Rheinland-Pfalz Kommentar zum Wählen ab 16: Mit dieser Entscheidung macht sich die CDU keine Freunde

Mainz · Für das Wählen ab 16 gibt es eine ganze Reihe guter Gründe - praktisch und wissenschaftlich. Das formalistische Argument der CDU wirkt daher vorgeschoben. Mit einer Ablehnung des Ampel-Vorschlags wird sie sich bei den Jugendlichen keine Freunde machen, kommentiert unser Landeskorrespondent Sebastian Stein.

 Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren dürfen 2024 zwar bei der Europawahl wählen, nicht jedoch bei den rheinland-pfälzischen Kommunalwahlen.

Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren dürfen 2024 zwar bei der Europawahl wählen, nicht jedoch bei den rheinland-pfälzischen Kommunalwahlen.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Diese Entscheidung des rheinland-pfälzischen Landtags wird in gut einem Jahr zu einer irrwitzigen Situation führen. 16- und 17-Jährige werden darüber abstimmen dürfen, wer künftig im EU-Parlament sitzt. Zugleich aber wird ihnen in der Wahlkabine verwehrt bleiben, über die Zusammensetzung des Gemeinderats ihrer Heimat zu entscheiden. Das wird den jungen Wählern kaum zu erklären sein. Trotz mehrerer Anläufe ließen sich CDU, AfD und Freie Wähler aber nicht überzeugen. Die gesamte Opposition will die Verfassungsänderung am Freitag ablehnen.

Dabei gibt es eine Reihe guter Gründe, den 70.000 16- und 17-Jährigen mehr Gehör zu verschaffen: die Vernachlässigung in der Pandemie, den Klimawandel und generell die Generationengerechtigkeit. Demografisch gesehen stimmen derzeit die Älteren über die Zukunft der Jüngeren ab. Auch aus Sicht der politischen Wissenschaft gibt es kaum Bedenken. In Ländern, die das Wahlalter bereits gesenkt haben, stimmt die jüngste Gruppe nicht seltener ab als andere. Auch das politische Wissen liegt nicht niedriger als bei der nächst höheren Altersgruppe.

Das politische Ziel der Christdemokraten, die das Zünglein an der Wage bei einer Verfassungsänderung sind, bleibt deshalb schleierhaft. Das formalistische Argument der Kopplung des Wahlalters an die Volljährigkeit erscheint bloß vorgeschoben. In vielen anderen Bundesländern hat die CDU für das Wählen ab 16 gestimmt. Womöglich ist der Grund am Ende eher die Sorge vor dem Stimmengewinn für Grüne oder FDP, die üblicherweise bei den Jüngsten stärker abscheiden. Ihr älteres Stammklientel würde die CDU mit einer Zustimmung wohl kaum vergraulen. Dass die Christdemokraten künftig als Verhinderungspartei für mehr jugendliche Beteiligung gelten, verschafft ihr allerdings keine Freunde bei den Wählern der Zukunft. Dabei hatte sich die Partei eigentlich vorgenommen, moderner zu werden.

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