Umwelt Hangmoore bleiben umstritten

Birkenfeld/Morbach/Thalfang · Nach Kritik an der Erforschung der Moore im Nationalpark Hunsrück Hochwald behandelt die Nationalpark-Akademie das Thema. Demnach seien nur 1,2 Prozent der Fläche von Kahlschlag betroffen.

 Der Ochsenbruch gilt als typisches Beispiel für die Renaturierung von Mooren.

Der Ochsenbruch gilt als typisches Beispiel für die Renaturierung von Mooren.

Foto: TV/Anja Eckhardt

Als vor wenigen Wochen innerhalb des Nationalparks Hunsrück Hochwald Fichten gefällt wurden, rief das Kritiker auf den Plan. „Warum werden in einem Schutzgebiet, in dem der Mensch sich eigentlich komplett heraushalten soll, Bäume gefällt?“, war die Frage, die sich vielen aufdrängte. Konkret ging es um einen Bereich bei Börfink an der K 49. Dort wurden 131 Hektar Fichten entfernt, die dort vor langer Zeit nach einer Entwässerung des Areals zur Holzerzeugung angepflanzt wurden. Die Bäume wurden gefällt, um die früheren Hangmoore wieder in ihren natürlichen Zustand zu versetzen.

Ob dort aber jemals wirklich Moore waren, das bezweifelte Adam Hölzer, der sich seit 1973 mit Mooren beschäftigt und Leiter der Botanik am Karlsruher Naturkundemuseum war. Aus seiner Sicht habe es dort nie Moore gegeben, sondern nur eine Variante davon, nasse Hangflächen, die sogenannten „Brücher“. Unter einer nur 25 Zentimeter dicken organischen Schichten habe er nur Sand, aber keinen Torf gefunden.

Renaturierung in Thranenweier: Dem hielt Harald Egidi, Leiter des Nationalparkamtes, entgegen, dass diese Arbeiten notwendig seien, um den Urzustand wiederherzustellen (der TV berichtete mehrmals). Dennoch bleibt das Thema umstritten. Egidi erklärte, dass besonders im Bezug auf die Moor-Renaturierung ein enger Kontakt mit der Öffentlichkeit hergestellt werden müsse. Daher habe man sich im Nationalpark­amt dazu entschieden, das Thema „Moore“ zum vierten Mal in der monatlich stattfindenden Reihe der Nationalpark-Akademie aufzugreifen. Bei der jüngsten Akademie, einer öffentlichen Veranstaltung in den Räumen des Umweltcampus Birkenfeld, die regelmäßig angeboten wird, haben Fachleute das Thema wieder aufgerollt und über den aktuellen Stand der Forschung berichtet. Im Fokus stand die Renaturierung der Moorflächen in Thranenweier. Zu den Teilnehmern zählten Vertreter der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz, der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz und des Fachbereichs Hydrologie der Universität Koblenz Landau, wie Mariam Landgraf vom Nationalparkamt mitteilt.

Es begann bereits 1990: Die ersten Renaturierungen der Hangbrücher im Hochwald wurden demnach bereits in den 1990er Jahren begonnen. Es wurden unterschiedliche Projekte umgesetzt, wie beispielsweise im Naturschutzgebiet „Hangbrücher bei Morbach“, beim Interreg-Projekt „WaReLa“ (Wasserrückhalt durch angepasste Landnutzung) oder im EU-Life-Projekt „Moore“. Bislang hätten aber belegbare lange Zeitreihen und Langzeituntersuchungen gefehlt. Daher habe die Arbeitsgemeinschaft „Hangmoore“, die durch den Nationalpark initiiert wurde, ein Langzeit-Monitoring angestoßen.

Moritz Schmitt von der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz berichtete über das noch laufende EU-Projekt „Hochwald“ in Thranenweier, das kurz vor dem Abschluss steht. Hier werden auf rund 105 Hektar Fläche bis 2020 sogenannte „Wiedervernässungsmaßnahmen“ unterschiedlicher Ausführungen umgesetzt. Nicht standorttypische Gehölze seien bereits entfernt worden. Schmitt wies darauf hin dass das Projekt in jüngster Vergangenheit medial in Frage gestellt worden sei.

Ungewohnte Landschaftsbilder: Mariam Landgraf: „Die ungewohnten Landschaftsbilder, die die Maßnahmen bedingten, haben durch die Aufmerksamkeit Emotionen bei den Betrachtern hervorgerufen. Sowohl Positive als auch Negative. Genauso unterschiedlich waren auch die Rückmeldungen, die die Nationalparkverwaltung erhielt.“

Harald Egidi stellt klar: „Wir beschäftigen uns eingehend mit den Reaktionen aus der Bevölkerung. Als Nationalparkverwaltung haben wir den Anspruch, unsere Arbeit zu erläutern und die Menschen mitzunehmen. Aber manchmal ist die fachliche Tiefe nicht einfach vermittelbar.“

Egidi weist darauf hin, dass die Renaturierungsfläche, das Gebiet also, in dem die Bäume gefällt wurden, nur 1,2 Prozent des gesamten Nationalpark-Gebiets und nur 9,2 Prozent der potenziellen Hangbruch-Flächen betrifft. In diesem Zusammenhang sei der plakative Begriff „Moore“ eine Art Sammelbegriff für die verschiedenartigen Feuchtgebiete.

Egidi: „Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald gibt es Feuchtwälder, staunasse Wälder, Hangbrücher, Bruchwälder, Zwischen- und Übergangsmoore und vieles mehr. Dies spiegelt sich allerdings nicht in nur einen Begriff wieder.“ Man setze im Nationalparkamt daher bewusst auf schwerpunktbezogene Informationen, um die fachliche Tiefe der Nationalparkarbeit für die Öffentlichkeit greifbar zu machen. Zudem seien die Maßnahmen des aktuell laufenden Projekts „Hochwald“ mit Ausnahme von Bachauen-Renaturierungen nahezu abgeschlossen. Nun werde das Gebiet beobachtet, um es wissenschaftlich zu analysieren.

Schwerpunkt Monitoring: In den nächsten zehn Jahren werde demnach der Schwerpunkt auf Forschung und Monitoring in den bearbeiteten Flächen gelegt. Potenzielle weitere Flächen würden zunächst nur an kleinen Standorten  analysiert, ehe hierzu Entscheidungen über weitere Entwicklungsmaßnahmen fallen. Egidi: „Nur wenn die Natur spontane Eingriffe vornimmt, also wenn beispielsweise ein Orkan oder ein Schneeeinbruch das Gebiet verändern, dann kommen gegebenenfalls noch neue Flächen hinzu.“

Der jetzigen Phase der „emotionalen und oft von spontanen optischen Eindrücken geprägten Stimmungslage“ werde nun eine Phase folgen, die die Chance biete, anhand konkreter Messdaten und Erkenntnissen die Entwicklung der behandelten Flächen zu begleiten und Rückschlüsse für etwaige notwenige Schritte zu ziehen.

Harald Egidi schließt hierzu: „Wir können derzeit nur Anstöße für eine weitere natürliche Entwicklung geben. Nun können wir innehalten, in Ruhe beobachten und vergleichen. Der Entwicklungszeitraum des Nationalparks ist lang. Er dauert bis 2045. Danach findet kein Eingriff mehr statt. Sie sehen, wir haben Zeit.“

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