Militär und Inzidenzen Verfassungsbeschwerde - Verfälschen US-Soldaten die regionale Corona-Statistik?

Update | Trier · Sind einige regionale Inzidenzwerte zu hoch, weil hier lebende Amerikaner die Statistik verfälschen? Das behaupten mehrere rheinland-pfälzische Kommunalpolitiker und Gastronomen. Sie ziehen deshalb jetzt vor Gericht.

Inzidenz: Verfälschen US-Soldaten die regionale Corona-Statistik?
Foto: dpa/Boris Roessler

Stimmen die regionalen Inzidenzwerte nicht, weil die hier lebenden Amerikaner in der Statistik nicht korrekt berücksichtigt sind? Ja, sagen mehrere rheinland-pfälzische Kommunalpolitiker und Gastronomen. Sie haben deswegen Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt. Ziel der Beschwerde: Die Kläger aus dem Kreis Kaiserslautern wollen erreichen, dass in den örtlichen Corona-Inzidenzwerten auch die Zahlen der hier lebenden US-Soldaten berücksichtigt werden.

Die Sache ist etwas vertrackt: Mit dem Coronavirus infizierte Soldaten fließen zwar in die Zahlen mit ein, die dem Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet werden. In der Einwohnerstatistik tauchen die Amerikaner allerdings nicht auf, weil sie nicht in Deutschland gemeldet sind. Die amtlichen Einwohnerzahlen verwendet das RKI allerdings ebenfalls, um daraus und aus den Infiziertenzahlen die jeweilige Inzidenz zu ermitteln. Einmal sind die Amerikaner also berücksichtigt, das andere mal nicht. „Damit ist die Berechnungsgrundlage einfach falsch“, sagt der Bürgermeister von Ramstein-Miesenbach, Ralf Hechler (CDU). Er ist – neben zwei Einzelhändlern, einem Hotelier und einem Gastronomen – einer der fünf Kläger, die sich an das Verfassungsgericht gewandt haben. Sie argumentieren, dass durch die Art der Berechnung die Inzidenz hochgetrieben werde. Dies könne zur Schließung von Geschäften führen, wenn die gesetzlichen Höchstzahlen überschritten würden. Dann müssten im Extremfall alle die Folgen tragen. „Das ist nicht gerecht“, sagt VG-Bürgermeister Hechler. Nach seinen Berechnungen kann der Unterschied bis zu 25 Punkte ausmachen. 

Anders als beim RKI werden in den täglichen Coronavirus-Veröffentlichungen des Landesuntersuchungsamts auch die Inzidenzzahlen unter Berücksichtigung der in der jeweiligen Kommunen lebenden US-Soldaten aufgelistet. Danach war am Donnerstag im Kreis Kaiserslautern der Inzidenzwert „mit“ Amerikanern um 15,4 Prozentpunkte unter dem offiziell vom Robert-Koch-Institut gemeldeten Inzidenzwert von 106,6. Im ebenfalls von starker US-Truppenpräsenz betroffenen Eifelkreis Bitburg-Prüm  lag der Inzidenzwert „mit“ Amerikanern um 2,6 Prozentpunkte unter dem offiziell vom RKI gemeldeten Inzidenzwert von 77,7. Die Situation im Eifelkreis sei mit der im Kreis Kaiserslautern nicht vergleichbar, sagt Behördensprecher Thomas Konder. Dennoch könne eine Abweichung von zwei Punkten für einen Landkreis weitreichend sein, sagte Konder unter Verweis auf die Bundes-Notbremse. An der Verfassungsbeschwerde werde sich der Eifelkreis allerdings nicht beteiligen.

Im Kreis Bernkastel-Wittlich war der Wert „mit“ Amerikanern am Mittwoch um 1,2 Prozentpunkte geringer als der vermeldete Inzidenzwert von 84,5.  Trotz der im Vergleich zu Kaiserslautern geringen Abweichung schließe sich die Kreisverwaltung der grundsätzlichen Kritik von Bürgermeister Hechler an, sagte Sprecher Manuel Follmann unserer Zeitung. Denn anders als in der Vergangenheit bestehe seit Inkrafttreten der Bundesnotbremse kaum noch die Möglichkeit, Grenzfälle mit dem Gesundheitsministerium zu erörtern oder den Inhalt von Allgemeinverfügungen zu klären.

Beim RKI scheinen die Kritiker allerdings auf taube Ohren zu stoßen. Das Institut will bei der Berechnung nach Angaben des Südwestrundfunks weiter auf die Bevölkerungszahlen zurückgreifen – ohne Berücksichtigung der Amerikaner.

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