Ärger um alte Rechnungen

KELL AM SEE. Erst gab Walter Rausch seinen Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur als Ortsbürgermeister bekannt, dann sorgten alte Jahresrechnungen für reichlich Diskussionsstoff: Die jüngste Gemeinderatssitzung in Kell am See endete mit der Ablehnung der CDU-Fraktion, den SPD-Ortschef für die Buchführung in den Jahren 2000 und 2002 zu entlasten.

"Dieses Kasperle-Theater muss endlich über die Bühne gehen" - mit diesen markigen Worten attackierte Dittmar Lauer, Sprecher der CDU-Fraktion im Gemeinderat Kell, Ortsbürgermeister Walter Rausch (SPD), als es im wahrsten Sinne des Wortes um die Begleichung alter Rechnungen ging. Rausch hatte gleich zu Beginn der viereinhalbstündigen, bereits ganz im Zeichen der bevorstehenden Kommunalwahl stehenden Marathonsitzung, seinen Entschluss bekannt gegeben, nicht mehr für eine vierte Legislaturperiode kandidieren zu wollen. Das nahm der Debatte zwar viel Wind aus den Segeln. Der Amtsinhaber musste sich auf Antrag der CDU-Fraktion gleichwohl mit unangenehmen Fragen auseinander setzen und sich von Lauer mit Blick auf die Gemeindeordnung die "Missachtung der Rechte des Rates" vorwerfen lassen. Dabei stand zunächst eine längere Diskussion im Mittelpunkt, warum der Rat erst jetzt über die Ergebnisse des Prüfberichts der Kreisverwaltung für die Haushaltsjahre 1994 bis 1998 in Kell unterrichtet wurde. CDU und SPD schoben dabei den "schwarzen Peter" gegenseitig dem Ortsbürgermeister beziehungsweise der Verwaltung zu. Während die CDU die Ausführungen Rauschs zu diesem Bericht später akzeptierend zur Kenntnis nahm, legte sie bei den ausstehenden Jahresrechnungen für 2000, 2001 und 2002 eine lange Liste mit Beanstandungen vor.Lange Liste mit Beanstandungen

Britta Backes (CDU), die Vorsitzende des Keller Rechnungsprüfungsausschusses, monierte unter anderem, dass von 45 Hinweisschildern, die die Gemeinde im Jahr 2000 gekauft hatte, einige nicht weiter berechnet wurden. "Das ist in der Tat eine fatale Geschichte", räumte Rausch ein, denn zwei Schilder seien nicht mehr auffindbar. Den geschätzten Schaden von 300 Euro wolle er aus eigener Tasche zahlen, sagte Rausch. Ebenfalls beanstandet wurde, dass 4000 Euro für den Bau einer neuen Heizungsanlage im Bauhof doppelt bezahlt worden waren. Als das Geld dann zurück gefordert wurde, sei die bauausführende Firma bereits insolvent gewesen. Die Eigenschadenversicherung habe zwar 90 Prozent übernommen, zehn Prozent des Schadens bleibe aber an der Gemeinde hängen, so Backes. Bei der Begleichung dieses Restbetrags sei jedoch die Verbandsgemeinde eingesprungen, weil die Regressforderung nicht umsetzbar war, informierte VG-Chef Werner Angsten. Aus Sicht der CDU war neben einigen weiteren Kritikpunkten vor allem die Ausbezahlung von 5000 Euro für Umplanungskosten im Bereich der Linksabbiegespur zum Gewerbegebiet an ein Ingenieurbüro nicht nachvollziehbar, da ein Ratsbeschluss dem widersprochen habe. Edgar Thielen, Sprecher der SPD-Fraktion, sah Rausch bei diesem Punkt zu Unrecht in der Kritik. "Wo war der Sperrvermerk auf der Akte, als die Verwaltung dem Ortsbürgermeister diese Rechnung zum Gegenzeichnen vorlegte?", fragte Thielen, der einen "klaren Fehler der Verwaltung" sah. Obschon sie Rausch in diesem Punkt keine Alleinschuld beimessen wollte, lehnte die CDU eine Entlastung für die Jahre 2000 und 2002 ab. "Alles in allem ist durch die Unregelmäßigkeiten eine erkleckliche Summe zusammengekommen. Mit unserem Gemeindegeld muss man pfleglicher umgehen", begründete Dittmar Lauer die Haltung der Christdemokraten. Die Kommunalaufsicht muss sich jetzt mit den Beanstandungen befassen. "Es ist vieles unbefriedigend gelaufen", sagte Rausch am Ende einer der letzten Sitzungen, die er in seiner 15-jährigen Amtszeit geleitet hatte.

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