Metzger setzen aufs Hunsrückschwein

Morbach/Piesport/Kell · Einige Betriebe bieten künftig nur Fleisch von Tieren an, die ohne genverändertes Futter aufgezogen wurden. Das ist nicht ohne Risiko.

 Der Metzgermeister Klaus Gauer-Kneppel (Mitte) mit der Wurst vom Hunsrückschwein. Mit dabei: Ralf Becker, Vorsitzender der Initiative Ebbes von Hei!, der Piesporter Metzgermeister Georg Bösen, Ronny Kleinmann, Bernd Flesch und Frank Flesch von der Flesch Farming in Merscheid und Anna Kneppel. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Der Metzgermeister Klaus Gauer-Kneppel (Mitte) mit der Wurst vom Hunsrückschwein. Mit dabei: Ralf Becker, Vorsitzender der Initiative Ebbes von Hei!, der Piesporter Metzgermeister Georg Bösen, Ronny Kleinmann, Bernd Flesch und Frank Flesch von der Flesch Farming in Merscheid und Anna Kneppel. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Foto: Christoph Strouvelle (cst) ("TV-Upload Strouvelle"

Morbach/Piesport/Kell Stolz zeigt der Morbacher Metzgermeister Klaus Gauer-Kneppel die Platte mit seiner frisch hergestellten Leberwurst und Blutwurst Hausmacher Art. "Das ist meine erste Wurst von Schweinen, die nachweislich mit nicht genmanipuliertem Futter aufgezogen worden sind", sagt er.
Neben ihm steht sein Piesporter Kollege Georg Bösen. Die beiden Metzgereien gehören zu den wenigen Betrieben in der Region, die selbst schlachten. Künftig erhalten die Kunden in den beiden Geschäften nahezu ausschließlich Wurst- und Fleischwaren vom sogenannten Hunsrückschwein. Unter diesem Label werden künftig Schweine bezeichnet, die nicht genmanipulierte Futtermittel gefressen haben. "Bei uns stammt Rind-, Kalb- und Lammfleisch sowie Wild schon immer von Tieren, die kein genmanipuliertes Futter erhalten haben", sagt Gauer-Kneppel.
Das neue Angebot wird möglich durch die Zusammenarbeit mit den Merscheider Landwirten Bernd und Frank Flesch. Denn diese haben die Fütterung ihrer Schweine umgestellt. Die 1000 Schweine in ihrem Stall werden nahezu ausschließlich mit selbst angebautem Getreide wie Gerste und Weizen sowie Rapskuchen gefüttert. Hinzu kommen Mineralstoffe und Sojaschrot. Nicht genmanipuliertes Soja zu bekommen, war ein Problem für die Umstellung.
Denn der Anteil davon beträgt nur rund 20 Prozent der Weltproduktion, sagt Anna Kneppel, Tochter des Morbacher Metzgermeisters. "80 Prozent des weltweit erzeugten Sojas sind genmanipuliert", sagt sie. Die Fleschs beziehen das Futter, das in Südosteuropa angebaut wird, über einen süddeutschen Lieferanten. Ein Bonner Unternehmen kontrolliert als neutrale Stelle, dass diese von den Merscheider Landwirten selbst gewählte Verpflichtung eingehalten wird. Dabei ist die Umstellung nicht risikofrei. Denn die Mehrkosten fürs Futter betragen rund 20 Prozent, sagt Seniorchef Bernd Flesch. Bei der Abgabe von Schweinen an große Schlachthöfe, die mit jedem Cent rechnen, sind höhere Preise kaum durchzusetzen. Warum gehen die Fleschs das Wagnis trotzdem ein? "Aus Überzeugung", sagt Juniorchef Frank Flesch. "Es ist nicht immer sinnvoll, in die Natur einzugreifen", sagt er. Damit sind die beiden Landwirte Pioniere in der Region. Bernd Flesch weiß keinen anderen Betrieb im Hunsrück zu nennen, in dem Schweine auf diese Weise gefüttert werden. Der Piesporter Metzgermeister Bösen sagt, er wolle sich mit dem neuen Angebot von Mitbewerbern absetzen.
"Der Trend geht dort hin, gentechnikfreie Produkte zu bekommen", sagt Ralf Becker, Vorsitzender der Regionalinitiative Ebbes von Hei!. Die beteiligten Betriebe gehören dieser Kooperation an, die die Marke für regionale Spezialitäten weiter ausbauen will. Über das Netzwerk sollen weitere Partner gefunden werden, sagt Becker. Dazu gehören neben weiteren Metzgereien auch Gastronomiebetriebe aus dieser Kooperation, bei denen das Schweinefleisch aus dem Stall der Fleschs auf der Speisekarte zu finden sein wird. Einer von ihnen ist das Hotel zur Post in Kell am See (siehe Info). Inhaber und Koch Michael Krämer setzt schon länger auf Produkte aus der Region und bezieht Rindfleisch, Nudeln, Eier und Speise-Eis von Ebbes-von-Hei-Mitgliedern. Das Hunsrückschwein ist für ihn da nur die logische Konsequenz: "Das passt einfach zu uns." Die erste Lieferung habe er bereits erhalten. Die Gästen werde man auf der Speisekarte und mit einem Flyer informieren, "woher das Fleisch kommt, das sie essen".
Die Vermarktung des Hunsrückfleischs sei "natürlich etwas teurer. Aber die Leute achten vermehrt darauf, ob genfrei gefüttert wurde - und sind bereit, dafür auch mehr zu bezahlen". Die Gastronomie verwerte in der Regel zwar nur die "Edelteile" des Schweins, weiß Krämer. Über Wurstprodukte wie die aus Morbach könne man aber auch die Laufkundschaft für das Produkt begeistern.
Extra: HUNSRÜCKSCHWEIN: DORT STEHT ES AUF DER KARTE


Die Metzgereien Bösen und Kneppel versorgen bisher folgende gastronomischen Betriebe mit Fleisch von Schweinen, die kein genverändertes Futter gefressen haben: Schlossmühle Horbruch, Gasthaus Steuer in Allenbach, Hotel zur Post in Kell, Hotel Schinderhannes in Sohren, Wirtshaus zum Dorfkrug Morbach und Hotel Moselblick in Piesport sowie einige Straußwirtschaften.

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