1968 ratterte der letzte Schienenbus

RALINGEN/LANGSUR/IRREL. Bis in die späten 60er-Jahre gab es eine westliche Bahnverbindung von Trier nach Bitburg: Die Nebenstrecke entlang von Sauer und Nims. Sie wurde während des Ersten Weltkriegs fertiggestellt und ist 90 Jahre später schon Objekt für "Eisenbahnarchäologen". Die Trasse ist heute weitgehend zugewachsen und kaum noch erkennbar.

Geschichtlich interessierte Eisenbahnfreunde müssen heute fast wie Altertumsforscher vorgehen. Dies liegt insbesondere an der totalen Gleichgültigkeit der Bahngewaltigen. Interesse an der Vergangenheit scheint unerwünscht, nach dem Motto: "Wir bauen ICE-Strecken, aber verschont unser Unternehmen mit Erinnerungen an ehemalige Bimmelbahnen". Dem will die Gruppe "Bahnen in der Westeifel" im geschichtlichen Arbeitskreis bei der Verbandsgemeinde Bitburger Land entgegenwirken. Die rund zehn ehrenamtlichen Mitarbeiter - das Spektrum reicht vom ehemaligen Stellwerker bis zum Rechtsanwalt - erforschen Entstehung, Wachsen und Niedergang einer der westlichsten deutschen Eisenbahnlinien.Auch ein Buch ist geplant

Ralf Kremer vom Bitburger Arbeitskreis will wie seine Mitstreiter die Erinnerung an die Nebenbahn aufrecht erhalten. Die Gruppe sammelt seit einigen Jahren alles erdenkliche Material, um wie aus einem Puzzle-Spiel das Leben auf und entlang der verschwundenen Linie zu dokumentieren: Fotos, Bahnhofsschilder, alte Kursbücher, Karten, Modelle. Es gab schon Ausstellungen sowie Dia-Vorträge in Bitburg und Langsur. In 2005 wird eine Ausstellung in den Räumen der Sparkassenfiliale in Irrel folgen. Langfristig ist die Herausgabe eines Buches geplant. Kremer: "Wir wollen uns dabei aber nicht unter Druck setzen. Das Buch wird vermutlich erst in zwei Jahren erscheinen." Für Eisenbahnfans dürfte der Band sehr interessant werden. Lückenlos hat die Gruppe schon heute die Geschichte der Strecke aufgezeichnet. Hier nur einige Eckdaten: Die Planung der strategischen Bahn im Grenzland zum "Erzfeind" Frankreich lief seit Ende des 19. Jahrhunderts unter der Federführung des Kaiserlichen Kriegsministeriums. Doch erst während des Ersten Weltkrieges - am 15. Oktober 1915 - wurde die Strecke durchgehend von Igel bis Bitburg fertiggestellt. Mit der Topographie hatten es die Eisenbahnbauer nicht leicht. Um nur einige der Probleme zu nennen: Zwischen Erdorf und Bitburg war eine große Steigung zu überwinden und vor Irrel musste die Strecke durch einen 400 Meter langen Tunnel geführt werden. Hinzu kamen Viadukte bei der Irreler Mühle und bei Menningen. Ab Minden ging es an der Sauer und an der deutsch-luxemburgischen Grenze entlang. Parallel zur deutschen Strecke betrieb Luxemburg auf der anderen Seite der Sauer bis in die 60er Jahre eine eigene Bahnlinie.Typische Geschichte einer Nebenstrecke

Im gewundenen Sauertal wurde es richtig eng: Zwischen Godendorf und Ralingen musste deshalb ein weiterer Tunnel angelegt werden - er ist heute Bestandteil des Sauerradweges. Um die Sauerschleife bei Langsur abzukürzen, entstand bei Mesenich der mit 827 Metern längste Tunnel der Strecke. Die Geschichte der kleinen Bahnlinie ist typisch für viele Nebenstrecken in der Eifel: Im Kaiserreich geplant und gebaut, steigender Nutzungsgrad in den 20er Jahren, schwerster Einsatz beim Westwallbau des NS-Regimes, schwere Kriegszerstörungen. Nach dem schrittweisen Wiederaufbau folgte in der 50er Jahren nochmals ein Boom, der in den 60er Jahren dann um so jäher endete. Grund: Das Privatauto hatte im Personennahverkehr das Regiment übernommen. Die Nutzung und damit die Rentabilität sank - die Welle der Stilllegungen begann. Auch die Strecke Igel-Bitburg erwischte es etappenweise: 1968 ratterte der letzte "durchgehende" Schienenbus von Igel nach Bitburg. Dann wurde der Abschnitt entlang der Sauer von Igel bis Irrel gekappt. Zuletzt ging 1995 der Abschnitt Bitburg-Wolsfeld in den endgültigen "Ruhestand". Regelmäßige Züge waren aber auch dort schon lange nicht mehr gefahren. Man hatte die Strecke nur wegen des Militärtanklagers bei Wolsfeld vorgehalten. Ralf Kremer, Telefon 0651/8242170, und seine Kollegen rufen alle TV -Leser zur Mithilfe auf. Wer hat weitere Informationen und Dokumente über die Sauerstrecke? E-Mail: NimsSauertalbahn@web.de.

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