16 Jahre Kampf für die Ortsumgehung Konz-Könen

Konz-Könen · Jeden Tag fahren 10 000 Autos und LKW durch Konz-Könen. Das wird Ende August Geschichte sein, ebenso wie die Bürgerinitiative.

 Noch hängen einige Transparente an der Durchgangsstraße in Konz-Könen. Die Bürgerinitiative will sie nun abhängen. Erwin Carl (rechts) hat in seinem Haus ein Umgehungsbüro eingerichtet. Dort füllen die Akten ganze Regale. TV-Fotos (2): Nathalie Hartl

Noch hängen einige Transparente an der Durchgangsstraße in Konz-Könen. Die Bürgerinitiative will sie nun abhängen. Erwin Carl (rechts) hat in seinem Haus ein Umgehungsbüro eingerichtet. Dort füllen die Akten ganze Regale. TV-Fotos (2): Nathalie Hartl

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Das Umgehungsbüro im Haus von Erwin Carl wird es vermutlich nicht mehr lange geben, denn am 23. August soll der Neubau der B 51, der an Konz-Könen vorbeiführt, eingeweiht werden. Jahrelang hat die Bürgerinitiative Ortsumgehung B 51/Konz-Könen für diesen Straßenabschnitt gekämpft und sich regelmäßig in Carls Büro getroffen. "Hier war auch schon das Fernsehen", sagt der der 78-Jährige. In den Regalen stehen Dutzende Ordner, in denen Carl Briefe, Korrespondenzen, Flugblätter und Zeitungsartikel gesammelt und chronologisch sortiert hat. Der älteste Ordner trägt die Aufschrift "1996/1997/1998" und erinnert an den Anfang der Bürgerinitiative.

Der Start Vor über 20 Jahren fanden sich 25 Bürger zusammen, die fortan für die Ortsumgehung kämpften. Gemeinsam überlegten sie sich einen Schlachtplan und stellten überall im Ort Schilder und Transparente auf. Noch heute kann man diese Zeichen des stillen Protests betrachten, wenn man auf der Durchfahrtsstraße unterwegs ist. Parolen wie "Naturschützer, auch wir Anwohner der B 51 gehören zum Artenschutz", wurden inzwischen aktualisiert. Unter dem meterlangen Banner ist nun zu lesen: "Politiker, für Ortsumgehung Könen danken wir".

Die Motivation Gegründet wurde die Initiative, um Konz-Könen lebenswerter zu machen. Denn viele fühlen sich durch die stark genutzte Durchgangsstraße gestört. Jeden Tag rollen laut Angaben des Landesbetriebs Mobilität (LBM) Rheinland-Pfalz über 10 000 Fahrzeuge durch den Ort, wobei zehn Prozent des Verkehrsaufkommens durch Lastwagen verursacht werden. "Mit der LKW-Maut ist das noch schlimmer geworden", sagt Carl. Lärm, Schmutz und Abgase mindern die Lebensqualität der Anwohner. Verweilt man in dem Umgehungsbüro, vergeht keine ruhige Minute. Der Verkehr rauscht konstant am Fenster vorbei. "Wir haben einmal ausgerechnet, dass alle 5,8 Sekunden ein Fahrzeug vorbeifährt." Auch der LBM bestätigt, dass die Verkehrszahlen erhebliche Belastungen für den Stadtteil Könen bedeuten, dessen Bebauung zum Teil sehr nah an der Straße liegt.
Der Bürgerinitiative ging es in ihrem Kampf auch um das Thema Sicherheit. "Ein Mann hat seinen Sohn verloren. Er wurde von einem durchfahrenden Lastwagen an die Wand gedrückt und war tot", sagt Carl. "Ein Mädchen, das in einem Haus an der Straße wohnte, wurde hier vor einem Lebensmittelgeschäft überfahren." Zudem sei ein holländischer Radfahrer verunglückt. Das Überqueren der Straße werde für Kinder und ältere Menschen immer mehr zum Abenteuer.

Der Kampf Von Anfang an sei die Beteiligung der Könener groß gewesen. "Die Gegner konnte man an einer Hand abzählen", berichtet Carl. Lediglich ein paar Geschäftsleute hätten gefürchtet, mit einer neuen Umgehungsstraße und weniger Durchgangsverkehr Kunden zu verlieren.
Der Zusage für den Bau der vier Kilometer langen Ausweichstrecke ging ein jahrelanger Kampf der Bürgerinitiative voraus. Zu den ersten Höhepunkten zählt eine Demonstration im Juni 1996, an der 200 Bürger teilnahmen. Der damalige Landrat, Richard Groß, hat den Bürgern angemerkt, dass es für viele Demonstranten eine Premiere war: "Das sah aus wie eine Vorübung zur Fronleichnamsprozession", soll er gesagt haben.
Die Bürgerinitiative versuchte immer, Entscheidungsträger auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Bilder von Treffen mit Landräten, Ministern und Abgeordneten sind im Fotoarchiv des Umgehungsbüros zu finden. "Viele hochrangige Politiker waren in Könen." Die Parteizugehörigkeit spielte für Carl keine Rolle. "Wir waren dankbar für jede Hilfe."
2002 initiierte die Bürgerinitiative einen symbolischen Spatenstich. Bis zum tatsächlichen Baubeginn sollten allerdings noch zehn Jahre vergehen. Die Könener Interessengruppe blieb eisern, schrieb Briefe, verschickte Faxe und mobilisierte die Bürgerschaft mit Flugblättern. Sie war zu Gast im Deutschen Bundestag und im Elternhaus des ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck. Im Bürgerbüro, das nur wenige Meter von der Durchgangsstraße trennen, wurden harte Gespräche geführt.


Der Endspurt Ernst wurde es 2010. Der Planfeststellungsbeschluss für die Umgehung war bereits ein Jahr zuvor bestandskräftig, als der damalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer den Ort im Oktober besuchte. "Es ist Geld da", hörte Carl den Minister sagen und traute seinen Ohren kaum. Doch eine endgültige Zusage ließ Ramsauer nicht verlauten. Die nächsten Monate zogen sich. Carl rief regelmäßig in Berlin an, ohne Konkretes zu erfahren. Zwei Tage vor Weihnachten kam ein Telefonanruf von Bernhard Kaster, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: "Sitzen Sie?" Carls Antwort: "Ja, in meinem Umgehungsbüro." Die Bürgerinitiative erhielt ein besonderes Weihnachtsgeschenk: Die Finanzierungszusage für die Umgehung.

16 Jahre Kampf für die Ortsumgehung Konz-Könen
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 Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (von links) und Bundestagsabgeordneter Bernhard Kaster sind im Oktober 2010 zu Besuch in Konz-Könen. Bürgermeister Karl-Heinz Frieden spricht mit ihnen über die Ortsumgehung. Foto: privat

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (von links) und Bundestagsabgeordneter Bernhard Kaster sind im Oktober 2010 zu Besuch in Konz-Könen. Bürgermeister Karl-Heinz Frieden spricht mit ihnen über die Ortsumgehung. Foto: privat

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Das Warten Seit der Zusage sind nun fast sieben Jahre vergangen. Der offizielle Spatenstich, bei dem Peter Ramsauer noch einmal in Könen war, war am 14. Februar 2012. Seitdem wurde - mit kurzer Unterbrechung, ausgelöst durch die Insolvenz der ursprünglich beauftragten Firma - an der neuen B 51 gearbeitet.
Erwin Carl freut sich über den Erfolg. "Ich bin gespannt, inwieweit das den Verkehr reduzieren wird." Es sei zumindest damit zu rechnen, dass der Durchgangsverkehr wegfällt. Das Umgehungsbüro wird Carl in den nächsten Wochen auflösen. Auch die verbliebenen Plakate werden demnächst eingesammelt. "Die unendliche Geschichte der Ortsumgehung" wird doch ein Ende finden.

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