Ärger um Arbeiten im Steinbruch: Sprengungen lassen Dörfer erzittern

Palzem · In Kreuzweiler und Dilmar (Gemeinde Palzem) wackeln die Wände. Grund sind Sprengungen in einem nahen Steinbruch. Bisherige Messungen besagen, dass alle Erschütterungen innerhalb der zulässigen Grenzwerte liegen. Doch Bürger halten die Messungen nicht für repräsentativ.

Palzem. Irene Altenhofen geht um ihr ockergelbes Haus im Palzemer Ortsteil Dilmar. Direkt neben der Haustür ist ein dünner, aber langer Riss im Putz. Ihr Ehemann hat etwas Spachtelmasse über den Spalt gestrichen. Doch auch die ist wieder aufgeplatzt. Risse wie dieser finden sich überall an den Wänden des zweistöckigen Gebäudes. "Dabei ist das Haus erst zehn Jahre alt", sagt die 46-Jährige.
Grenzwerte werden eingehalten


Irene Altenhofen teilt die Sorge vieler Bewohner der Palzemer Ortsteile Kreuzweiler und Dilmar. Nur knapp einen Kilometer sind die Dörfer von einem Steinbruch entfernt. Ein bis zwei Mal in der Woche wird dort Dolomitstein für den Straßenbau und die Stahlindustrie aus dem Hang gesprengt. Die Erschütterungen dieser Sprengungen pflanzen sich durch den Boden fort bis in die Ortslagen von Kreuzweiler und Dilmar. "Die Leute haben Angst um ihre Häuser", sagt der Palzemer Ortsbürgermeister Florian Wagner.
Auch Markus Strupp, Mitglied im Palzemer Ortsgemeinderat und Anwohner in Kreuzweiler, spürt in seinem Haus deutlich die Erschütterungen. "Alle Häuser hier in der Gegend haben Risse", erklärt Strupp. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Zusammenhang von Sprengungen und Rissen nicht nachweisbar sei. Dennoch: "Die Erschütterungen sind bestimmt nicht förderlich für den Zustand der Gebäude."
Der Betreiber des Steinbruchs, die Firma Hippert aus dem saarländischen Perl, sieht das anders. "Die Leute brauchen keine Angst zu haben", sagt Geschäftsführer Armin Hippert. Er glaubt, dass die Erschütterungen innerhalb der Häuser sehr subjektiv wahrgenommen würden, und beruft sich auf die geltende Industrienorm. Die benennt klare Grenzwerte für Bodenschwingungen, die in einem Haus ankommen dürfen. "Wenn diese Grenzwerte eingehalten werden, wird kein Haus beschädigt", sagt Hippert. Seine Firma melde jede Sprengung an und halte die Industrienorm ein.
Unterstützt wird seine Aussage von Messergebnissen der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord. Die hat auf Drängen der Anwohner im Februar dieses Jahres die Erschütterungen in Kreuzweiler gemessen. In der alten Kirche am Dorfrand und auch in Markus Strupps Haus wurden Messgeräte aufgestellt. Dann wurde im Steinbruch gesprengt. Das Resultat: Die Erschütterungen, die in den Häusern ankamen, lagen weit unter den zulässigen Grenzwerten. "Insofern gibt es derzeit keine Veranlassung, tätig zu werden", erklärt Sandra Hansen-Spurzem von der SGD Nord. In dem Messbericht, der dem TV vorliegt, steht jedoch auch, dass "zum Zeitpunkt der Messung nach Aussage von Familie Strupp keine Schwingungen wahrzunehmen waren". Was ist damit gemeint?
"Je nachdem, an welchen Stellen im Steinbruch gesprengt wird, kommen unterschiedlich starke Schwingungen im Dorf an", erklärt Markus Strupp. "Auch derzeit wird im wöchentlichen Turnus gesprengt - aber es ist in Kreuzweiler nichts davon zu spüren." In der Vergangenheit habe es jedoch weit stärkere Erschütterungen gegeben. Strupp: "Nach Aussagen von Anwohnern sind sogar Gläser umgefallen." Die SGD Nord habe bislang nicht gemessen, wenn die Erschütterungen deutlich spürbar waren, behauptet Strupp.
Die Menschen aus Kreuzweiler und Dilmar verlangen nun neue Messungen, im Idealfall von einem unabhängigen privaten Gutachter.
Strupp möchte durchaus, dass der Steinbruch bleibt. "Es liegt nicht in unserem Interesse, Betriebe zu stören oder stillzulegen", erklärt er. "Aber wenn Interessen von Mitbürgern gestört werden, muss das angemessen berücksichtigt werden."
An der momentan herrschenden Ruhe sehe man, dass es möglich sei, zu arbeiten, ohne dass die Anwohner beeinträchtigt würden. Demnächst will die Firma Hippert einen neuen Abschnitt in ihrem Steinbruch erschließen. Dann soll sich der Abbau von Kreuzweiler und Dilmar wegverlagern - in Richtung des Kernorts Palzem.Meinung

Verständliche Sorgen
Die Menschen fürchten sich, wenn der Boden bebt. Wenn sie auch nicht um Leib und Leben bangen, dann immerhin um ihr Eigenheim, das für viele die größte Investition ihres Lebens ist. Ihre Sorgen sind also verständlich. Die Anwohner von Kreuzweiler und Dilmar sind mit den Messergebnissen der SGD Nord unzufrieden. Klar, sie sind nicht in ihrem Sinne ausgefallen. Ihre Kritik lautet aber: So, wie gemessen wurde, ergibt sich kein realistisches Bild. Die Messapparaturen seien aufgestellt worden, als an unkritischen Stellen im Steinbruch gesprengt wurde. Ob das wirklich so ist, können nur Fachleute einschätzen. Um das Vertrauen in den Dörfern wieder herzustellen, sollte die SGD Nord daher die Messungen wiederholen - und versuchen, die Bedenken der Anlieger zu berücksichtigen. Werden die Grenzwerte auch dann nicht überschritten, können sich die Menschen sicher sein, dass ihren Häusern nichts geschieht. t.senzig@volksfreund.de

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