deshalb sei der Nabu bereits in dieser frühen Phase berechtigt, Widerspruch einzulegen.
Neben diesem Aspekt habe der Eilantrag des Nabu aber auch in der Sache Erfolg. Es bestünden nämlich hinreichende Anhaltspunkte für Bedenken gegen die Fortsetzung der Rodungsarbeiten, insbesondere im Hinblick auf streng geschützte Fledermausarten. Das Gericht kritisiert die Gutachten, die vorgelegt wurden. Diese würden nach Angaben der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord als Obere Naturschutzbehörde erhebliche Defizite bei den artenschutzfachlichen Untersuchungen in Bezug auf eventuelle Vorkommen von geschützten Fledermausarten aufweisen.
Bei einer Fortsetzung der Rodungsarbeiten drohe daher die Schaffung vollendeter Tatsachen. Das Gericht erachtet das Interesse, dies zu verhindern, als wichtiger als das wirtschaftliche Interesse der Projektträger.
Cosima Lindemann, Naturschutzreferentin des Nabu Rheinland-Pfalz, kommentiert das gegenüber dem TV: "Auch wenn der Nabu nun mit großem Bedauern auf die bereits gerodeten Flächen schaut, sehen wir uns doch in unserem Handeln bestätigt und freuen uns, dass sowohl das Oberverwaltungsgericht, als auch die Obere Naturschutzbehörde die Problematik der mangelhaften Untersuchungen geteilt haben und den seltenen Fledermausarten nun zu ihrem Recht verholfen haben."
Diese vom Gericht kritisierten Gutachten will die Kreisverwaltung nun überprüfen lassen. Landrat Gregor Eibes sagt auf TV-Nachfrage: "Wir werden uns nun erneut mit dem Verfahren auseinandersetzen müssen. Wir werden das aufarbeiten und die von uns beauftragten Gutachten überprüfen lassen und die bemängelten Fehler hinterfragen."
Auch die Bürgervereinigung "Pro Windkraft Ranzenkopf Wintrich" ist mit dem Urteil des OVGs unzufrieden. Ihr Vertreter Andreas Marx sagt: ".Es gibt ein großes Ja aus der Bevölkerung zu diesem Windpark." Marx verweist darauf, dass das Thema in den Gremien der Kommunen besprochen wurde und es ein einhelliges Votum für die Windkraft gegeben habe. Marx: "Nun wird mit falschen und unsachlichen Argumenten das ganze gestoppt. Dass für den Windpark an anderern Stellen Aufforstungen stattfinden und Naturschutzprojekte geplant sind, sagt keiner. "
Seine Initiative plant, am Ranzenkopf ein Banner "Pro Windkraft" aufzustellen. Außerdem will die Initiative in den nächsten Tagen Unterschriftenlisten für die Errichtung des Windenergieparks sammeln.
In einem offenen Brief an Landrat Eibes kritisiert der Nabu jetzt, dass die Verwaltung den Naturschutzbund erst über die Rodungsarbeiten informiert habe, als diese schon begonnen hatten. Die Kritik an dem Windpark-Projekt selbst sei den Verantwortlichen aber schon länger bekannt gewesen.

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