Jenny-Gedenktafel zurückgekehrt

Trier · Am Elternhaus Jennys von Westfalen in der Neustraße hängt wieder eine Gedenktafel. Diesmal zeigt sie wirklich die Gattin von Karl Marx. Der feierlichen Enthüllung am Dienstagabend wohnten fast 100 Trierer Bürger bei.

Jenny-Gedenktafel zurückgekehrt
Foto: Roland Morgen

(rm.) Groß war die Anteilnahme an jenem 2. Dezember 1982, als erstmals eine Gedenktafel am Haus Neustraße 83 enthüllt wurde. Hunderte von Menschen lauschten der Ansprache der luxemburgischen Außenministerin Colette Flesch, die dazu aufrief, sich mit der großen Frau auseinander zu setzen, die ihre Kindheit und Jugend in dem Haus verbracht hatte und dann den Rest ihres Lebens mit Karl Marx verbrachte.

Groß war der Aufschrei zehn Jahre später, als der Moskauer Wissenschaftler Boris Rudjak nachwies, dass das damals kursierende und oftmals für Biographien verwandte Jenny-Jugendbildnis jemand ganz anderen zeigte: Gertrud Kugelmann, eine Freundin der Familie Marx. Mithin war auch die Gedenktafel in der Neustraße falsch.

Der Trierer Bildhauer Franz Schönberger hat nun einen „Doppelfehler“ ausmerzen können. Die Vorlage, die ihm 1982 für die Anfertigung der Jenny-Plakette diente, „war zu allem Überfluss auch noch seitenverkehrt“, sagte der Künstler am Dienstagabend bei der Enthüllung der nun zweifelsfrei „richtigen“ Gedenktafel. Die Neuanfertigung unter Verwendung des alten Schriftteils „Jenny von Westphalen 1814 – 1881 Ehefrau von Karl Marx Elternhaus“ hat, wie bereits 1982, die Volksbank Trier finanziert, die im Erdgeschoss des Hauses eine Filiale unterhält.

Ignaz Bender, Uni-Kanzler a. D. und 1981 einer der Initiatoren der Gedenktafel, zeigte sich bei der Enthüllung am Dienstagabend „erleichtert und froh. Wir sind damals reingefallen auf ein falsches Bildnis. Jetzt ist alles in Ordnung.“ Gemeinsam mit Angelika Limmroth (Göttingen), Verfasserin der Biografie „Jenny von Westphalen – das unbekannte Kapital des Karl Marx“, enthüllte Bender die Plakette.

"Eine ebenbürtige Partnerin eines großen Mannes“

Angelika Limmroth würdigte in ihrer Ansprache Jenny Marx als „engagierte, geistig eigenständige, selbstbewusste und ebenbürtige Partnerin eines großen Mannes.“ Mutig, unangepasst und – was das Geschlechterrollen-Verständnis anbetrifft, ihrer Zeit weit voraus, sei sie auch im 21. Jahrhundert des Erinnerns wert.

Außerdem regte Limmroth eine „Rückhol-Initiative“ an. Ein heute zum Bestand des Historischen Museums Berlin gehörendes, aber nicht öffentlich ausgestelltes Jenny-Ölgemälde, das ein unbekannter Künstler vermutlich 1836 malte, solle als Dauerleihgabe im Karl-Marx-Haus zu sehen sein: Trier hat eine Straße nach Jenny von Westphalen benannt und nun die richtige Gedenktafel – das Jenny-Bild im Karl-Marx-Haus wäre das i-Tüpfelchen.

Jenny von Westphalen wurde am 12. Februar 1814 in Salzwedel als Tochter des liberal eingestellten Landrats Ludwig von Westphalen geboren, der 1816 als Dezernent an die Bezirksregierung Trier wechselt. Die von Westphalens freunden sich rasch mit der Familie des Juristen Heinrich Marx an. Dessen Sohn Karl (1818 bis 1883) heiratet Jenny nach siebenjähriger Verlobung 1843 in Bad Kreuznach. Die einstige „Ballkönigin“ und „schönstes Mädchen von Trier“ stellt fortan ihr Leben in den Dienst ihres Mannes, schreibt seine Manuskripte ab, korrigiert und redigiert sie. Sie bringt sieben Kinder zur Welt, von denen vier sterben und nur drei Töchter das Erwachsenenalter erreichen.

Während ihrer gesamten Ehe leidet Jenny Marx unter den ärmlichen Lebensverhältnissen der Familie, die im Exil in Brüssel, Paris und London lebt. Erst nach der Veröffentlichung des ersten Bandes von „Das Kapital“ (1867) bessert sich die finanzielle Situation der Familie. Im gleichen Jahr erkrankt Jenny Marx an Krebs. Mit 67 Jahren stirbt sie in London.

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