Abenteurer fasziniert mit vielen Anekdoten
Hermeskeil · Rüdiger Nehberg versteht es, sein Publikum zu verblüffen. Beim Hermeskeiler Kulturherbst entführte er die Zuhörer mit seinem "Querschnitt durch ein aufregendes Leben" in eine spannende, aber auch erschreckende Welt.
Hermeskeil. Auf den ersten Blick wirkt er flapsig, unstet - ein typischer Abenteurer. Doch tatsächlich ist der seit Jahrzehnten weltbekannte Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg weit mehr. Schaute er sich anfangs nur so zum Spaß in aller Welt um, ist er mittlerweile seit Jahren als Menschenrechtler unterwegs.
Wer vor Nehbergs Vortrag im Rahmen des Hermeskeiler Kulturherbstes davon nichts wusste, war überrascht von seinem "Querschnitt durch ein aufregendes Leben". Denn der 77-Jährige setzte sich nicht nur erfolgreich für die Yanomami-Indianer in Südamerika ein, sondern auch für ein Ende der Verstümmelung weiblicher Genitalien. Die in Afrika weitverbreitete Praxis haben inzwischen auch führende islamische Rechtsgelehrte verurteilt.
Immer wieder seekrank
In der Hochwaldhalle begeistere aber auch der unterhaltsame Nehberg. Humorvoll reflektierte er sechs Jahrzehnte Abenteuer - gespickt mit Anekdoten. Eine davon krönte der Brief eines Jungen, der ihm schrieb: "Am schönsten fand ich, wie du der Schlange den Frosch geklaut hast." Selbst Peinliches wie das Fischfüttern als Dauer-Seekranker sparte er nicht aus. Seine Expeditionen waren mitunter sehr gefährlich, wie ihm der Tod des 1975 von Räubern erschossenen Kameramanns Michael Teichmann vor Augen hält.
Die rund 100 Zuhörer waren beeindruckt. Alexandra Gehlen (42) wollte sich das Kulturherbst-Angebot (siehe Extra) nicht entgehen lassen. "Wenn so etwas geboten wird, sollte man das als Hermeskeilerin auch wahrnehmen."
Nicole (44) und Frank Oster (47) aus Nonnweiler waren schon in den 1980er Jahren von Nehberg fasziniert. Als junge Leute bekamen sie das allerdings nur am Rande mit. Daher wollten sie nun hören, was ein Mann "mit einem derart weiten Horizont" so alles erlebt hat. Aktuell dazu bewogen habe sie der Survival-Deutschland-Lauf von Joey Kelly, dessen Buch sie gelesen hätten. Anschließend wollten sie auch eines von Nehberg lesen.
Seit 1951 bereist Rüdiger Nehberg die Welt - anfangs per Rad, später zu Fuß oder per Boot wie ab 1971 dreimal zum Blauen Nil. Ab 1980 setzte er sich für die Yanomami-Indianer Südamerikas ein.
Mit seiner Ehefrau Annette gründete der frühere Konditor 2000 die Menschenrechtsorganisation Target ( www.target-nehberg.de). Sie setzt sich für ein Ende der oft tödlichen Beschneidungen weiblicher Genitalien ein und organisierte 2006 eine Konferenz führender islamischer Rechtsgelehrter, die das einstimmig verurteilten. Für Furore sorgten Nehbergs 1000-Kilometer-Fußmarsch (ohne Nahrung im Gepäck) quer durch Deutschland (1981), sein Kampfschwimmertraining und Aktionen für Amerikas Ureinwohner. 1987 überquerte er mit einem Tretboot, 2000 mit einem Floß aus einer dicken Tanne den Atlantik.
2008 erhielt er das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. Das afrikanische Volk der Afar verlieh dem Ehepaar Nehberg 2006 die Ehrenbürgerschaft. ursExtra
Kulturherbst-Termine: Dienstag und Mittwoch, 25. und 26. September, je 19.30 Uhr: Coco-Superstar, Musical AG Gymnasium (Bibliothek). Donnerstag, 27. September, 19 Uhr: Weibsbilder (Hochwaldhalle). Freitag, 28. September, 20 Uhr: Freeman Hertz Irsch, Rock/Pop unplugged (Mehrgenerationenhaus). Samstag, 29. September, 16 Uhr: Vernissage Keramikausstellung Martina Tilch (Hochwaldmuseum). Sonntag, 30. September, 16 Uhr, Der gestiefelte Kater (Hochwaldhalle). urs