Juristen warnen vor Zweiklassen-Justiz

Trier · Kommende Woche wird der Bundesrat endgültig den rechtlichen Rahmen für Absprachen in Strafverfahren, so genannten „Deals“ verabschieden. Praktiker aus der Justiz, die beim Trierer „Amts- und Landrichtertag“ zusammentrafen, befürchten einen schleichenden Vertrauensverlust bei den Bürgern.

 Aktenberge im Gericht: So genannte ,,Deals" können zeitraubende Verfahren abkürzen.

Aktenberge im Gericht: So genannte ,,Deals" können zeitraubende Verfahren abkürzen.

Foto: Archiv/Friedemann Vetter

(DiL) Immer öfter enden komplexe Strafverfahren mit einer „Verständigung“, will heißen: Zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung wird vorher „ausgehandelt“, mit welchem Strafnachlass der Angeklagte im Fall eines Geständnisses rechnen kann. Dadurch wird die Beweisaufnahme oft erheblich verkürzt, die Verfahrensdauer reduziert sich – aber die Wahrheitssuche kann ebenfalls auf der Strecke bleiben.

„Deal“ nennt dieses Geschäft selbst der Präsident des Bundesgerichtshofs, Professor Klaus Tolksdorf, der in Trier zu den Referenten gehörte. Der Strafprozess gerate zunehmend „auf eine abschüssige Bahn“. Oft führe der Deal zu Strafen, „die nicht mehr schuldangemessen sind“. Für Geständnisse gebe es viel zu hohe Rabatte, bestünden Angeklagte aber darauf, das Verfahren bis zu Ende durchzufechten, entstehe oft der Eindruck von Straf-Zuschlägen.

Schon in seiner Einladung hatte Landgerichtspräsident Wolfgang Krämer auf die Gefahr hingewiesen, das häufiger auftretende Strafmaß „Zwei Jahre mit Bewährung“ vor allem bei prominenten Straftätern könne „das Vertrauen in die Gerechtigkeit erschüttern“ und den Verdacht der Zwei-Klassen-Justiz erzeugen.

Der Düsseldorfer Strafverteidiger Professor Jürgen Wessing sprach sogar von einem „Deal-Zwang“, der sich daraus ergebe, dass oft alle Beteiligten von der Absprache profitierten – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Dem Gericht verschaffe er Arbeitserleichterung, dem Staatsanwalt die Möglichkeit, direkt auf das Strafmaß Einfluss zu nehmen, der Verteidigung spare er Zeit und dem Angeklagten bringe es eine geringere Strafe. „Alle können zufrieden sein – abgesehen vom Recht“, so Wessings pointierte Einschätzung.

Der Rheinland-Pfälzische Justizminister Heinz Georg Bamberger stand mit seiner Unterstützung für den Gesetzentwurf ziemlich alleine da. Auch er räumte ein, „nach Ackermann, Zumwinkel und Hartz“ sei das Vertrauen der Bürger in die Justiz „drastisch gesunken“. Aber die gesetzliche Regelung der Absprache mit Regularien und Grenzen sei ein „vernünftiger und praxisgerechter Mittelweg“.

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