Nudelsuppe und gute Wünsche

BERNKASTEL-WITTLICH. Der Jahreswechsel ist ohne Feuerwerk, Mitternachtssekt und geselliges Schmausen kaum denkbar. Doch auch andernorts gibt es Traditionen. Der TV befragte dazu Studenten aus dem Ausland, die auf Vermittlung des Vereins "Experiment" zurzeit bei Gastfamilien an der Mosel leben.

Bei dem einen dürfen Feuerwerksraketen an Silvester nicht fehlen, bei dem anderen Feuerzangenbowle oder Bleigießen. Doch in einem sind sich hiesige Geflogenheiten zum Jahreswechsel ähnlich: Die Feten in Wohnstuben, Partykellern oder Gaststätten finden meist in geselliger Runde und an lecker gedeckten Tafeln statt. Im Kreis von Freunden, Bekannten, Nachbarn oder Verwandten scheint der Start ins neue Jahr am ehesten zu gelingen, wozu auch knallende Sektkorken, gute Wünsche oder der Besuch einer heiligen Messe beitragen. In anderen Ländern sind die Bräuche zum Jahreswechsel ähnlich, wenn auch manchmal verhaltener oder auch lauter. So geht es auf den Straßen von Istanbul in der Silvesternacht lustig zu. Das erzählt Kemal Kurak, ein Student, der zurzeit in Kinheim zu Gast ist. Die jungen Menschen in Istanbul treffen sich gegen Mitternacht auf der Straße und wünschen sich singend ein frohes und gesundes neues Jahr. Anders als in Deutschland sind dabei jedoch kaum Ältere anzutreffen. Die feiern, wenn sie es überhaupt tun, lieber drinnen. Dazu werden dann im Kreise von Angehörigen oder Nachbarn türkische Spezialitäten gereicht, berichtet der Wittlicher Siddik Simsek. Auch Geschenke und gute Wünsche gehören zum Jahreswechsel, denn, so Simsek: "Ein Jahr ist vorbei, und es kommt ein neues."Spezialitäten aus dem Land der aufgehenden Sonne

Besonderheiten gibt es auch bei Noriko Katsuki-Pestemer am Silvesterabend, allerdings japanische. Im Land der aufgehenden Sonne ist Neujahr fast ebenso wichtig wie hier das Weihnachtsfest, erklärt die Neunkirchenerin, die seit mehr als 20 Jahren in Deutschland lebt. Damit das neue Jahr einen guten Verlauf nimmt, treffen sich Familien zum Beten am Schrein, Kultstätten in heiligen Bezirken, und besuchen an Neujahr Freunde und Angehörige. An Silvester versuchen viele auch, bis zum Sonnenaufgang auf zu bleiben, wofür junge Menschen auch extra auf einen Berg steigen. Laut Katsuki gibt es bei den Japanern auch ein typisches Gericht: "Um Mitternacht essen wir Nudelsuppe, damit es glatt ins neue Jahr rein geht." Zwar gehe in Zeiten der Globalisierung manches verloren, meint Katsuki weiter, doch die Hausfrauen hätten vor dem Jahreswechsel immer noch die härteste Zeit durchzustehen. Bis zum 31. Dezember muss nämlich das ganze Haus sauber gemacht werden, damit im Sinne des Schintoismus "alles rein" ist. Symbole dafür sind auch die ab dem ersten Januar vor dem Haus dekorierten Bündel aus Bambusstöcken und Kiefern. Bei den chinesischen Nachbarn ist der erste Januar nicht so wichtig, erzählt Chuohua Yu, ein 23-jähriger Student. Dort wird dann etwas später ausgiebig gefeiert, weil in China wie in Persien das Datum des Neujahrsfestes wechselt. Ähnlich im Islam, wo sich der Jahresanfang nach dem Mondjahr richtet, während das jüdische Neujahrsfest Ende September bis Anfang Oktober gefeiert wird. Eine aus Kasachstan nach Morbach gezogene Familie wird Silvester dagegen ähnlich wie ihre in Deutschland geborenen Nachbarn feiern. Die wesentlichen Säulen sind daher Musik und gutes Essen im Kreise von Freunden. Ein feiner Unterschied fällt einer jungen Frau dazu aber doch noch ein: "Manchmal wird halt mehr getanzt." Auch für Elizabeth Samson, die vor mehr als dreißig Jahren aus Uganda nach Deutschland kam und seit Jahren an der Mosel lebt, gehört zum Jahreswechsel Musik und ein geselliges Essen im Familien- oder Freundeskreis. Die Jüngeren gehen - wie in anderen Ländern auch - lieber in die Disko.In Uganda wird zum Fest eine Ziege geschlachtet

In Uganda wird das neue Jahr mit einem Fest begrüßt, zu dem eine Ziege oder Hühner geschlachtet werden. "Das ist etwas Besonderes", sagt Samson, "denn in dem Land ist nichts im Überfluss vorhanden und auch nicht jeden Tag alles verfügbar." Info: Der Verein "Experiment" sucht ab Februar/März für je zwei Wochen Gastfamilien für chinesische und brasilianische Studenten. Kontakt: www.experiment-ev.de oder Anneliese und Johannes Münninghoff, Telefon 06571/3367 oder 0171/7068615.

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