Bislang einmaliger Fall in Rheinland-Pfalz Intersexueller verklagt Stadt Trier wegen Benachteiligung

Trier · Premiere in Rheinland-Pfalz: Weil er in einer Stellenanzeige der Stadt Trier seiner Ansicht nach diskriminiert worden ist, hat ein Intersexueller 1000 Euro bekommen. Auf diesen Vergleich hätten sich Kläger und Vertreter der Stadt geeinigt, sagte die Direktorin des Trierer Arbeitsgerichts, Uta Lenz, auf Anfrage unserer Zeitung.

Intersexueller verklagt Trier wegen Benachteiligung
Foto: dpa/Britta Pedersen

Die Kommune sei verklagt worden, weil in einer städtischen Stellenanzeige für einen Sachbearbeiter Inklusion nur weibliche (w) und männliche (m) Bewerber angesprochen wurden, nicht aber diverse (d). Mit dem Eintrag divers können sich seit dem vergangenen Jahr Menschen registrieren lassen, die sich nicht nur einem Geschlecht zugehörig fühlen. Nach Schätzungen gibt es zwischen 80 000 und 160 000 intersexuelle Menschen in Deutschland.

Hintergrund der Einführung einer dritten Geschlechtsoption ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Karlsruher Richter entschieden im Oktober 2017, dass die damals noch geltende Regelung gegen das Diskriminierungsverbot verstieß.

Seit Einführung des sogenannten dritten Geschlechts können auch Intersexuelle unter Verweis auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz argumentieren, dass sie nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden dürfen. Hält sich der Arbeitgeber nicht daran, kann das Gegenüber eine Entschädigung verlangen.

Genau das hat im Fall der Stadt Trier ein Intersexueller aus Norddeutschland gemacht; nach Angaben der Stadt übrigens nicht nur in Trier, sondern auch anderswo. Laut der Mainzer Familien-Staatssekretärin Christiane Rohleder war es das erste Mal, dass ein solcher Fall vor einem rheinland-pfälzischen Arbeitsgericht verhandelt wurde. Das antwortete Rohleder unlängst auf eine Anfrage der AfD-Landtagsabgeordneten Gabriele Bublies-Leifert.

Ein Sprecher der Stadt verwies darauf, dass die Stelle schon Anfang vergangenen Jahres ausgeschrieben war und die Rechtslage seinerzeit noch ungeklärt gewesen sei. Mittlerweile verwende auch die Stadt bei Stellenausschreibungen das dritte Geschlecht.

Dazu raten auch Experten. Mit den Kürzeln „d“ für divers oder „i“ für inter sei man rechtlich auf der sicheren Seite, sagt Sprecher Sebastian Klipp von der Trierer Industrie- und Handelskammer.

Bei vielen Firmen und Betrieben scheint sich die Neuregelung aber noch nicht herumgesprochen zu haben. Nach einer fünf Monate zurückliegenden Analyse der Jobsuchmaschine Adzuna von über 600 000 Stellenangeboten nennen nur 55 Prozent der deutschen Unternehmen das dritte Geschlecht in ihren Anzeigen.

Nach Angaben der Standesämter haben sich in Rheinland-Pfalz bislang nur wenige Personen als „divers“ in die Register eintragen lassen.

Familien-Staatssekretärin Christiane Rohleder sagt, an die Einführung einer Quotenregelung für Intersexuelle sei seitens der Mainzer Landesregierung nicht gedacht.

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