Kinderschänder-Prozess geht in die Verlängerung

Trier · Der Trierer Kinderschänder-Prozess geht in die Verlängerung: Das Landgericht will nochmals die Sachverständige laden, die sich mit der Psyche des 38-jährigen Angeklagten beschäftigt hat. Möglicherweise hat sich der Mann an den Hauptopfern - zwei heute elfjährigen Zwillingsbrüdern - länger vergriffen als bisher berücksichtigt.

„Mögliche Übergriffe müssten in die Urteilsfindung miteinbezogen werden“, sagte der Vorsitzende Richter Albrecht Keimburg am Dienstag. Der angeklagte gebürtige Leipziger steht seit Anfang Januar wegen sexuellen Missbrauchs von fünf Jungen vor Gericht.

Eine Bekannte der Familie der Zwillingsbrüder sagte am Dienstag aus, dass der ehemalige Sporttrainer aus Mayen in der Eifel die Buben auch nach einer gerichtlich angeordneten Kontaktsperre im Januar 2008 weiter getroffen habe. Die Jungen hätten dann nicht mehr in deren Elternhaus in Retterath (Kreis Vulkaneifel), sondern bei dem 38-Jährigen in Mayen übernachtet. Deren Vater selbst habe sie zu „Christoph G.“ gefahren. Unter anderem seien sie nach der Probe im Musikverein in Mayen — in dem auch der Angeklagte war — über Nacht geblieben. Der Vater der Söhne soll auch Geld von dem 38-Jährigen bekommen haben. „Das kam mir im Nachhinein irgendwie wie Schweigegeld vor“, sagte sie.

Vorwürfe, die schwer nachzuprüfen sind: Einer Vernehmung der Opfer — der Zwillinge — erteilte der Sachverständige Burkhard Schade eine klare Absage: „Aus psychologischer Sicht“ sei eine Vernehmung der Jungen mit einem „hohen Risiko der Kindeswohlgefährdung“ verbunden und daher „uneingeschränkt abzulehnen“, sagte der Leiter des Instituts für Forensische Psychologie in Dortmund. Zudem würde eine Anhörung der Kinder auch keine neue Beweise in der Frage liefern, ob der 38-Jährige mehr Taten begangen habe als in der Anklage stehen, sagte der Psychologe. „Ihre Angaben beziehen sich ohnehin auf eine große Anzahl von Taten.“

Mit der erneuten Ladung der Sachverständigen haben die beiden Opferanwälte einen Erfolg erzielt. Denn die Angaben der Expertin sind wichtig bei der Frage, ob der Angeklagte in Sicherungsverwahrung muss. Bereits am vergangenen Prozesstag hatten die Nebenkläger mit Anträgen versucht, die Sachverständige erneut zu laden. Ohne Erfolg. Auch ein Antrag auf Befangenheit der Sachverständigen lehnte die Jugendkammer am Dienstag ab. Einem weiteren, die Expertin wegen der neuen Vorwürfe erneut zu vernehmen, gab Keimburg dann statt.

Bisher hat die Sachverständige in einem Gutachten über den 38-Jährigen „nur“ eine Sicherungsverwahrung „unter Vorbehalt“ begründet. Das hieße, erst sechs Monate vor Aussetzung der Strafe auf Bewährung wird entschieden, ob es zu einer Sicherungsverwahrung kommt. Der geständige Kaufmann soll sich zwischen 2002 und 2009 in 18 Fällen an Jungen vergangen haben. Seinen Missbrauch hat er laut Anklage teilweise gefilmt und ins Internet gestellt.

Für Opferanwalt Dietz dagegen ist klar, dass für den Angeklagten nur eine Sicherungsverwahrung infrage kommt, „weil er über Jahre hinweg nicht von Kindern abgelassen hat und damit deutlich gemacht hat, dass er den Hang hat, sich an Kinder zu vergehen“. Eigentlich hatte der Prozess schon am 12. März zu Ende gehen sollen. Dann hatte das Landgericht für Dienstag die Plädoyers erwartet. Jetzt geht der Prozess am 7. April weiter.

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