Verein Trauer bleibt, sie verändert nur ihr Gesicht

Morbach · In der Morbacher Selbsthilfegruppe „Mut zum Trauern“ tauschen sich trauernde Angehörige und verwaiste Eltern aus.

 In der von Ulrike Schiemann (Vierte von links) ) geleiteten Selbsthilfegruppe  treffen sich unter anderem (von links) Marco Hillen, Carmen Feyer, Gisela Gellenberg, Annemarie Petry und Gabriele Lengert.

In der von Ulrike Schiemann (Vierte von links) ) geleiteten Selbsthilfegruppe  treffen sich unter anderem (von links) Marco Hillen, Carmen Feyer, Gisela Gellenberg, Annemarie Petry und Gabriele Lengert.

Foto: Ursula Schmieder

Die einen sind seit Jahren regelmäßig dabei, andere schauen das erste Mal rein. Doch sie alle bringen ähnliche Geschichten und Erfahrungen mit. Was sie verbindet, ist die Trauer um einen Angehörigen oder einen anderen Menschen, der ihnen sehr nahe stand.

Oft ist es der Tod des Partners, der sie zur Morbacher Selbsthilfegruppe „Mut zum Trauern“ führt. Manche trauern aber auch um ein verstorbenes Kind oder einen Elternteil. Sie alle versprechen sich von der Gruppe Unterstützung, die sie schon dadurch erfahren, dass sie sich mit Menschen mit ähnlichen Erfahrungen austauschen können.

Gruppenleiterin Ulrike Schiemann-Zurek, eine ausgebildete Trauerbegleiterin, lernte in den vergangenen acht Jahren viele Trauernde aus Morbach und der Region kennen. „Und es kommen auch immer mal welche zurück“, berichtet sie. Denn Trauerprozesse seien oft nur vermeintlich abgeschlossen. Tatsächlich aber sei Trauer nicht einfach irgendwann weg. Sie bleibe ein Leben lang und verändere dabei lediglich ihr Gesicht. Und jeder Mensch trauere anders: „Das kann man nicht bestimmen.“

Marco Hillen, Vater dreier schulpflichtiger Kinder und seit etwa zwei Jahren Witwer, ist froh, dass es den Treffpunkt gibt. „Man kann frei über Gefühle reden – hier weiß jeder, wie man so tickt und warum man so tickt“, begründet er. Gabriele Lengert, deren Mann vor dreieinhalb Jahren starb, pflichtet bei, in der Gruppe könne jeder offen über alles sprechen. Und das auch dann, „wenn man wieder zurückfällt“. Auch sie fühlt sich wohl in der Gruppe: „Man wird aufgefangen.“

Gisela Gellenberg weiß das ebenfalls zu schätzen. Sie ist seit drei Jahren Witwe und kommt seit zweieinhalb Jahren zu den Treffen, bei denen sie dann auch mal sagen, „was Sache ist“.

Die positive Alltagsmiene ist ja oft nur aufgesetzt. „Es ist eben nicht gut“, bringt sie auf den Punkt, was sie sonst oft lieber für sich behält. Nämlich, dass es ihr manchmal gar nicht gut geht. Da helfe es dann zu erfahren, wie andere damit umgingen, bekräftigt Hillen.

So vertraut sich etwa Annemarie Petry möglichst keinem „Außenstehenden“ mehr an. Mit vielen könne man darüber einfach nicht reden, nennt sie als Beispiel Vorhaltungen, sie sei ja „nur am Leiern“. Dabei waren sie und ihr Mann fast 40 Jahre verheiratet, als er vor mehr als drei Jahren ganz plötzlich starb. Das Verständnis für Trauernde trifft sogar schon nach kürzerer Zeit an Grenzen.

Der Mann von Carmen Feyer starb erst im vorigen November nach kurzer schwerer Krankheit. Doch auch sie ist dankbar, bei den Treffen einfach mal weinen, reden – und den Namen ihres Mannes erwähnen zu können. Denn auch das trifft bei „Außenstehenden“ oft auf Unverständnis, was Hinterbliebene belastet.

 Der Vorteil der Treffen sei, unter Gleichgesinnten zu sein, erklärt Schiemann: „Man kann seine Trauer leben.“ In dem Netzwerk könne sich einer auf den anderen verlassen – und es sei sehr stark, weiß sie auch aus persönlicher Erfahrung.

Eine zweite Gruppe für „verwaiste Eltern“ schloss sich der größeren Gruppe inzwischen an, sodass es nun etwa 16 Menschen sind.

Und das funktioniere sehr gut, betont Ulrike Schiemann-Zurek.  Denn alle teilten die Erfahrung von Verlust, Einsamkeit, Traurigkeit oder Heimweh.

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