1:0 für die Freundschaft

HERMESKEIL. Deutsche und polnische Fußballfans zu Gast bei Freunden. 40 Mitglieder der deutsch-polnischen Städtepartnerschaft Hermeskeil-Hel feierten auf private Einladung des Ehepaares Barbara und Gregor Geibel beim WM-Spiel zwischen Deutschland und Polen eine weltmeisterliche Party.

Das "Stadion" im Hause Geibel ist weltmeisterschaftlich dekoriert. Die Fahnen von Deutschland und Polen sowie die kaschubische Flagge aus Hermeskeils Partnerstadt Hel stehen demonstrativ eng nebeneinander. "Wir wollen die Begegnung heute zusammen feiern", sagt der Leiter des Arbeitskreises Hermeskeil-Hel, Norbert Klaas. Und so begrüßt der fußballverrückte Gastgeber Gregor Geibel seine Gäste im polnischen Nationaltrikot. "Polen muss gewinnen. Es wird bestimmt ein spannendes Spiel werden ", prophezeit Geibel, der selbst schon mit einer Jugendmannschaft aus Oberbrombach mehrere Spiele im polnischen Hel ausgetragen hat. Seine Frau Barbara, eine gebürtige Polin, die in der gleichen Region wie die deutschen Stürmer, Miro Klose und Lukas Podolski, aufgewachsen ist, verhält sich vollkommen neutral. Sie trägt ein T-Shirt der deutschen Nationalmannschaft, und schwenkt beim Erklingen der Nationalhymnen ein polnisches Fähnchen. Gerade noch rechtzeitig zum Anpfiff stürmen Willi Auler, mit einer riesigen deutschen Fahne und Roderich Kiesewetter ins "Stadion" und nehmen im deutschen Fanblock Platz. "Polska Gola", feuert die polnische Fangemeinde ihr Team im Chor an. "Deutschland, Deutschland", antwortet lautstark die deutsche "Fankurve". "Daumen drücken, dann schaffen wir das," sagt "Siggi" Semkowiscz", der seit zehn Jahren in Hermeskeil lebt. Er hofft, dass seine Polen gewinnen. "Wir sind besser und gewinnen", hält der Hermeskeil Fußball-Fachmann Ewald Stüber sofort dagegen. Genau wie in Dortmund herrscht im "Stadion Geibel" eine phantastische Stimmung. "So ist auch unsere Städtepartnerschaft", beschreibt Norbert Klaas noch vor dem Halbzeitpfiff. "Wir sind besser als gegen Ecuador", sagt Thomas Gadziala, der ebenso wie der gebürtige Masure Ernst Tuschewski auf die zweite Hälfte setzt, die alle so schnell nicht vergessen werden. Im Raum knistert es vor Spannung - Daumen drückend schauen die Fußballfans zum Bildschirm und können es kaum fassen, dass ausgerechnet der "polnische Junge", Miro Klose, reihenweise beste Torchancen versiebt. Mit dem Platzverweis schwindet bei den Anhängern des polnischen Teams endgültig die Hoffnung auf einen Sieg. "Vielleicht halten wir ja das Unentschieden", hofft "Siggi" Semkowiscz nun, und hält sich betend seine Hände vors Gesicht. "Das gibt es doch nicht", versteht Hermann Gorges nach zwei Lattenschüssen, die Fußballwelt nicht mehr. Kaum jemand sitzt in der dramatischen Schlussphase noch auf seinem Platz. Vor allem die weiblichen Fußballfans, die bisher relaxt das Spiel verfolgten, zeigen plötzlich spontane Emotionen und erleben in einem Wechselbad der Gefühle die pure Dramatik mit deutschem Happy End. "Tor, Tor, Tor", schallt es durch das Fußball-Tollhaus, und alle, egal ob in Hermeskeil oder Polen geboren, freuen sich mit der deutschen Nationalmannschaft über den späten Sieg. "Jetzt soll Deutschland auch Weltmeister werden", wünscht sich Barbara Geibel. "Wie 1974 wieder 1:0 verloren, aber wir gönnen Deutschland den Sieg", sagt Ernst Tuschewski, dessen kurze Enttäuschung über die Niederlage in Freude umschlägt. "Deutschland, Deutschland", schallt es dann noch einmal durch den Raum, als Gregor Geibel plötzlich und unerwartet im deutschen Trikot erscheint. "Wir leben die deutsch-polnische Freundschaft", erklärt Norbert Klaas nach einem unvergesslichen Fußballspiel.

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