Ukraine Vorerst genug Wohnungen, viele Helfer, einige Fragen – So läuft die Flüchtlingshilfe im Hochwald und Hunsrück

Hermeskeil/Morbach/Thalfang · Mehr als 180 Ukrainer haben bislang Zuflucht im Hunsrück gefunden. Laut den Verwaltungen in Morbach, Hermeskeil und Thalfang gibt es vorerst ausreichend Wohnangebote, auch die Betreuung der Betroffenen funktioniere gut. Neben der Vermittlung von Unterkünften bestehen allerdings noch viele weitere Fragen.

 Ukrainerinnen und Ukrainer suchen in Deutschland Zuflucht vor dem Krieg in ihrer Heimat - wie diese Familie am Münchner Hauptbahnhof. In den Verbandsgemeinden Hermeskeil und Thalfang und in Morbach sind inzwischen rund 180 Flüchtlinge untergebracht, die sich bei den Behörden offiziell gemeldet haben.

Ukrainerinnen und Ukrainer suchen in Deutschland Zuflucht vor dem Krieg in ihrer Heimat - wie diese Familie am Münchner Hauptbahnhof. In den Verbandsgemeinden Hermeskeil und Thalfang und in Morbach sind inzwischen rund 180 Flüchtlinge untergebracht, die sich bei den Behörden offiziell gemeldet haben.

Foto: dpa/Matthias Balk

Auf der Zugfahrt von Berlin zurück in den Hochwald hat die Hermeskeiler Stadtbürgermeisterin Lena Weber vor kurzem zwei junge Frauen getroffen, die vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen sind. „Sie haben ziemlich verloren gewirkt. Als ob sie nicht wüssten, wohin genau sie sich jetzt wenden sollen“, schildert die Stadtchefin. Weil sie die beiden 27-Jährigen „nicht einfach sich selbst überlassen“ wollte, habe sie Kontakt zur Leitung der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in Hermeskeil aufgenommen, wo die Frauen dann auch vorerst untergekommen seien. Ein Beispiel, das zeigt: Es kommen immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine auch in unserer Region an, die vor Ort Unterstützung benötigen.

Was die Unterbringung der Menschen betrifft, scheint es bislang in den Kommunen im Hochwald und Hunsrück noch genug Kapazitäten zu geben. In der Verbandsgemeinde Hermeskeil sind laut Verwaltung inzwischen 35 ukrainische Flüchtlinge gemeldet. Sie sind in Wohnungen und privaten Zimmern in Hermeskeil, Damflos und Geisfeld untergebracht. Darüber hinaus seien weitere Menschen privat untergekommen, deren Zahl man nicht kenne. Der Verwaltung sind bislang etwa 40 verfügbare Wohnungen gemeldet worden, von denen erst zwei belegt sind, heißt es aus dem Rathaus. Zurzeit sehe man daher keinen Bedarf, größere Unterkünfte wie Hotels oder Hallen anzumieten. Flüchtlinge aus den Afas, die über die Kreisverwaltungen weiter auf die Kommunen verteilt werden, seien der VG bisher noch nicht zugewiesen worden.

Aus dem Thalfanger Rathaus heißt es, dass in der VG mittlerweile etwa 15 Familien mit 55 Personen aufgenommen wurden. Auch dort geht Bürgermeisterin Vera Höfner davon aus, dass sich noch weitere melden werden, die über Angehörige oder Bekannte eine Unterkunft gefunden haben. Von 15 angemieteten Wohnungen und Zimmern in mehreren Ortsgemeinden sind laut VG-Chefin derzeit noch sieben frei.

Welche Unterkünfte sind geeignet?

Die zur Verfügung gestellten Unterkünfte würden vor der Anmietung von VG-Mitarbeitern besichtigt. Erst dann werde entschieden, ob es sich um geeigneten Wohnraum handele, der möglichst dauerhaft nutzbar, möbliert und eine abgeschlossene Wohneinheit sein sollte: „Wir bitten die Vermieter auch darum, die Flüchtlinge zu betreuen und zu unterstützen“, sagt Höfner. In der Regel begleiteten private Helfer die Betroffenen ins Rathaus, um dort die wichtigsten Dinge zu regeln. Die Verwaltung stehe ihnen beratend zur Seite. „Außerdem engagieren sich Mitglieder von Vereinen, Organisationen, Kirchen und privaten Initiativen als Kümmerer, zum Beispiel die Flüchtlingshilfe Thalfang“, berichtet die Bürgermeisterin. „Die Hilfsbereitschaft ist wirklich beeindruckend“, lobt Höfner. Sie erhalte viele positive Rückmeldungen dazu, wie die Unterstützung für die Geflüchteten bislang funktioniere. Die VG arbeite dabei gut und intensiv mit der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich zusammen.

Ähnliches berichtet der Morbacher Bürgermeister Andreas Hackethal. In der Einheitsgemeinde haben bislang etwa 92 Ukrainerinnen und Ukrainer Zufucht gefunden, 64 von ihnen sind laut Verwaltung bereits melderechtlich erfasst. Die Betroffenen befänden sich in 25 Privatunterkünften, es gebe aber weitere Wohnungsangebote. Deshalb bestehe auch in Morbach derzeit keine Not, größere Unterkünfte anzumieten, sagt Hackethal. Er lobt ebenfalls die große Hilfsbereitschaft und Solidarität mit den Kriegsflüchtlingen: „Das begeistert mich und stellt eine enorme Unterstützung für die Menschen dar.“

Wichtig ist, dass sich die auf private Initiative aufgenommenen Flüchtlinge bei den Sozialämtern der Kommunen melden. Denn ukrainische Staatsbürger können sich zwar visumfrei 90 Tage lang ohne Registrierung in Deutschland aufhalten. Doch wer länger bleiben will, hat Anspruch auf staatliche Hilfsleistungen unter anderem für die medizinische Versorgung (siehe Hintergrund).

Welche Fragen geklärt werden müssen

Die Hermeskeiler Stadtbürgermeisterin weiß aus eigener Erfahrung, dass die Betroffenen neben der Unterbringung derzeit viele weitere Fragen beschäftigen. In ihrem nach außen gut sichtbaren Rathaus-Büro wird Lena Weber ab und zu angesprochen, auch von ratsuchenden Ukrainern. „Am Dienstag hatten wir das Corona-Impfmobil in Hermeskeil. Da kam die Frage, ob sich auch Geflüchtete dort einfach so impfen lassen könnten“, nennt Weber ein Beispiel. Sie habe dann bei der Verwaltung geklärt, dass dies kurzfristig möglich war. Andere akute Fragen seien: „Wie kann ich als Flüchtling arbeiten? Dürfen die Kinder in die Kita? Was ist, wenn Angehörige anderswo in Deutschland untergebracht sind?“ Ihr fehle bislang eine Art „Leitfaden“ für die wichtigsten Anliegen, sagt Weber: „Es könnte alles noch etwas geordneter ablaufen.“ Auch wegen Corona fehle es an manchen Stellen am Personal, um Fragen schnell zu klären.

Aus Sicht der Verwaltung läuft die Betreuung bisher auch bei den privat untergebrachten Flüchtlingen ohne „negative Erfahrungen“. Häufig gefragt werde nach Schul- oder Kita-Besuch von Kindern, der Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung und Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme: „Die meisten dieser Fragen können wir beantworten.“ 

Der Morbacher Bürgermeister Hackethal mahnt angesichts steigender Flüchtlingszahlen und Herausforderungen schon jetzt, die Kommunen finanziell zu entlasten, damit sie diese „Herkulesaufgabe“ stemmen könnten.

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