Wenn Giftstoffe die Feuerwehren fordern

Morbach · Einsätze mit Gefahrstoffen kommen in der Region selten vor. In Morbach gab es 2014 allerdings einen Vorfall, bei dem Lösungsmittel in die Kanalisation floß. Solche Szenarien müssen geprobt werden, damit sich bei den Einsatzkräften eine gewisse Routine einstellt. Zu den Beobachtern einer besonderen Übung zählte auch Kreisfeuerwehrinspekteur Jörg Teusch.

Morbach. Gespannte Geschäftigkeit auf dem Parkplatz des Lebensmittelgroßhändlers Servicebund Mettler in Morbach: Die Feuerwehrleute der Stützpunktwehr fahren mit ihren Fahrzeugen vor. Einige Aktive legen Atemschutzgeräte an, während ihre Kameraden Chemikalienschutzanzüge aus den Fahrzeugen holen. Doch handelt es sich an diesem Abend nicht um einen Einsatz. Der stellvertretende Leiter des Gefahrenstoffzugs Karsten Franzen hat für eine Übung einen Schaden in den Kühlanlagen des Unternehmens simuliert.
Falls es wirklich zu einem Schaden gekommen wäre, würde an einer Stelle des Kühlkreislaufs jetzt Ammoniak austreten.
Verätzungen drohen


Das stechend riechende, gasförmige Kühlmittel wird unter Druck bei Temperaturen von minus 33 Grad Celsius flüssig, sagt Kreisfeuerwehrinspekteur Jörg Teusch, der die Übung beobachtet. Da bei einem direkten Kontakt mit Ammoniak Verätzungen und Erfrierungen drohen, ist die Übung besonders anspruchsvoll. "Bei einem Einsatz ist Vollschutz notwendig, mindestens aber Atemschutz", sagt Teusch. Zwar haben die Feuerwehrleute in einem ersten Gang ins Gebäude einen angenommenen Verletzten lediglich mit Atemschutzgeräten gerettet. Doch für die eigentliche Erkundung des Schadens ziehen zwei Feuerwehrleute ihre Chemikalienschutzanzüge (CSA) an, suchen im Gebäude nach dem Leck in der Anlage und informieren ihre Kameraden per Funk über die Lage vor Ort. Sind Wasserabläufe vorhanden? Wie viel Gefahrstoff tritt aus? Wie ist die Sicht im Gebäude?
Während die beiden nach ihrer Rückkehr aus dem Gebäude mit Wasser dekontaminiert werden, betreten zwei weitere Feuerwehrleute in CSA-Kluft das Gebäude, um die Ammoniakdämpfe mit Wassernebel niederzuschlagen. Weitere Feuerwehrleute dichten den Kanal ausgangs des Geländes ab, um zu verhindern, dass das kontaminierte Wasser in die Kanalisation gelangt. "Im Ernstfall hätten wir den Gefahrstoffzug des Kreises informiert", sagt Matthias Reimer, Gruppenführer des Kreisgefahrstoffzugs. Zwar komme ein Einsatz wegen Chemikalien nur ganz selten vor, sagt der Morbacher Wehrleiter Marco Knöppel. "Doch je weniger ein Einsatz im täglichen Geschäft vorkommt, desto wichtiger ist es, solche Fälle zu üben, damit Routine dahinter kommt", sagt er.
Jüngster Einsatz 2014


In Morbach hat sich der letzte größere Einsatz wegen Chemikalien im August 2014 ereignet. Damals waren aus der Produktionsanlage eines Morbacher Unternehmens größere Mengen eines Lösungsmittels in die Kanalisation gelangt. Mehrere Straßenzüge und Geschäfte waren damals evakuiert worden (der TV berichtete).
Doch an einen Einsatz wegen Austritts von Ammoniak kann sich Kreisfeuerwehrinspekteur Teusch nicht erinnern. "In den letzten fünf Jahren hatten wir im Kreis keinen", sagt er.
Unternehmen, die mit solchen Mitteln arbeiten, hätten hohe Auflagen. So sorgen Sicherheitsventile im Unglücksfall dafür, dass die Anlagen sich selbst verschließen und nur das in den Leitungen befindliche Ammoniak ausströmen kann.
Auch Gülle ist gefährlich


"Auf der Straße kann mehr passieren als in Betrieben", sagt Teusch. Wenn die Feuerwehren mit Gefahrstoffen zu tun hätten, seien es überwiegend Heizöl, Benzin, Diesel oder Gülle. Teusch: "Das ist für die Umwelt aber nicht ungefährlicher."

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