Lockdown Inzidenzen in der Region steigen auf über 50: Wieder einen Schritt zurück?

Trier · Wenn auch am Samstag die landesweite Inzidenz wieder über 50 liegt, dann müssten wohl auch in der Region vereinzelt wieder Geschäfte schließen. Etwa im Kreis Trier-Saarburg. Oder gibt es womöglich doch eine Ausnahme?

 Erst lange Schlangen und bald wieder tote Hose in den Innenstädten? Bleibt die 7-Tage-Inzidenz bei über 50, drohen erneut Schließungen.

Erst lange Schlangen und bald wieder tote Hose in den Innenstädten? Bleibt die 7-Tage-Inzidenz bei über 50, drohen erneut Schließungen.

Foto: Julia Nemesheimer

Die rheinland-pfälzische Staatskanzlei hat die Einzelhändler im Land bereits am Donnerstag darauf vorbereitet, dass es möglicherweise wieder zu Schließungen von Geschäften kommen könne. Zumindest punktuell. In einer Mail an den Handelsverband wurden die Händler vorgewarnt. Erstmals seit über einer Woche lag die landesweite Inzidenz wieder über 50.

Falls das an drei aufeinanderfolgenden Tagen der Fall sei, griffen Sicherheitsmechanismen, erklärt ein Sprecher des Corona-Kommunikationsstabs auf Anfrage unserer Zeitung.  Dann müssten in den Kommunen, die  ebenfalls über 50 liegen (und das muss in dem Fall nicht drei Tage hintereinander der Fall sein), die seit Anfang der Woche geöffneten Geschäfte wieder schließen. Kunden dürften dann wieder nur nach Voranmeldung dort einkaufen.

Auch beim Sport würden dann die Lockerungen wieder eingeschränkt. Statt zehn dürften dann  maximal nur noch fünf Personen (oder höchstens 20 Kinder) gemeinsam draußen trainieren.  Der Besuch in Galerien, Zoos und botanischen Gärten wird dann nur mit Terminbuchung und Dokumentation möglich.

Entscheidung schon am Samstag? Möglicherweise muss die Landesregierung bereits am Samstag, einen Tag vor der Landtagswahl, die unangenehme Entscheidung treffen. Dann nämlich, wenn auch am Samstag die Zahl der Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in sieben Tagen erneut über 50 liegt. Dann müssten (Stand Freitagnachmittag) in der Region einzig im Kreis Trier-Saarburg die Geschäfte wieder schließen, weil dort ebenfalls der Wert über 50 liegt. Allerdings lag am Freitag auch der Eifelkreis Bitburg-Prüm knapp darunter. Würde dort die Sieben-Tage-Inzidenz auch auf über 50 steigen, dann müsste es auch dort die vereinbarten Einschränkungen geben.

Was passiert bei Inzidenzen über 100? In Regionen, in denen die Inzidenz über 100 auf 100 000 Einwohner in sieben Tagen liegt, kann es weitere Einschränkungen wie etwa Ausgangssperren und Schulschließungen geben. Wenn der Wert landesweit an drei Tagen über 100 liegt, dann werden in ganz Rheinland-Pfalz wieder die Lockerungen zurückgenommen. „Es liegt jetzt in unserer Verantwortung, damit die Zahlen nicht weiter steigen“, sagt Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer des rheinland-pfälzischen Handelsverbandes.

Was spricht gegen komplette Schließungen? Ein Argument, weiter alle Läden in Gebieten mit Inzidenz unter 100 offenzulassen, wäre, einen Flickenteppich vermeiden zu wollen. Denn wenn etwa in Trier Händler öffnen dürfen, im Kreis Trier-Saarburg nicht, könnte dies zu noch stärkerem Andrang auf die Läden in der Stadt führen. Und schon bisher gab es hier einzelne Filialen, vor denen sich lange Schlangen gebildet haben. Zudem ist eines ebenfalls klar: Die leicht gestiegenen Zahlen können nicht aus der Öffnung des Handels herrühren – die Lockerungen gab es erst am Montag, Auswirkungen zeigen sich erfahrungsgemäß frühestens zehn Tage später. Und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) könnte hier auch einmal auf die Nachbarn im Saarland verweisen.

Ist ein Urteil aus dem Saarland wegweisend? In dieser Woche gab es ein möglicherweise wegweisendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Saarlouis, das die Vorgabe an die meisten Einzelhändler, nur nach Terminbuchung Kunden bedienen zu dürfen, als unzulässig ansieht.  Die Richter argumentierten damit, dass der Gleichheitsgrundsatz verletzt sei, weil etwa Blumenläden oder Buchhändler auch bei Inzidenzen über 50 ohne Voranmeldung Kunden bedienen durften. Und die Richter hatten „erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Betriebseinschränkungen“. Im Saarland hat Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) mittlerweile erläutert, dass er das Urteil akzeptieren werde. Die Geschäfte werden dort also auch bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 für Laufkundschaft offen bleiben dürfen. Hans gab nur den Ratschlag, möglichst vor dem Einkauf einen Schnelltest zu machen – dies war aber nur ein Tipp, nicht mehr.

Schnelltests – Wer soll wo testen? Auch in Rheinland-Pfalz hatten sich Landesregierung und Handel darauf verständigt, dass Kunden vor dem Einkaufen Schnelltests angeboten werden. „Auch im Handel muss mit den neuen Selbst- und Schnelltests getestet werden, um die öffentlichen Teststationen nicht zu überlasten“, verkündete Dreyer vergangene Woche, als sie überraschend mitteilte, dass in ganz Rheinland-Pfalz wieder die Geschäfte öffnen dürfen und nicht nur in den Kommunen, in denen die Inzidenz unter 50 liegt. Laut Scherer gibt es für die Schnelltests bei den Geschäften aber noch gar kein Konzept. Es sei nicht geklärt, wer diese durchführen und wer die Kosten dafür übernehmen soll. „Und woher sollen wir die Tests bekommen?“ fragt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes.

Der Rat des Experten:  Der Trierer Mikrobiologe Ernst Kühnen warnt davor, den momentanen Anstieg der Corona-Neuinfektionen zu dramatisieren. Bereits ein paar hundert Fälle mehr pro Tag würden als ein deutliches Plus bezeichnet und das bei 83 Millionen Einwohnern Deutschlands.  Er plädiert für eine kontrollierte Öffnung des  täglichen  Lebens „unter Berücksichtigung aller schützenden Kriterien“. „Das“, so Kühne, „würde nicht nur der Wirtschaft guttun. Corona ist ein sehr ernstes Langzeitproblem, ein kompletter Lockdown aber kein Allheilmittel.“

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