Missbrauchprozess: Schwere Anschuldigungen

Der Missbrauchprozess um einen Pferdepfleger, der sich an zwei Jungen in der Gemeinde Morbach vergangen haben soll, ist wie geplant fortgesetzt worden (der TV berichtete). Die ersten Zeugen belasteten den Angeklagten schwer.

Trier/Morbach. (alo) Der Zeuge sitzt auf seinem Stuhl, seine Hände sind im Schoß gefaltet. Er erzählt von einer Nacht im Jahr 2001, als er bei dem damaligen Lebensgefährten seiner Mutter übernachtete.

Damals war er elf Jahre alt. "Er hat mich immer wieder angefasst", sagt er. Es ist totenstill im Saal. Der Zeuge zögert, schluckt. "Er griff in meine Unterhose und hat an meinem Geschlechtsteil rumgespielt - mehrere Stunden lang."

Heute ist der Zeuge 20 Jahre alt. Er sagt im Prozess vor dem Landgericht Trier gegen einen 51-jährigen Pferdepfleger aus, der beschuldigt wird, den Zeugen und den leiblichen Sohn des Angeklagten in insgesamt 505 Fällen missbraucht zu haben.

Die Verteidigung des Angeklagten hatte vergangene Woche beantragt, die Anklageschrift als unzulässig zu erklären und einen weiteren Berufsrichter mit einzubeziehen. Beide Anträge lehnte das Gericht jedoch ab.

Der junge Mann spricht im Prozess sehr leise. Als der Angeklagte 2002 zu seiner Mutter zog, seien die sexuellen Übergriffe zur Normalität geworden. "Auf jeden Fall einmal in der Woche", meistens auf dem Speicher des Hauses. Selbst nach der Trennung 2005 habe der Missbrauch nicht sofort aufgehört, der nun in der Wohnung des Angeklagten stattgefunden habe.

Mutter hat nach eigener Aussage Erinnerungslücken



Der Angeklagte hört sich die Beschuldigungen regungslos an. Zu den Vorwürfen äußern will er sich nicht. Stattdessen berät er sich oft und intensiv mit seinen Anwälten.

Die Befragung der Mutter gestaltet sich schwierig. An Vieles könne sie sich nicht mehr erinnern, selbst ihr eigenes Alter wisse sie nicht so genau, "43 oder 44". Sie habe ihr Zeitgefühl durch den "Terror" des Angeklagten verloren, erklärt sie ihre Lücken. Etwa einmal im Monat habe er einen "Ausraster" gehabt. "Einmal wollte er mit laufender Motorsäge die Kinder umbringen." Er soll sie geschlagen haben, "fünf bis zehn Mal". Davon abgesehen sei er aber "ein ganz, ganz lieber Mensch" gewesen.

Von einem sexuellen Missbrauch an ihrem Sohn habe sie nichts mitbekommen. "Aber er war schon sehr innig mit ihm." Nur als sie Kinderpornos auf dem Rechner des Angeklagten gefunden habe, sei sie stutzig geworden. "Er sagte damals zu mir, er wolle den Tätern auf die Spur kommen."

Das Prekäre an den beiden Aussagen: Mutter und Sohn wurden bereits 2004 von der Polizei vernommen, als der Angeklagte beschuldigt wurde, sich an seinem leiblichen Sohn vergangen zu haben.

Damals jedoch hatten beide nichts von dessen mutmaßlichen Handlungen erzählt. "Ich hielt das für eine Intrige seiner Ex-Frau, es ging ja nicht um mich", sagt die darauf angesprochene Zeugin. "Ich wollte ihn schützen", sagt ihr Sohn.

Nächste Woche soll auch der leibliche Sohn des Angeklagten aussagen, den er laut modifizierter Anklageschrift 106 Mal sexuell missbraucht haben soll. Ursprünglich waren hier 146 Fälle beziffert.

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