Rheinland-Pfalz Kommentar zur Reform der Schule: Halbherzige Inklusion hilft keinem weiter

Mainz · Dass die rheinland-pfälzische Landesregierung die Inklusion an den Schulen verbessern will, ist richtig. Weil sich die Ampel aber nicht den grundsätzlichen Fragen stellt, hilft die ängstliche Reform am Ende keinem weiter, kommentiert unser Landeskorrespondent Sebastian Stein.

Schon jetzt fehlen Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen. Nach der Reform wird der Bedarf an Lehrkräften noch größer.

Schon jetzt fehlen Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen. Nach der Reform wird der Bedarf an Lehrkräften noch größer.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Durch die UN-Behinderrechtskonvention ist ein inklusives Bildungssystem in Deutschland Pflicht. Bei der Umsetzung schneidet Rheinland-Pfalz allerdings besonders schlecht ab, wie eine Studie bereits vor zwei Jahren attestierte. Dass die Landesregierung die Inklusion in den Grundschulen nun verbessern will, ist daher der überfällige und richtige Weg. Die am Mittwoch vorgestellten Pläne von Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sind allerdings nur eine kleine Reform – und noch dazu eine ängstliche.

Für einige Hundert Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen könnte sich tatsächlich etwas ändern. Sie sollen zunächst die reguläre Grundschule besuchen - und so vom Stigma Förderschule befreit werden. Auch die Durchlässigkeit zwischen den Schulen soll sich verbessern. Für die meisten Kinder aber bleibt es im Prinzip beim Status quo, weil Hubig den Weg des geringsten Widerstands gewählt hat. Das Land hält an allen drei Schulformen – Grundschule, Schwerpunktschule und Förderschule – fest.

Weder traut sich die Ampel, das System der Förderschulen grundsätzlich zu hinterfragen, obwohl die Zahl der Schüler ohne Abschluss dort besonders hoch ist. Noch plant die Landesregierung, zeitnah alle Grundschulen zu inklusiven Schulen umzubauen. Stattdessen beharrt man auf dem Konzept einiger Schwerpunktschulen, denen Wissenschaftler zuschreiben, Chancengerechtigkeit zu torpedieren und soziale Segregation zu verstärken. Wenn es die Landesregierung mit der Inklusion wirklich ernst meint, was sie für sich proklamiert, dann hätten die Ideen schon etwas grundsätzlicher ausfallen müssen.

Die Folge ist, dass sich die gegenwärtigen Probleme an den regulären Grundschulen verschärfen könnten.

Sie sollen künftig mehr Schüler mit Förderbedarf aufnehmen und individuelle Förderprogramme aufstellen. Schon jetzt klagen die Schulen über Überlastung. Schon jetzt unterrichten dort immer häufiger Lehrkräfte ohne Ausbildung. Ob 250 angekündigte zusätzliche Stellen über die kommenden Jahre ausreichen, ist mehr als fraglich. Womöglich lauten die Folgen der Reform am Ende wie beim Kita-Gesetz: Die Anforderungen steigen – gut begründet – immer weiter, nur kann sie keiner richtig erfüllen.

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Foto: Esther Jansen

s.stein@volksfreund.de

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