Asyl Abschiebung durchkreuzt Hochzeitspläne von Mitarbeiter in Konz

Konz · Ahmed Ansari war eine wichtige Arbeitskraft bei Reifen Kiefer in Konz mit unbefristetem Arbeitsvertrag und guten Deutschkenntnissen. Demnächst wollte er eine Polin heiraten. Doch vergangene Woche, am Dienstag, 14. Mai, ist er abgeschoben worden.

  Da hat er noch bei Reifen Kiefer gearbeitet. Ahmed Ansari wurde nach Pakistan zurückgeschickt.

Da hat er noch bei Reifen Kiefer gearbeitet. Ahmed Ansari wurde nach Pakistan zurückgeschickt.

Foto: Benedikt Laubert

Die Abschiebung von Ahmed Ansari vergangene Woche Dienstag ging schnell über die Bühne. Sein Chef, Michael Kiefer, Geschäftsführer von Reifen Kiefer, sagt: „Vier Polizisten und eine Frau von der Kreisverwaltung sind zu dem Flüchtlingswohnheim, in dem er immer noch gelebt hat, gekommen und haben ihn aufgefordert, seine Sachen zu packen.“ Er sei nach Frankfurt zum Flughafen gebracht worden. Am Folgetag habe er sich schon aus der pakistanischen Hauptstadt Islamabad gemeldet.

Arbeitgeber in Nöten Die Abschiebung kam für Ansari und seinen Chef überraschend. Der Pakistani war zwar ausreisepflichtig, da sein Asylantrag abgelehnt worden war. Doch Kiefer meint: „Er hat Anfang Mai das Aufgebot für seine Hochzeit bestellt. Wir sind davon ausgegangen, dass das die Sache verzögert.“ Ansari wolle eine Polin heiraten. Die beiden hätten sich im Betrieb kennengelernt. Als Ehemann einer EU-Bürgerin hätte Ansari in Deutschland bleiben können. Nun sei die Frau wie vor den Kopf geschlagen.

Doch die Sache mit dem Aufgebot war ein Irrglaube. Das gibt es heute nicht mehr. An die Stelle tritt die verbindliche Anmeldung zur Eheschließung. Und die war Ansari noch nicht möglich, weil Papiere fehlten. Nun sagt Kiefer: „Die Abschiebung hat mich stinksauer gemacht und deprimiert. Mir fehlt das behördliche Augenmaß. Am Ende geht es um einen Menschen.“ Er kenne Ansari seit zwei Jahren, sei mit ihm beim Rechtsanwalt und den Behörden gewesen. Kiefer: „Wir sind froh, dass wir ihn und die anderen haben.“

Der Unternehmer spricht davon, dass ihn die Vollbeschäftigung in regelrechte „Nöte“ gestürzt habe. „Wir müssen auf jede verfügbare Arbeitskraft zurückgreifen“, sagt er. In Stoßzeiten habe er bis zu 17 Arbeitskräfte mit Asylstatus beschäftigt gehabt. Das habe gut funktioniert. Ahmed Ansari gehört bei Reifen Kiefer zu den besten Mitarbeitern. Der 25-Jährige hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag, Kiefer führt ihn derzeit als beurlaubt. Der Reifenhändler sagt: „Er hat sich in zwei Jahren hochgearbeitet zum stellvertretenden Schichtdienstleiter. Im Herbst wird er hinten und vorne fehlen. So schnell kann ich niemanden anlernen.“

Hinzu komme, dass Ansari mit seinem Lohn nicht nur sein Leben, sondern das seiner gesamte Herkunftsfamilie in Pakistan finanziert habe, also die berufsunfähigen Eltern und fünf Geschwister. „Ich werde alles tun, um Ansari nach Deutschland zurückzuholen“, sagt Kiefer.

Rechtsanwalt überrascht Das wird laut Anwalt Reinhard Thönes noch dauern. Denn nach einer Abschiebung gibt es eine Wiedereinreisesperre. Thönes: „Die Länge ist nicht genau definiert. Sie beträgt jedoch meist zwei bis drei Jahre. Sie kann nachträglich befristet werden. Das wollen wir beantragen.“ Die Befristung liege im Ermessen der Ausländerbehörde. Thönes sieht zwei Möglichkeiten, Ansaris Wiedereinreise zu ermöglichen. Erstens: Der Pakistani beantragt, eine Arbeitserlaubnis für Deutschland in Islamabad. Zweitens: Falls dies nicht funktioniert, ist die Heirat von Ansari und seiner Freundin in Pakistan die Alternative. Auch dann müsste die Einreisesperre befristet werden. Thönes rechnet damit, dass es mindestens ein Jahr bis zur Wiedereinreise dauert.

Für den Juristen kam die Abschiebung überraschend schnell. Noch am Tag vor seiner Abschiebung war Ansari bei ihm wegen der fehlenden Papiere für die Hochzeit. Thönes: „Ich wollte danach umgehend mit der Kreisverwaltung darüber sprechen, wie es mit Herrn Ansari weitergeht.“ Doch dazu kam er nicht mehr. Thönes stellt fest: „Auch ohne neue Gesetze hätte es rechtliche Möglichkeiten gegeben, mit Hilfe derer Herr Ansari hätte bleiben können.“ Ansari spreche gut Deutsch und sei gut integriert. Eine Ausbildungsduldung sei möglich gewesen.

Sie war beantragt. Hätte Ansari anschließend weiter gearbeitet, hätte man ihm irgendwann eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erteilen können. Thönes: „Solche Leute haben sich den Aufenthalt dann selbst erarbeitet.“ Generell ist der Rechtsanwalt der Meinung, dass Eingewanderte, die Arbeit finden und sich integrieren, die Möglichkeit erhalten sollten, dazubleiben. „Wir brauchen Leute für die Arbeit, auf die Deutsche und EU-Staatsangehörige, die ansonsten an erster Stelle die Arbeit aufnehmen dürften, keine Lust haben“, sagt er.

Kreisverwaltung sieht Pflichtverletzung Laut Thomas Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung, hatte die Ausländerbehörde von Ansaris Heiratsplänen gehört. Das Standesamt Konz habe mitgeteilt, dass Ansari sich über die Voraussetzungen zur Eheschließung informiert habe. Müller stellt fest, dass weder der 25-Jährige noch sein Rechtsanwalt das Thema gegenüber der Behörde angesprochen hätten.

Zum Antrag auf Ausbildungsduldung stellt Müller fest, dass lediglich der endgültige Beschluss auf Ablehnung wegen fehlender Rückmeldung der damaligen Rechtsanwältin von Ansari noch gefehlt habe. Ihr sei jedoch mitgeteilt worden, dass ihr Klient auf diese Duldung keinen Anspruch habe. Der Grund laut Müller: Zum Antragszeitpunkt hatte die Behörde einen speziellen Passersatz für die Abschiebung beantragt. Dies sei laut Rechtsprechung eine „konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung“.

Der Pakistani sei bei einem Gespräch im August 2018 darüber informiert worden, dass er verpflichtet sei, Identitätspapiere zu beschaffen und vorzulegen. Er sei damals auch über die Möglichkeit der freiwilligen, geförderten Rückkehr nach Pakistan, informiert worden, habe diese aber abgelehnt.

Klar ist: Erst mit Pass kann eine Abschiebung erfolgen. Ansari hat den Ende November 2018 ausgestellten Pass, den er selbst beantragt hatte, „pflichtwidrig“ nicht vorgelegt, wie Müller weiter erklärt. Das fiel auf, weil die Bundespolizei den Pass im Februar sichergestellt hat, als sie den 25-Jährigen und seine Freundin bei dem Versuch, nach Polen zu reisen, kontrollierte.

Der Grenzübertritt wäre laut Müller illegal gewesen. Und da im Pass ein anderer Name, nämlich Tamoor Ahmed, stand, folgert Müller: „Der im Asylverfahren geführte Name ,Ansari’ stimmt somit auch nicht.“ Zu diesem Punkt erklärt Rechtsanwalt Thönes: „Das war kein Täuschungsversuch.

Es ist üblich, dass in Pakistan verschiedene Namen in verschiedenen Dokumenten verwendet werden. Dort gibt es keine Familiennamen, nur Vornamen, von denen verschiedene aneinandergereiht werden. Das Geburtsdatum stimmt überein.“

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