111 Jahre Bildung hinter Backsteinmauern

Saarburg · Sogar auf dem Schulhof waren Jungen und Mädchen in den Anfangsjahren der Grundschule St. Laurentius getrennt. In 111 Jahren Geschichte hat sich aber nicht nur der Umgang mit den Geschlechtern geändert. Die Schule feiert das Schnapszahljahr mit einem Wandertag.

Saarburg. Der charakteristische, etwas wuchtig anmutende rotbraune Bau weist darauf hin: Die Grundschule St. Laurentius gibt es schon länger. 111 Jahre, um genau zu sein. Die Grundschüler feiern den Schnapszahl-Geburtstag heute mit einer Sternwanderung (siehe Extra). Ein Blick in die Chronik zeigt die Entwicklung der Schule von einer Übungsschule zu einer modernen Ganztagseinrichtung.
Die Anfänge: Im Juli 1900 haben die damaligen Grundschüler das Gebäude bezogen - streng getrennt in Jungen- und Mädchenklassen: Die städtische Knabenschule war im nördlichen Flügel untergebracht. Auch auf dem Schulhof waren die Geschlechter getrennt. Im Vorfeld der Gründung 1900 gab es Streit um den Standort. Die Bürger waren gegen den Neubau im Distrikt Lischer. Sie wollten im Gegensatz zur Regierung das Gebäude lieber in der Nähe des Altstadttunnels ansiedeln. In der Schulchronik wird der damalige Dechant zitiert. Er lehnte den Standort außerhalb des Zentrums auch deshalb ab, weil der Weg zur Schule nur durch einen gemeinsamen Weg für Mädchen und Jungen erschlossen werden könne: "Es ist in sittlicher Hinsicht nicht gleichgültig, ob eine so große Zahl von Knaben und Mädchen, bei dem Hingehen zur Schule und dem Nachhausegehen sich des selben Weges bedienen müssen, umso weniger, als eine Controlle hier nicht möglich ist."
Die Schule kam trotzdem nach Lischer - als sogenannte Übungsschule des Lehrerinnenseminars. Erst 1925 wurde daraus die Volksschule St. Laurentius Saarburg - und die Trennung zwischen Jungen und Mädchen aufgehoben.
Die Kriegszeit und der Wiederaufbau: Während der Evakuierung 1939/40 blieb die Schule geschlossen, ebenso ab September 1944, weil die Front immer näher rückte. Im Winter 1944/45 wurde das Gebäude bei Luftangriffen stark beschädigt und erst Ende 1948 wieder komplett aufgebaut. Dennoch ging der Schulbetrieb am 1. Oktober 1945 wieder los: mit acht Klassen für zwei Lehrer, in einem Gebäude, in dem teilweise noch die Fenster und Türen fehlten. 1946 richteten die Franzosen zwei Klassen im Erdgeschoss ein. Sie blieben bis 1953. 1947 bis 1951 gab es tägliche Mahlzeiten für die Kinder.
Zusammenlegung und ein Brand: 1970 wurde die Grundschule in Niederleuken geschlossen, 1977 die Grundschule in Trassem. Die Schüler wechselten dann zur Grundschule St. Laurentius, deren Trägerschaft 1977 von der Stadt zur Verbandsgemeinde überging. Einen Einschnitt anderer Art gab es am Fastnachtssonntag 1979: Der Dachstuhl wurde von einem Feuer total zerstört. Der Wiederaufbau dauerte bis 1983. Seitdem hat das Gebäude keinen gotischen Ziergiebel mehr, der bis zum Feuer den mittleren Teil des Hauses schmückte.
Die Gegenwart: Heute ist die Schule eine moderne Grundschule mit Ganztagsangebot. Noch immer lernen dort Kinder aus Saarburg und Trassem lesen, schreiben und rechnen. Seit Beginn dieses Schuljahres hat die Schule auch einen bilingualen Zweig: Die Erstklässler können auch schon Englisch lernen. Damit ist die St.Laurentius eine von nur fünf bilingualen Grundschulen im Land, die die Kombination Deutsch-Englisch anbieten - und die einzige in der Region Trier.
Extra: Wandern zum Geburtstag


Von Ayl, Mannebach, Trassem, Irsch und Serrig aus wandern die Schüler Richtung Schule, wo sie anschließend gemeinsam feiern. Die insgesamt neun Strecken sind zwischen fünf und zwölf Kilometer lang und bilden von oben betrachtet eine Art Stern, dessen Mittelpunkt die Schule ist. Vom Förderverein und einer Trassemer Firma gibt es zu diesem Anlass spezielle T-Shirts, die die Kinder heute tragen. "Insgesamt sind das 111 Kilometer", sagt Claudia Kerber-Becker, die Schulleiterin. In diesem Jahr sind außerdem noch eine Projektwoche zum Thema Schule früher und heute sowie eine offizielle Feier im November geplant. jka
Extra: Kurioses


Nicht nur Schüler, auch andere Gruppen nutzten im Laufe der Jahre das Schulgebäude: Eine Zeit lang war in den ebenerdig zugänglichen Kellerräumen die freiwillige Feuerwehr untergebracht, bevor auf dem Platz der heutigen Turnhalle ein Gerätehaus gebaut wurde. Da das Schulhaus eine moderne Zentralheizung hatte, war in den 1930er Jahren im Keller auch eine öffentliche Badeanstalt mit Wannen und Duschen untergebracht. Im Gegensatz zum Bad daheim, wo auf viele der (Familien-)Waschzuber wartete, konnte man dort auch allein baden. "Mir erzählen heute noch Leute, dass sie sich daran erinnern", sagt Kerber-Becker. jka

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