Jetzt entscheiden die Bürger - Morbacher Gemeinderat lehnt Bestattungswald ab - Abstimmung am 15. März

Morbach · Erstmals in der Geschichte der Einheitsgemeinde Morbach kommt es zu einem Bürgerentscheid. Abgestimmt wird über die Frage, ob ein Bestattungswald eingerichtet werden soll. Der Gemeinderat lehnt ihn ab.

Morbach. Der Morbacher Gemeinderat lehnt einen Bestattungswald in kommunaler Trägerschaft auf dem Gebiet der Einheitsgemeinde ab. 21 Ratsmitglieder haben am Montagabend für die Vorlage der Verwaltung gestimmt. Sie hatte die Ablehnung des entsprechenden Bürgerbegehrens empfohlen. Zwei Ratsmitglieder waren dagegen, drei haben sich enthalten. Somit kommt es zu einem Bürgerentscheid. Am 15. März sind die Bürger aufgerufen, an der Wahlurne über einen Bestattungswald in kommunaler Trägerschaft zu entscheiden.Erstinvestition: 152 000 Euro


Nach Auskunft von Bürgermeister Andreas Hackethal wurden sechs mögliche Waldstücke für einen Bestattungswald genauer untersucht. Der Standort Haag, Klausener Weg, mit seinem alten Eichen- und Buchenbestand habe sich als am geeignetsten erwiesen. Hackethal schätzt, dass 152 000 Euro als Erstinvestition notwendig sind, hinzu kämen 50 000 Euro jährliche Unterhaltskosten. Zudem gebe es genügend Angebote in zumutbarer Entfernung. Der Bürgermeister weist auf die 17 bestehenden Friedhöfe bei 11 000 Einwohnern hin. "Das ist eine Friedhofsdichte, die in Deutschland einmalig ist." Er lehnt einen Bestattungswald ab. "Lassen Sie uns unser Friedhofskonzept erweitern, und lassen Sie uns Gräber ohne hohen Pflegeaufwand auf den bestehenden Friedhöfen einrichten", regt er an.
Ratsmitglied Rainer Stablo von der Partei Die Linke, einer der Initiatoren des Bestattungswaldes, ist aufgrund der ablehnenden Haltung Hackethals und der Ratsmitglieder, von denen viele dem Bürgermeister nach dessen Ausführungen Beifall spenden, enttäuscht. "Ich habe den Eindruck, dass alles versucht wird, gegen den Wald zu stimmen", sagt er. Dabei sei der Bedarf durch die 1264 Unterschriften des Bürgerbegehrens dokumentiert. Stablo: "Ich finde übel, was hier läuft." Beide Aussagen ziehen energische Proteste nach sich. "Wir sind sachlich und objektiv", sagt Hackethal.
Uwe Andretta von den Grünen spricht sich wegen des emotional besetzten Themas für einen Bürgerentscheid aus. Er kritisiert die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens, weil diese im Vorfeld nicht das Gespräch mit den Fraktionen gesucht hätten. Neben Stablo sind dies die Hinzerather Bruni Kluss und Rüdiger Luckow. Beide sind bei der Sitzung des Gemeinderats nicht anwesend.
Jürgen Jakobs von der CDU sagt, die Friedhöfe der Gemeinde können umgestaltet werden, um die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen. Zur Aussage von Stablo sagt er, er sei enttäuscht darüber, wie dieser die Ausführungen des Bürgermeisters einfach wegwische. "Das war eine saubere Dokumentation", so Jakobs.
Theo Wagner von der SPD sagt, die Bürger müssten vor der Abstimmung am 15. März aufgeklärt werden. Zudem seien die Ortsbeiräte gefordert, ihre Friedhöfe attraktiv zu gestalten. Die Nähe zu den örtlichen Friedhöfen sei für viele Trauernde wichtig, unterstreicht Willi Feilen von der FWM.
Nach den Beiträgen der anderen Parteien meldet sich Stablo nochmals zu Wort und bemängelt, "dass fast ausschließlich finanzielle und wirtschaftliche Argumente" von den Gegnern des Bestattungswaldes angeführt werden. In der Unterlage, in der die Verwaltung die Ablehnung des Begehrens begründet, seien die ersten fünf von elf Aspekten finanzieller Natur gewesen. "Mit diesen Begründungen könnte die Schließung vieler weiterer Institutionen gefordert werden", sagt er. Die Fixierung auf monetäre Dinge findet er unangemessen und beruft sich auf Papst Franziskus, der in einem apostolischen Brief die Vergötterung des Geldes abgelehnt hatte. "Den Papst einzuschalten - das zieht mir die Schuhe aus", entgegnet ihm Hugo Bader von den Freien Wählern.
"Wenn der Stablo in Thalfang sitzen würde, wäre das Geld kein Problem", sagt Erwin Schrenk, Ortsvorsteher von Morscheid-Riedenburg. Er begrüßt den kommenden Bürgerentscheid.Meinung

Ein Thema, das jeden betrifft
Die Bestattungskultur hat sich enorm gewandelt. Vor 30, 40 Jahren war die Körperbestattung die traditionelle Art der Beisetzung. Auf der letzten Ruhestätte werden kleine Blumenbeete gehegt und gepflegt, und ein Grabmal aus Naturstein mit Inschrift erinnert an den Verstorbenen. Heute wünschen sich immer mehr Menschen eine anonyme Bestattung - beispielsweise in einem Bestattungswald. Der normale Friedhof, so scheint es, wird zunehmend zu einem Auslaufmodell. Traditionen verschwinden. Das kann man bedauern, ist aber dem modernen Zeitgeist geschuldet. In Morbach sorgt das Thema seit längerer Zeit für hitzige Debatten. Jetzt kommt es sogar zu einem Bürgerentscheid. Und das ist gut so. Zu dem Thema, das so gerne verdrängt wird, sollte jeder eine Meinung haben. w.simon@volksfreund.de

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