Zoff um Alleingang

Erbeskopf · Die Verbandsgemeinde Thalfang wird verklagt, weil Bürgermeister Marc Hüllenkremer zwei Anwaltsrechnungen nicht bezahlen will, die aufgrund der Kommunalreform entstanden sind. Das sorgt im Rat für lange Diskussionen.

 TV-Foto: Friedemann Vetter

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Erbeskopf Heftige Vorwürfe von Mitgliedern des Thalfanger VG-Rats an die Adresse von Bürgermeister Marc Hüllenkremer, ein erregter Beigeordneter Burkhard Graul, der kurz davor gewesen ist, den Raum aus Protest zu verlassen, unvollständige Unterlagen - in der jüngsten Sitzung des Thalfanger VG-Rats im Hunsrückhaus am Erbeskopf sind die Wogen hochgeschlagen.

Die Vorgeschichte: Bürgermeister Hüllenkremer fährt im Dezember 2016 und im Januar 2017 zu einer Anwaltskanzlei nach Köln, um sich in Fragen der Kommunalreform rechtlich beraten zu lassen. Offensichtlich sind weder der Rat noch die Beigeordneten darüber informiert.

Hüllenkremer wird an beiden Terminen von den Ortsbürgermeistern Richard Pestemer aus Neunkirchen und Reiner Roth aus Lückenburg begleitet. Die Gespräche laufen nicht zufriedenstellend, so dass Hüllenkremer die Zusammenarbeit mit dem Anwaltsbüro abbricht und zwei Rechnungen für Anwaltsleistungen in der Gesamthöhe von 8508,50 Euro wegen aus seiner Sicht nicht erbrachter Leistungen nicht bezahlt.

Nachdem Hüllenkremer gegen das Mahnverfahren Widerspruch erhebt, leitet das Kölner Anwaltsbüro vor dem Landgericht Trier ein Klageverfahren gegen die Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf ein.

Die Wochen vor der Sitzung: Die Klage wird Hüllenkremer am 25. August zugestellt. Das Landgericht setzt eine Frist zum 8. September, bis zu der die VG sich erklären muss, wenn sie sich gegen die Klage wehren will. Hüllenkremer trifft eine entsprechende Eilentscheidung und beauftragt eine Thalfanger Rechtsanwältin, die VG zu vertreten.

Die Beigeordneten der VG werden laut Hüllenkremer am 1. September über die Vorgänge informiert.

Die Sitzung: Um über den Sachverhalt und die Eilentscheidung Hüllenkremers zu diskutieren, beantragt die SPD für die aktuelle Sitzung am vergangenen Donnerstag einen gesonderten Punkt zur Tagesordnung. Zu Beginn verliest Hüllenkremer eine längere Stellungnahme, in der er über den Vorgang und die Gründe seines Verhaltens Auskunft gibt. Er begründet den Beratungsbedarf damit, dass die Kommunalreform eine komplexe Materie sei, die rechtlich nicht einfach zu durchschauen und zu bewerten ist.

In der darauf folgenden, rund 90 Minuten dauernden Diskussion, geht es zum Teil sehr hitzig zu. "Sie haben die Sache seit dem 13. Januar mit sich rumgetragen und wollen jetzt eine Eilentscheidung haben", sagt Detlef Jochem von der SPD. "Sie haben Kosten verursacht in Höhe von 8500 Euro, die Sie nicht bezahlen wollen", legt seine Fraktionskollegin Bettina Brück nach.

Werner Breit von der FDP unterstellt Hüllenkremer, dass dieser sich habe beraten lassen wollen, um zu erfahren, wie man Beschlüsse des VG-Rats hintergeht. "Ich nenne das Steuergeldverschwendung", sagt er zu den entstandenen Kosten. "Nennen Sie Gründe, die belegen, dass wir den Widerspruch gewinnen können", fordert Stephan Müller von der Neuen Liste. "Mein Vertrauen zu Ihnen ist weg", sagt der Beigeordnete Burkhard Graul in Richtung Hüllenkremer.
"Wenn Sie als Vertreter der VG zum Anwalt gehen und Herr Pestemer Unterlagen erstellt, macht mich das stutzig", sagt Winfrid Welter von der CDU. Bei Fragen verweist Hüllenkremer mehrfach auf seine Ausführungen zu Beginn der Debatte. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass er Personen zu den Gesprächen mitgenommen habe. Die Anwaltsforderung sei strittig.

Pestemer versucht zu relativieren und vergleicht die Anwaltskosten mit höheren Nachfinanzierungen für die Sanierung der Realschule plus, die der Rat in der gleichen Sitzung beschlossen hatte. "Der VG-Rat hat sich hinter den Bürgermeister zu stellen", fordert er bei Zwischenrufen seiner Ratskollegen. Er wirft diesen ein Nachkarten vor. "Wenn Sie diesen Bürgermeister nicht wollen, dann haben Sie die Möglichkeit, ein Abwahlverfahren einzuleiten."
Als Graul daraufhin sprechen will und Pestemer aufgrund von dessen Zwischenrufen "Halten Sie den Mund" entgegenruft, droht die Situation zu eskalieren, da Hüllenkremer Graul das Wort entziehen und dieser unter Protest die Sitzung verlassen will.

"Dass er (Anmerkung: Bürgermeister Hüllenkremer) Sie und Herrn Roth mitgenommen hat, ist eine Sauerei", ruft Graul Pestemer entgegen, als er weiterreden kann. "Hier sitzen drei Beigeordnete und gewählte Mitglieder", empört er sich. Mehrfach fordern Sitzungsteilnehmer die Schriftführer auf, provokant formulierte Äußerungen wörtlich zu protokollieren.

Nur mit Mühe gelingt es Hüllenkremer, die Diskussion wieder auf eine sachliche Ebene zurückzuführen. "Sie können gegen mich persönlich vorgehen, aber die VG ist verklagt", sagt er. Müller von der Neuen Liste meldet sich erneut zu Wort: "Wenn das Gericht entscheidet, dass eine Leistung erbracht worden ist und Sie gelogen haben, dann erwarte ich Konsequenzen", sagt er.
Die Situation beruhigt sich erst wieder, als der Bürgermeister mehrfach anbietet, bei einer Niederlage vor dem Landgericht alle Kosten selbst zu bezahlen. Laut Edwin Maßmann von der Verwaltung müsse man mit Kosten von rund 13 500 Euro rechnen, inklusive der Rechnungen der Kölner Anwaltskanzlei. Bei einer Sitzungsunterbrechung haben sich die Fraktionen daraufhin geeinigt, nicht gegen die Eilentscheidung vorzugehen. Eine Abstimmung darüber ist nicht erfolgt, die Eilentscheidung des Bürgermeisters bleibt so gültig.Extra: FEHLENDE UNTERLAGEN ZUR KLAGESCHRIFT


Bei den Unterlagen für die Ratsmitglieder haben mehrere Anlagen zur Klageschrift der Kölner Anwaltskanzlei gefehlt, obwohl diese auf dem Anschreiben an die Ratsmitglieder aufgeführt worden waren. Sowohl Bürgermeister Marc Hüllenkremer als auch Edwin Maßmann von der Verwaltung haben betont, dass dies nicht beabsichtigt gewesen sei und es sich offensichtlich um einen Fehler beim Zusammenstellen der Unterlagen handele.

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